Kleine Luegen erhalten die Liebe
voreilig?«
Fraser verdrehte die Augen. »Getrennte Zimmer, meinte ich. Etwas anderes würde Eduardo mir nie verzeihen.«
»Nein, er würde dich umbringen.«
Mia dachte, wie gern sie ein Zimmer nehmen würde – selbst eins für sich allein! Wie schön wäre es, mit Fraser in einem Hotel zu frühstücken und die Aussicht auf Bowness zu genießen! Sie überlegte schnell, wie sich das auf ihren Kopf auswirken könnte, und tat es dann als lächerlich und unrealistisch ab. Außerdem hatte sie Billy nichts gesagt, und der Kleine würde sich am Morgen sicher fragen, wo sie war.
»Ich kann nicht«, entgegnete sie, »ich muss zurück. Du könntest aber bleiben, dann nehme ich mir ein Taxi.«
»Oh ja«, meinte Fraser, »das wäre ein wunderbar entspannendes Frühstück mit den zwei dort oben! Jeder auf einer Seite des Raumes sitzend und ich geduckt in der Mitte, während sie einander mit Croissants bewerfen.«
»Es ist aber so eine lange Fahrt nach Bury, dass ich mir Sorgen um dich mache. Du könntest bei mir zu Hause übernachten.«
»Ja, auch das wäre sicherlich ein großartiges Frühstück«, erwiderte er, und sie lächelten sich ein bisschen verlegen an.
Sie tranken einen Kaffee zusammen, und dann, weil es schon spät war und Fraser noch einen weiten Weg vor sich hatte, beschlossen sie, in den Wagen zu steigen und loszufahren.
Mia saß auf dem Beifahrersitz. Es war stockfinster, die Art von undurchdringlicher Dunkelheit, die man nur auf dem Land erlebt. Die einzigen erkennbaren Farbunterschiede waren die zwischen dem Himmel und den Bergen, die wie geheimnisvolle, schlafende Riesen aussahen, die sich erst regen würden, wenn die Sonne aufging. Mia blickte zu ihnen auf; sie schienen sie von beiden Seiten zu umarmen und ihr ein Gefühl der Zufriedenheit und Geborgenheit zu geben. Etwa fünf Minuten fuhren sie in behaglichem Schweigen über die kurvenreiche Straße, und nur einmal, als die Scheinwerfer ein Kaninchen erfassten, schraken beide zusammen.
Ansonsten jedoch fühlte sich Mia sicher und entspannt genug, um ein etwas heikles Thema anzusprechen.
»Was ist eigentlich zwischen dir und Karen vorgefallen?«, fragte sie.
»Ach, nichts Besonderes.« Fraser war nicht gerade erpicht auf dieses Thema, da sie manchmal noch miteinander schliefen. »Wir passten nur nicht zusammen. Sie war wohl einfach nicht die Richtige, schätze ich.« Mia sah ihn an. »Oder auch nur annähernd die Richtige, um genau zu sein. Aber sie war nett.«
»Beziehungen sind unmöglich, nicht?« Mia seufzte. »Selbst wenn du den heiratest, von dem du glaubst, er sei der Richtige, stellt sich irgendwann heraus, dass das ein Irrtum war.«
»Tja, so ist das Leben und das Erwachsenwerden«, sagte Fraser.
»Ich weiß, aber es macht mich trotzdem ein bisschen traurig«, gestand sie plötzlich.
»Ja? Warum?«
»Nun ja, weil eine ganze Ära vorbei zu sein scheint, nicht? Die Zeit von Norm und Melody, Melody und Norm …«
»Nichts bleibt im Leben immer gleich.« Fraser zuckte mit den Schultern. »Man weiß nie, was hinter der nächsten Ecke wartet – das wissen wir beide besser als jeder andere.«
Mia wandte sich ihm im Dunkeln zu. Sie konnte nur den Schatten seines Gesichts im Licht der Scheinwerfer sehen, und als er den Kopf wandte und sie anlächelte, seine schön geschnittenen, mandelförmigen Augen.
»Fragst du dich eigentlich je …«, begann sie zögernd.
»Was?«
»Wo wir heute wären, wenn Liv nicht gestorben wäre?«
Zunächst war er ganz still, dann nickte er. »Natürlich, ständig – was willst du damit sagen?«
»Nun, was ich meinte, ist, ob es dann zwischen Norm und Melody wohl auch so weit gekommen wäre? Oder ob du inzwischen vielleicht schon ein Baby mit Liv hättest? Oder ich kein Baby hätte?«
Falls er wusste, worauf sie hinauswollte, ließ er es sich nicht anmerken; er runzelte nur die Stirn und fuhr weiter.
»Tja, ich denke, das Leben ist, wie es ist, nicht wahr?«, sagte er schließlich nach einer langen Pause. »Das Leben ist im Grunde das, was uns geschieht; wir können es nicht damit verbringen, uns zu fragen, wie es hätte werden können , wenn uns andere Dinge widerfahren wären.«
Mia wandte das Gesicht zum Fenster, als ihr Blick plötzlich umwölkt war. »Glaubst du, dass es so ist?«, sagte sie leise. »Ich frage mich das nämlich ständig.«
Als sie wieder nach vorne schaute, spürte sie Frasers eindringlichen Blick auf sich.
KAPITEL ACHTZEHN
Oktober
Lancaster
»Ich habe mein Verfallsdatum
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