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Kleine Luegen erhalten die Liebe

Kleine Luegen erhalten die Liebe

Titel: Kleine Luegen erhalten die Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katy Regan
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hat! Und damit hab ich’s versaut, Mia«, wiederholt er. »Unser Leben, ihr Leben, alles!«
    Mia schließt die Augen. Am anderen Ende der Leitung hört sie das herzzerreißende Schluchzen ihres besten Freundes.
    »Fraser. Ich will, dass du jetzt tief durchatmest, hörst du?«
    »Sie hat’s gesehen. Gesehen , Mia!« Wieder ist das das Einzige, was er sagt, und Mia gerät plötzlich in Panik. So schlimm war es noch nie bei ihm; so völlig außer Kontrolle hat sie ihn noch niemals gehört.
    »Das kannst du nicht wissen«, erwidert sie und bemüht sich um einen leisen, beschwichtigenden Ton. »Du weißt es nicht, es ist nur dein Verstand, der dir einen Streich spielt. Niemand weiß genau, was in jener Nacht geschehen ist. Wir alle müssen damit leben, dass wir es nicht wissen.«
    Sie hört nur noch sein Schluchzen über den Verkehrslärm hinweg und neben sich das sanfte Plätschern von Wasser.
    »Fraser, hör mir zu«, sagt sie schließlich. »Wo ist Norm?«
    »Keine Ahnung. Ich hab ihn vor einer Ewigkeit verloren. Aber es ist alles kaputt, das ist das Einzige, was ich weiß, und es ist alles meine Schuld …«
    Es vergehen mindestens zehn Sekunden, bevor sie wieder spricht. »Ich war auch dort, Fraser«, erinnert sie ihn, aber die Verbindung ist schon tot.
    »Fraser?«, sagt sie wieder, diesmal leicht verärgert. »Fraser? Sprich mit mir!« Doch da ist nichts mehr, nur das Signal, das verkündet, dass das Gespräch unterbrochen ist.
    Sie steht dort und starrt in das schwarze Wasser unter sich. Ihr erster Gedanke ist: Ich muss Norm anrufen! Der zweite ist der Kuss, der Kuss … Er hat nie gesagt, wie er darüber dachte!
    Als sie schließlich in Harry’s Bar zurückkehrt und sich umsieht, stellt sie zu ihrem Schrecken fest, dass Melody, deren Träger inzwischen schon beide von ihren Schultern baumeln, die Arme um Bruno geschlungen hat und in einer Ecke heftig mit ihm herumknutscht.

KAPITEL NEUN
Mai
Morecambe
    Mrs. Durham wischte sich den Mund mit ihrer Serviette ab und atmete tief durch die Nase ein. »H-Sahne«, sagte sie schließlich mit dem ganzen Ernst eines Arztes, der eine tödliche Diagnose stellt (»Syphilis im letzten Stadium, fürchte ich; drei Wochen höchstens noch«). »Viel zu viel davon in diesem Teegebäck, und ich merke es immer, wenn sie das Zeug aus der Sprühdose benutzen.«
    Mia lächelte höflich und ein bisschen müde und dachte: Das bezweifle ich keine Sekunde, Maureen. Du isst schließlich genug davon. Tatsächlich hatte Mrs. Durham es trotz »ultrahohen« Blutdrucks, einer »Laktose-Unverträglichkeit« und ganz zu schweigen von der »Sahne aus der Sprühdose« schon geschafft, zwei dieser Gebäckstücke innerhalb einer Viertelstunde zu verputzen, was eine wirklich lobenswerte Bemühung war.
    Hin und wieder, wenn das Wetter gut war, ließ Mrs. Durham sich dienstagsnachmittags ganz gern von Mia zum Midland Hotel in Morecambe bringen, um sich in dessen Terrassencafé zu setzen und ein Stück Kuchen oder Gebäck zu essen. Oft genossen sie nur die Aussicht auf das Meer, aber hin und wieder, wenn Mrs. Durham fit genug war, spielten sie eine Partie Scrabble, was die alte Dame liebte. Doch immer beklagte sie sich über alles, von der Härte der Stühle (»Also wirklich – das ist, als säße man auf seinem eigenen Grabstein!«) bis zum Geruch der Seife im Damenwaschraum, und heute beschwerte sie sich auch noch über die Sahne.
    Das Midland Hotel , dessen einstige Pracht nach Jahren der Vernachlässigung erst kürzlich wiederhergestellt worden war, war heute der ganze Stolz der Uferpromenade: ein blendend weißer Ozeandampfer von einem Hotel vor einem blauen Meereshimmel und ein feines Beispiel von Art-déco-Architektur mit seinen Rundungen, Bullaugenfenstern und der eleganten Freitreppe, die zum Eingang führte.
    Im Innenraum hatte man sich jedoch für eine modernere Bauweise entschieden – mit einer minimalistischen »Insel«-Bar, deckenhohen Fenstern und dem besagten Terrassencafé mit seinem riesigen, purpurnen Kronleuchter in der Mitte, der wie eine Seeanemone über dem Tisch hing, an dem Mrs. Durham gern ihren Tee und ihr Gebäck einnahm.
    Heute war das Midland Hotel die Art von Etablissement, zu dem nach London verzogene, trendy Paare zurückkehrten, um hier ihre Hochzeit zu feiern. Es war, als sagten sie damit: Ich mag zwar ein Media-Typ geworden sein, aber eigentlich komme ich aus einem Küstenort im Norden.« Mia konnte nicht umhin zu denken, dass Mrs. D. mit ihren geschwollenen

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