Kleine Kulturgeschichte des Mittelalters
Eremitengemeinschaften, deren einzelne Mitglieder einander selten sahen, aber eine gemeinsame Infrastruktur hatten, wie die Kartäuser, gegründet 1084 vom heiligenBruno in der Chartreuse bei Grenoble, 1170 als Orden anerkannt.
Der Königsweg der «Koinobiten», der im Gegensatz zu den Eremiten in Gemeinschaften Wohnenden, versucht bis heute, alle diese Aspekte miteinander zu verbinden. Die grundlegende Ordnung dazu schuf der heilige Benedikt († um 550) mit seiner Regel nach älteren Vorbildern. Später lebten Leute, die nicht so streng wie die Benediktiner an ein Kloster gebunden waren (also ohne
stabilitas loci,
Ortsgebundenheit), sondern mobil waren, ihre Askese vielfach in der Stadt. Das wurde das Modell der sogenannten Bettelorden, auch Minoriten (Minderbrüder) oder Mendikanten (Bettelbrüder) genannt, vor allem der Franziskaner, und des Predigerordens, der Dominikaner. Auch die Serviten, 1233 durch sieben Kaufleute auf dem Monte Scenario bei Florenz gegründet, zählen sich zu den Minoriten.
Manche betrachten Askese als Verzicht. Manche suchen mit ihrer Hilfe Freiheit und sind überzeugt, «das Bessere gewählt» zu haben (Lk 10, 42). Askese ist der Versuch, den Körper so weit zu beherrschen, dass er den Geist freigibt. Es wäre ein Missverständnis, zu glauben, das bedeute Körperfeindlichkeit; der Körper wird, wie bei den weltlichen Kämpfern, zum Instrument. Erst am Ende des Weges winkt die Freiheit von den Beschwerden dieses sterblichen Körpers (Röm 7, 24f.). Bis dahin gilt: «Keiner hat je seinen eigenen Leib gehasst, sondern er nährt und pflegt ihn» (Eph 5, 29). Der Körper bleibt das Instrument des Lebens, und ein Reformbischof und Dichter des 12. Jahrhunderts, Hildebert von Lavardin, betont: «Spannen sollst du deine Saiten, nicht reißen.» Körper und Geist waren für mittelalterliche Menschen nicht trennbar.
Frauenbewegungen
Die klösterliche Gemeinschaft war auch der Königsweg für viele Frauen, die eine geistliche Berufung empfanden. Nur wenige fühlten sich imstande, den Weg als Einsiedlerin zu gehen. ImMittelalter gibt es eine Sonderform: Frauen schlossen sich mit dem Segen des Bischofs in eine Zelle ein, wurden «Inklusen», oft in einem Ort oder in der Nähe anderer geistlicher Gemeinschaften. Manche hatten eine kleine Gruppe von Frauen und Mädchen bei sich, wie Jutta von Sponheim, in deren Klause Hildegard von Bingen († 1179) aufwuchs, die dann später selbst ein Frauenkloster gründete.
Unter den frühen Gründerinnen, so liest man, war eine erstaunlich große Zahl von leiblichen Schwestern Geistlicher, wie die Schwester Benedikts, Scholastica, oder die Schwester des heiligen Augustinus, deren Namen wir nicht kennen. Sie hatten wohl gemeinsam mit ihren Brüdern bessere Bildungsmöglichkeiten.
Es gab auch zahlreiche «Doppelklöster», in denen Männer und Frauen streng getrennt lebten, aber einander im Alltag unterstützten. Die Männer kümmerten sich um die äußeren Angelegenheiten, und die Priester unter ihnen übten ihr Amt auch für die Frauen aus. Die Frauen stellten geistliche Gewänder her, wuschen die in der Liturgie gebrauchten Textilien oder schrieben Bücher ab, neben ihrem Gebetsdienst. Für die Küche hatte man meist Personal, obwohl in strengen Orden die Mönche und Nonnen dort helfen mussten.
Für viele geistliche Frauen bedeutete der Rückzug ins Kloster eine Befreiung vom standesgemäßen Familiendienst. Manche mussten um diese Freiheit mit ihren Angehörigen hart kämpfen, denn mit den Heiraten wurden ja, wie erwähnt, politische und ökonomische Netzwerke geknüpft. Manche konnten erst nach Erfüllung ihrer weltlichen Verpflichtungen diesen Weg gehen, wie die heilige Paulina von Paulinzell in Thüringen († 1107).
Zusätzlich dürfte es vielerorts kleinere Frauengruppen gegeben haben, die sich neben ihren häuslichen Verpflichtungen einem besonders intensiven religiösen Leben widmeten. Im Zweiten Mittelalter bildeten sich ordensähnliche Hausgemeinschaften von Laien, genannt Beginen (oder, seltener, bei Männern Begarden), die allerdings wegen ihrer Unabhängigkeit von Seiten der Kirche mitgroßem Misstrauen gesehen wurden. Sie lebten von verschiedenen sozialen Diensten, manche wurden auch für ihre Handschriftenproduktion berühmt.
Der Weg ins Kloster öffnete den Frauen einen Zugang zu Bildung und zu einer besonderen Art der Selbstverwirklichung. Zum Eintritt in ein Kloster brauchten die Frauen in der Regel eine Art Mitgift, von deren Ertrag
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