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Kleine Kulturgeschichte des Mittelalters

Kleine Kulturgeschichte des Mittelalters

Titel: Kleine Kulturgeschichte des Mittelalters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Brunner
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Abenteuer Lancelots, des Geliebten Ginovers, der Frau des Königs Artus, dreht. Dieses Kompendium entstand in Frankreich im ersten Drittel des 13. Jahrhunderts und wurde bald danach schrittweise ins Deutsche übersetzt. Abgesehen von der Gralshandlung ist das Grundmotiv der Lancelot-Geschichte hochinteressant: Es geht um die Liebe des Helden zu seiner Königin, die schließlich auch ihre körperliche Erfüllung findet. Chréstien hat seinen Lancelot-Roman von dieser «unmöglichen» Liebe nicht selbst fertiggeschrieben.
    Schon im Kontext der Fresken (S. 71) wurde ein Thema erwähnt, das Hartmann von Aue († 1210/20) verwendet hat: Iwein. Dieses Werk folgt, wie viele der Ritterromane, einem doppelten «Cursus», also Kreislauf: Im ersten Teil erringt der Held eine Frau, Königin Laudine. Dann aber macht er sich ihr gegenüber schuldig und wird vorübergehend verrückt. Im zweiten Teil folgt die Bewährung in vielen edlen Abenteuern bis zur Wiedervereinigung des Paares.Die heimliche Heldin dieser Dichtung ist aber die Dienerin der Königin, Lunete. Sie renkt mit ihrer Klugheit immer wieder ein, was schief zu laufen drohte. Besonders diese Figur macht die Dichtung, in der König Artus erstaunlich aktiv ist, höchst lesenswert.
Táin – Rinderraub
    Wirklich in die keltische Vergangenheit führt das große irische Prosa-Epos vom Rinderraub, «Táin BCúailnge» (gesprochen etwa
kūlnje),
eine Zusammenstellung verschiedener Einzelerzählungen, die sich um einen Krieg zwischen den irischen Ländern Connacht und Ulster ranken. Königin Medb (gesprochen etwa
meiv)
von Connacht hat genauso viel Vermögen wie ihr Mann, nur ein wunderbarer Stier fehlt ihr, und den will sie bei den Nachbarn rauben lassen. Ulster wird verteidigt vom Helden Cú Chulainn. Einige Motive der Weltliteratur, vom Hildebrandslied (S. 73) bis zu Shakespeares «Sommernachtstraum», tauchen hier zum ersten Mal auf. Manche Wurzeln des Dichtungszyklus reichen bis in die irische Frühzeit zurück. Wer dieses kulturgeschichtlich ungemein wertvolle Werk lesen möchte, möge dies in der englischen Übersetzung tun, denn die deutsche geht nicht auf den irischen Originaltext, sondern auf die englische Übersetzung zurück.
Nibelungenlied
    Einige der historischen Hintergründe des Nibelungenliedes führen ebenfalls ins frühe Mittelalter. Brunichildis († 613) war die Tochter des Westgotenkönigs Athanagild und Frau des Merowingerkönigs Sigibert I. Sie hatte scharfe Auseinandersetzungen mit einer anderen Merowingerkönigin, Fredegunde, konnte für ihren unmündigen Sohn Childebert die Nachfolge durchsetzen und regierte noch für ihre Enkelkinder. Sie war mächtig, gefürchtet und wurde zuletzt grausam ermordet. Möglicherweise stand sie Patin für die Figur der Prünhilt, der
küneginne, gesezzen über s
ê
,
der Meerkönigin,die der Burgunderkönig Gunther mit der heimlichen Hilfe von Siegfried gewinnt, was schließlich zu Streit und zum Tod Siegfrieds führt.
    Es gibt eine Reihe nordischer Fassungen, die aber erst ab dem 13. Jahrhundert schriftlich aufgezeichnet wurden und von denen einige die donauländische Dichtung schon kannten, die unmittelbar nach der Wende vom 12. zum 13. Jahrhundert in Passau niedergeschrieben wurde. Diese Fassung eines unbekannten Autors hatte ihrerseits einen lateinischen Vorläufer.
    Die Dichtung trägt einen irreführenden Titel, geformt nach dem Schluss einer der erhaltenen Textfassungen (mit der Sigle C bezeichnet),
daz ist der Nibelunge liet.
Die anderen schließen mit
daz ist der Nibelunge nôt,
das ist der Untergang der Nibelungen, was auch nicht ganz befriedigt: Die sagenhaften Nibelungen kommen in dieser Dichtung kaum vor. Die Burgunder gehen am Hofe Etzels (historisch Attila, † 453) unter, was wiederum als später Reflex des Unterganges eines Burgunderreiches im Jahre 437 gedeutet werden kann.
    In den älteren Ausgaben beginnt das Lied mit den bekannten Versen:
Uns ist in alten maeren wunders viel geseit,
uns wird in alten Geschichten viel Wundersames berichtet. Das ist mittlerweile als Zusatz der Handschriftengruppe C erkannt. Die ursprüngliche Anfangszeile war vermutlich:
Es wuochs in Burgonden ein vil edel magedîn,
in Burgund wuchs ein sehr edles Mädchen auf, Kriemhilt nämlich. Noch in einer Handschrift des 14. Jahrhunderts, gefunden in der Burg Prunn im Altmühltal, steht über dem Text, der zwar mit den «alten Mären» beginnt,
Daz ist daz Būch Chreimhilden,
das ist das Buch Kriemhilt – und das

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