Kleine Rache zwischendurch (German Edition)
Straßen nachschleichen musste. Zwei Mann und ein Auto zu ihrer Verfolgung genügten freilich nur, solange sie sich nicht beobachtet fühlte. Wollte sie ihn abschütteln, brauchte sie nur ein Taxi zu rufen und sich irgendwo hinbringen zu lassen. Julia musste nicht zu dem Parkhaus zurückkehren, in dem ihr Mercedes stand; den konnte sie später von einem Angestellten der Villa abholen lassen.
So einfach war sie also nicht zu beschatten. Doch diesmal wollte sie ihrem Bewacher gar nicht entfliehen. Sie wollte ihn kennenlernen, falls es ihn tatsächlich gab.
Aber so sehr sie sich auch umsah, so langsam sie auch durch die Straßen schlenderte, er ließ sich nicht blicken. Die Menschen drängten sich zwar dicht in den Straßen des Zentrums, doch so auffällig, wie sie gekleidet war, konnte er sie unmöglich verlieren.
Julia gab es auf, ihn schon heute zu entlarven. Sie rief ein Taxi und ließ sich direkt zum Bootsbau Friedanger bringen. Auf dem Parkplatz der Werft stand eine ganze Anzahl Fahrzeuge, aber er war groß genug, Gedränge zu vermeiden. An einem BMW war die Motorhaube hochgeklappt, und ein Mann, nicht gerade wie ein Mechaniker angezogen, hantierte tief in den Motorraum hinabgebeugt an irgendetwas herum. Als das Taxi anhielt, blickte er kurz auf und musterte Julia. Sie war ein paar Schritte auf das Tor zugegangen, da fiel ihr auf, wie rasch der Mann sich von ihr abgewandt hatte. Das fand sie sehr seltsam. Männer betrachteten sie gewöhnlich deutlich länger, und kaum einer lächelte ihr nicht zu. Sie stutzte. Nun gut, es gab immer mehr Männer, die sich nicht für die Frauen interessierten, die unter den Kleidern steckten, umso mehr aber für die Kleider, die sie trugen. Julia drehte sich um und ging die paar Schritte zurück auf den BMW zu.
»Kann ich Ihnen helfen? Soll ich den Abschleppdienst rufen?«
Der Mann erschrak, er tauchte mit einem Ruck aus dem Motorraum auf, beinahe hätte er sich den Kopf an der Vorderkante der Haube eingeschlagen. »Oh, danke, nein, es geht.«
Er verhaspelte sich, vollführte Gesten, die alles bedeuten konnten. Er hatte gar kein Werkzeug in der Hand. Nicht einmal einen Lappen, seine Hände waren ganz sauber. Julia lächelte und ging zum Heck des Wagens. Sie prägte sich das Kennzeichen ein, lächelte dem Mann noch einmal zu und schritt wortlos in Richtung Werkstor davon. Sie war versucht, sofort ihren Ehemann anzurufen und ihn zu bitten, nicht so knauserig zu sein und einen etwas geschickteren Detektiv zu engagieren, aber das wäre ihrer Rolle als Naive nicht gerade dienlich gewesen. Nie hätte sie so leichtfertig zum Handy gegriffen. Es war halt nur so ein spontaner Gedanke. Ihr sonst so großzügiger Armin, der immer sagte, das billigste Angebot sei oft das teuerste, hatte diesmal offensichtlich am falschen Ende gespart.
Noch kein Mann hatte Julia getraut. Keiner glaubte ihr, treu zu sein. Anfangs hatte sie sich darüber sehr geärgert, aber sie war inzwischen reifer geworden und fühlte sich nicht wie früher tief beleidigt, wenn ein Ehemann glaubte, sie sei zu gutgläubig, um treu zu sein. Armin unterstellte ihr gar nicht, sie würde ein Abenteuer suchen. Er dachte vielmehr, sie würde irgendwann auf einen raffinierten Verführer hereinfallen, zwangsläufig hereinfallen müssen. Sie war einfach zu naiv, die Künste dieser Männer zu durchschauen.
Ihre Ehe mit Armin war gut so, wie sie war. Sie bot ihr Schutz, solange sie ihre Rolle nicht vergaß, und das war nicht zu befürchten. Aber andererseits konnte sie nur noch selten über die Zeit verfügen, die sie für ihre Recherchen brauchte. Sie musste Helfer beschäftigen, was immer ein zusätzliches Risiko bedeutete. Es war schwer, zuverlässiges Personal zu bekommen.
Die Sekretärin meldete Frau Getti. Friedanger bat seine Besucherin sogleich in sein Büro und begrüßte sie hocherfreut. Sie sah sich rasch um, forderte mit dem Zeigefinger an den Lippen zum Schweigen auf und ging sofort auf das Radio zu. Sie schaltete es ein und drehte die Lautstärke auf. Friedanger sah ihr erstaunt zu. Er hatte keine Ahnung, was das zu bedeuten hatte. Sie hob beschwichtigend ihre Hände und bedeutete Friedanger, sich zu gedulden. Aus ihrer Handtasche nahm sie ein kleines Gerät heraus, das einem Handy recht ähnlich sah, zog die Teleskopantenne aus und schritt damit langsam durch das Büro. Sie hielt die Antenne in die Nähe des Schreibtisches, der Sessel, der Tischlampe. Nach einer ganzen Weile begann das Gerät, das die ganze Zeit
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