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Kleine Suenden zum Dessert

Kleine Suenden zum Dessert

Titel: Kleine Suenden zum Dessert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clare Dowling
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Becher von beidem in den Wagen. Bestimmt würde Frank gleich nachsehen kommen, wo sie so lange blieb. Aber was wäre, wenn ihre nächste Bewegung die Speckstreifen endgültig ins Rutschen brächte und sie in ihrem Hosenbein abwärts glitten und auf den Boden klatschten?
    Andererseits könnte sie sich auch nicht ewig vor der Kühltheke herumdrücken. Irgendwann würde es Misstrauen erregen. Sie verwünschte sich dafür, dass sie nicht stattdessen die Würstchen geklaut hatte. Die Packung war viel kompakter. Oder Kekse oder etwas in der Art. So was konnte nur einem Amateur passieren. Grace drückte ihren Unterleib fest gegen den Einkaufswagen, um ein Weiterrutschen zu verhindern, schob sich unter dem wachsamen Blick des Mädchens langsam zur Knabberzeugabteilung und schnappte sich einen Beutel Nachos. Anschließend tat sie, als habe eine Dose Schuhcreme im nächsten Regal ihre Aufmerksamkeit erregt. Das brachte sie wieder ein paar Schritte voran. Langsam, ganz langsam arbeitete sie sich von Regal zu Regal auf die Kasse zu und nahm unterwegs ein Paket Windeln mit, Durchfallmedizin, geschrotete Chilischoten und eine Dose Hundefutter. Aber keinen Wein, verdammt. Den gab es auf der anderen Seite, und der weite Weg dorthin war ihr zu riskant.
    Jetzt kam der schwierigste Teil: Die Einkäufe auf die Theke zu legen, ohne dass es zur Katastrophe käme.
    »Wenn Sie mir helfen könnten ...« Mit schmerzverzerrtem Gesicht presste sie eine Hand auf ihren Unterleib.
    Das Mädchen schaute sie mitfühlend an. »Wir haben eine Kundentoilette ...«
    »Nein, nein, danke, ich halte es schon noch aus.« Warum hatte sie abgelehnt? Grace hätte sich ohrfeigen können. Sie hätte ihre Beute auf der Toilette doch wunderbar zurechtrücken können.
    Das Mädchen begann, einhändig von Grace unterstützt, die Einkäufe aus dem Wagen zu heben, und scannte sie mit bemerkenswerter Schnelligkeit ein. Grace blickte um sich, als überlege sie angestrengt, ob sie noch etwas brauchte. Ein klebriger Tropfen lief an ihrem Schenkel hinunter. Und noch einer. O Gott! Sie lief aus!
    Piep. Piep. Piep. Gerade waren die Würstchen an der Reihe. Würde die Kassiererin jetzt den Frühstücksspeck zur Sprache bringen? Graces Herz hämmerte, dass es schmerzte, und sie schaute auf der verzweifelten Suche nach einer Ablenkung an dem Mädchen vorbei.
    Jeder Ladendiebstahl wird zur Anzeige gebracht.
    Da stand es auf einem Schild, in großen, roten Lettern, gleich neben der Überwachungskamera, die genau auf Graces Unterleib gerichtet zu sein schien. Grace wurde übel. »Ist das alles?«, fragte das Mädchen in anklagendem Ton. »Wie meinen Sie das?«, brachte Grace mit zittriger Stimme hervor.
    »Ich meine, wollen Sie sonst noch etwas kaufen?« Abgesehen von den Speckstreifen in Ihrem Slip, hörte Grace sie im Geist sagen. Sie stand wie erstarrt und öffnete den Mund, doch es kam kein Laut heraus. War es das, wofür Leute alles riskierten? Dieses entsetzliche Gefühl von Furcht und Panik? Sie hätte nie gedacht, dass Ladendiebstahl so eine stressige Angelegenheit war. Oder eine so klebrigfeuchte.
    Sie konnte nicht einmal behaupten, dass sie den Speck für ihre hungernden Kinder geklaut hatte - nicht mit dem dicken Portemonnaie in der Hand. Sie würden sie vor Gericht als gelangweilte, reiche Hausfrau einstufen, die auf der Suche nach einem Kick die Supermärkte durchstreifte. Diese Schande! Wobei sie nicht sicher war, welche Anklage sie mehr träfe - gelangweilte Hausfrau oder Ladendiebin. Ewan würde sterben. Sie würden nie wieder zu einer Dinnerparty gehen können. Und die Kinder dürften in der Schule nicht mehr Baseball spielen, wären Ausgestoßene (obwohl sie darauf wetten könnte, dass bei diesen steifen Elternabenden noch mehr langfingerige Mütter anwesend waren. Würden sie einander erkennen?). Natürlich würden alle versuchen, es auf den Stress zu schieben. Den Stress des modernen Lebens. Sie würden mitfühlend flüstern, dass sie unter Medikamenten stehe. Warum sonst würde sie in einem Supermarkt auf dem Land Frühstücksspeck klauen? Sie, die nicht einen einzigen Grund zur Klage hatte! »Ist das alles?«, wiederholte das Mädchen und ließ eine Hand verstohlen unter dem Ladentisch verschwinden, wo es nach dem kleinen, roten Knopf tastete, der, wie Grace wusste, immer neben der Kasse angebracht war. Sie bekam keine Luft mehr, hatte das Gefühl, dass die Wände auf sie zukamen. Die Speckstreifen rutschten noch zwei Zentimeter tiefer und hinterließen ein

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