Kleine Luegen erhalten die Liebe
Freunde. Karen hatte recht: Was hatte er sich nur dabei gedacht, sie betrunken und wie ein verliebter alter Gockel anzurufen, obwohl sie ein Baby und einen festen Freund hatte? Er konnte froh sein, dass es Karen gab. Im Nachhinein betrachtet, war sie es gewesen, die dafür gesorgt hatte, dass er viele Dinge klarer sah, und jetzt begann er, vernünftiger, gesund und clean zu werden. Er tat das Richtige, und das war ein sehr gutes Gefühl.
Und einen Tag lang auf ein Baby aufzupassen und den Abend mit Scrabble zu verbringen, war für ihn ein guter Anfang.
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Im Franco’s , Lancasters romantischstem Restaurant mit rustikaler Einrichtung, traditionellen rot-weiß karierten Tischtüchern und Olivenzweigen, die von der Decke hingen, saß Mia allein an einem Tisch und blickte durch die mit Reif bedeckten Fenster auf die weiße Welt draußen hinaus. Eduardo war schon zum dritten Mal an diesem Abend auf eine Zigarette hinausgegangen: Mia wusste nicht, ob er sich langweilte, nervös war oder erfrieren wollte. Aber was es auch war, es ging ihr langsam auf die Nerven. Ihr Abend verlief ohnehin nicht gerade gut. Da sie ohne Fernsehen und ein Baby zur Ablenkung kaum Gesprächsthemen zu haben schienen, waren sie zu höflichem Small Talk übergegangen, weil Servietten durch die Gegend zu schmeißen und sich mörderische Blicke zuzuwerfen, wie sie es zu Hause taten, ausgesprochen unfein wäre in einem Restaurant. Sie hatten das Thema »Essen und Ambiente« erörtert und sogar ausführlich über das Besteck gesprochen, doch Mia spürte, dass irgendetwas in der Luft lag.
Irgendwann kam Eduardo zurück und brachte einen eisigen Luftzug und den Geruch nach Zigaretten mit. Er räusperte sich, als er sich setzte, und legte seine Hände aneinander und seine Finger an die Lippen. »So«, meinte er. »Ich muss dir etwas sagen.«
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»Ich möchte nur einen Spaziergang unternehmen«, erklärte Mia draußen vor dem Restaurant mit noch immer etwas unsicherer Stimme. »Ich will nur ein bisschen allein sein.« Es klang theatralisch, ähnlich etwas, das in einem Fernsehdrama gesagt wurde, aber es war ihr völlig ernst gemeint. Außerdem bestand die Gefahr, dass sie ihn niederschlagen und im Schnee erfrieren lassen würde, wenn sie ihn auch nur fünf Sekunden länger ansehen musste.
Sie konnte es nicht glauben, war völlig fassungslos. WIE KONNTE JEMAND DERART EGOISTISCH SEIN?
»Ich kann das nicht mehr«, hatte er gesagt. »Ich kann nicht mehr als Kellner arbeiten. Diese Arbeit tötet meine Seele.« Gott, sie hätte ihm am liebsten ihre Penne al forno ins Gesicht geschmissen! »Ich muss mein künstlerisches Talent zur Entfaltung bringen. Ich habe eine kreative Seele, Mia, die ich nicht länger ignorieren kann. Ich will mein Studium wieder aufnehmen und einen Master in Bildender Kunst machen.«
Ha! Und was glaubte er, was sie in den letzten beiden Jahren anderes getan hatte, als ihre kreative Seele zu ignorieren und sich um ihr gemeinames Kind zu kümmern? Sie vergötterte Billy, doch fiel es Eduardo wirklich so schwer, sich vorzustellen, dass auch sie liebend gern wieder studieren würde? Ob Kunst oder was auch immer? Irgendetwas, das ihr vielleicht ihre Identität zurückgeben würde?
Und was glaubte dieser Idiot, wovon sie jetzt leben sollten, nachdem er nicht nur seinen Job im Bella Italia gekündigt hatte, sondern auch noch unmittelbar nach seiner Spontan-Kündigung wie ein hitzköpfiger, großmäuliger Zampano hinausgestürmt war? Von dünner Luft? Sie hatte auch so schon kaum genug Geld für einen halben Liter Milch am Wochenende, während all ihre Kollegen, die sie bei Primal Films zurückgelassen hatte, täglich mindestens einen Zehner für einen Latte und ein belegtes Sandwich ausgaben, ohne auch nur darüber nachzudenken. Mia versuchte, nicht verbittert zu sein, doch manchmal, wenn sie sogar zwischen den Sofapolstern nach zwanzig Pence suchte, war das alles andere als leicht.
»Aber denk doch mal weiter!«, hatte Eduardo gesagt. »Stell dir vor, wie es sein wird, wenn ich einen besseren Job mit echten Zukunftsaussichten bekomme!«
Vor allen Gästen hatte sie vor Wut und Frustration geweint, bevor sie ihre Serviette hingeworfen hatte und aus dem Restaurant gelaufen war. Gott, wie klischeehaft sie doch waren!
Und jetzt stand sie draußen auf der Straße, frierend und mit verschmierter Wimperntusche, eine Woche vor Weihnachten und im Begriff, sich allein zu einem nächtlichen Spaziergang aufzumachen. Noch so ein verdammtes
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