Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kleine Schiffe

Kleine Schiffe

Titel: Kleine Schiffe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silke Schuetze
Vom Netzwerk:
nach Hause zurückkommen, sind wir vier!
    »Wenn die Mädchen groß sind, können sie immer von einem in den nächsten Geburtstag feiern«, schwärmt Lilli.
    Lisa-Marie ist tatsächlich einen Tag älter als Amélie. Während ich mich durch eine lange Nacht quälten musste, bevor Amélie in den Morgenstunden endlich geboren wurde, hat die Geburt für Lilli und Lisa-Marie nur knapp drei Stunden gedauert. »Ich habe Simon gleich losgeschickt, mir mein Handy zu bringen, das ich in der Aufregung zu Hause liegen gelassen hatte.«
    Ich blicke etwas streng hinüber. »Aber es ist doch verboten, im Krankenhaus mobil zu telefonieren.«
    Lilli nickt besänftigend. »Ja, ja.« Sie betrachtet ihre Tochter mit demselben verliebten Blick wie ich die meine. »Ein echtes Sonntagskind!«
    Lisa-Marie hat weiche Locken und sieht aus wie eine Miniaturausgabe von Lilli. Dieselbe stumpfe Stupsnase, dieselben leicht schräg stehenden, emailleblauen Augen. »Lisi!«, gurrt Lilli, als ob sie ihr Leben lang nichts anderes getan hätte.
    »Weiß David eigentlich schon Bescheid?«
    Lilli zieht die Augenbrauen zusammen. »Ich habe ihn angerufen, aber nur seine Mailbox erwischt. Der ist bestimmt in der Schule.«
    »Seit Sonntag?«
    Lilli verzieht ihr Gesicht. »Nein, Sonntag war er unterwegs, dann hatte sein Opa Geburtstag und heute ist Schule.«
    Oder er lungert mit seinen Freunden herum . »Er kommt bestimmt, sobald er deine Nachricht gehört hat«, tröste ich sie und hebe Amélie in ihre Richtung. »Glaubst du, dass ihre Augen blau bleiben?«
    Lilli zieht eine Grimasse. »Schatz, wir wissen doch beide, dass das jetzt noch nicht zu sagen ist. Jedenfalls sieht sie dir überhaupt nicht ähnlich.«
    »Ist das gut oder schlecht?«
    »Natürlich gut!«
    Das Zusammensein mit Lilli verdrängt die Gedanken an Andreas.
    »War Simon ununterbrochen bei der Geburt dabei?«, frage ich Lilli.
    »Ja, war ja sonst keiner übrig! Er hat sich sehr gut angestellt und Kim bezaubert.«
    Unerwartet spüre ich einen Stich Eifersucht. »Was wollte er eigentlich bei uns?«
    Lilli zuckt mit den Achseln. »Keine Ahnung. Nur mal vorbeischauen. Kaffee trinken. Was weiß ich?« Sie wirft mir einen forschenden Blick zu. »Bist du an Simon interessiert?«
    Ich spüre, wie mir das Blut in den Kopf steigt.
    »Franzi?«
    Mit gespielter Genervtheit winke ich ab. »Was du so denkst! Ich könnte seine Mutter sein.«
    »Na und?«
    Na und? Dieses Generationendurcheinander ist ziemlich unübersichtlich. Früher war alles viel klarer. James Dean hatte keine Eltern – jedenfalls spielten sie keine Rolle. Die Jugend war aufregend, und die Erwachsenen waren … alt. Heute würden wir James Deans Eltern mit Sicherheit kennenlernen. James’ Mutter würde mit den Mädels aus James’ Klasse vielleicht sogar im selben Hip-Hop-Kurs tanzen. Heute nährt sich das Lebensgefühl nicht mehr aus den bereits gelebten Jahren, sondern aus denen, die noch vor uns liegen. Früher war eine Frau mit vierundvierzig uralt. Heute ist sie mittendrin im Leben. Und bekommt Babys. Lilli hat recht. Warum sollte ich nicht an Simon interessiert sein? An Simon als Mann. Mir wird abwechselnd heiß und kalt.
    In den Monaten zuvor hat sich Simon manchmal in meine Gedanken gestohlen, aber mein dicker Bauch hat mir den Blick auf ihn gnädig verstellt. Doch jetzt bin ich bald keine unförmige Schwangere mehr. Jedenfalls könnte sich meine Figur in absehbarer Zeit wieder normalisieren.
    »Was meinst du, wie lange wird es dauern, bis die Schwangerschaftspfunde wieder runter sind?«, frage ich Lilli.
    »Du bist also doch an Simon interessiert!«
    »So ein Unsinn! Aber sag doch mal.«
    »Keine Ahnung. Das dauert sicher ein paar Monate. Aber man soll mit Bewegung und gesunder Ernährung viel machen können.«
    Manchmal habe ich das Gefühl, dass die Antwort auf alle Fragen des modernen Leben lautet: »Bewegung und gesunde Ernährung.« Ich würde mich nicht wundern, wenn selbst in Wirtschaftsmagazinen bald behauptet wird, dass Bewegung und gesunde Ernährung die besten Wege aus der Krise sind.
    »Ich ernähre mich doch gesund!«
    »Klar, aber wir haben uns in der Schwangerschaft angewöhnt zu naschen.«
    »Du meinst unsere Kuchenschlachten?«
    »Zum Beispiel.«
    »Die Pudding-Orgien?«
    Nachdenklich und nostalgisch grinsen wir uns an. Dann seufzt Lilli tapfer: »Also gut, damit ist jetzt Schluss. Schließlich wollen wir uns nicht für einen Platz in der Dicke-Mütter-Brigade bewerben.«
    Die Dicke-Mütter-Brigade ist eine

Weitere Kostenlose Bücher