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Kleiner König Kalle Wirsch

Kleiner König Kalle Wirsch

Titel: Kleiner König Kalle Wirsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tilde Michels
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bricht, trifft er sich selbst.«
    »Verlangt von mir, was in meiner Macht
steht«, flehte der Fährmann.
    Kalle zögerte. Mitleid war ihm fremd.
Er verstand die Kinder nicht, aber er tat ihnen den Willen: Sie hatten ihr
Leben für ihn gewagt, dafür hatten sie das Recht, ein anderes Leben zu fordern.
    »So schwöre, daß du uns durch kein
Wesen nachstellen läßt und niemandem verrätst, daß wir den See überquert
haben«, befahl er.
    »Ich schwöre bei meiner Erlösung.«
    Max knüpfte ihm die Fesseln auf, und
der Fährmann erhob sich mühsam.
    So schwer es König Kalle fiel, einen
Feind zu schonen, so lästig war es ihm auch, Dank von ihm anzunehmen. Deshalb
winkte er den Kindern, ihm rasch zu folgen, und ehe der Fährmann noch ein
weiteres Wort sagen konnte, waren die drei im Eingang des Schachtes
verschwunden, der beim Anlegeplatz in die Felsen führte. Dumpf und entfernt
hallten ihre Tritte, bis sie sich ganz verloren. Der Fährmann blieb allein
zurück auf dem See der Finsternis.
     
     
     
    8. Kapitel

Der
wunderliche Kohlen-Juke
     
    »Ich kann nicht mehr weiter«, erklärte
Jenny. »Ich bin so schrecklich müde.«
    Seitdem sie den See der Finsternis
verlassen hatten, waren sie ein weites Stück durch Tunnel und Felsgänge
gewandert. Die Geschwister hatten auch wieder ihre Raxel in den Mund stecken
müssen, denn die Gänge waren so schmal, daß sie nur in der Erdmännchengröße
hindurchschlüpfen konnten.
    Jetzt waren sie in einer kleinen Höhle
angekommen, und Jenny ließ sich auf den Boden sinken. »Ich kann nicht weiter«,
wiederholte sie.
    Kalle nickte. »Ein kurzer Schlummer
täte uns gut. Ihr habt euch ja recht wacker gehalten.«
    Aus Kalles Mund war das ein sehr
großes Lob. Die Kinder hatten sich inzwischen an seine barsche Art gewöhnt, und
sie freuten sich über diese Anerkennung.
    Alle drei kauerten sich zum Ausruhen
an die Wand der Höhle. Jenny schlief augenblicklich ein. Max aber war zu
erregt, er mußte noch mit Kalle reden.
    »Wenn Zoppo Trump so ein Lügner ist,
warum wollen ihn dann die andern Erdmännchen als König haben?« fragte er.
    »Die wenigsten wollen ihn. Einige
seiner Trumpe unterstützen ihn natürlich, weil sie ebenso betrügerisch und
verschlagen sind wie er.«
    »Warum wird bei euch der Stärkste
König und nicht der Beste?«
    Kalle machte eine unbestimmte
Handbewegung. »Das ist ein altes Gesetz. Es ist leichter, den Stärkeren zu
erkennen als den Besseren. Ihr Menschen erwählt euch ja auch nicht immer die
Besten zu euren Herrschern.«
    »Und was wird aus dem Fährmann?«
    »Was soll schon aus ihm werden? Er
wird fahren und fahren, bis seine Buße erfüllt ist.«
    »Aber das kann ja ewig dauern.«
    »Ewig?« Kalle lächelte. »Ein paar
tausend Jahre sind bei uns noch nicht ewig.«
    Max dachte mit Schaudern zurück an den
schwarzen See, auf dem ihm jede Minute wie eine Ewigkeit erschienen war. Dort
mußte er ausharren, der bleiche, blinde Fährmann, der in Wirklichkeit ein
Meermensch war.
    »Weißt du, Kalle«, setzte er seine
Gedanken laut fort, »es war natürlich gemein von ihm, daß er dich in den See
werfen wollte, aber Zoppo Trump ist viel gemeiner: der hat ihn dazu
angestiftet. Stell dir vor, du mußt da unten leben wie der Fährmann, und nun
verspricht dir einer, dich rauszuholen und dir neue Augen zu geben. Dafür
würdest du bestimmt vieles tun, vielleicht sogar etwas Böses.«
    »Du vergißt, daß man sein Schicksal
nicht verbessern kann, indem man eine neue Schuld auf sich lädt.«
    Kalle Wirsch sprach wie zu einem
Erwachsenen, nicht wie zu einem Kind, und Max war noch dazu ein sehr müdes
Kind. Er merkte plötzlich, wie schläfrig er war, denn er konnte den Sinn dieses
Satzes nicht mehr erfassen. Schicksal... Schuld... Die Gedanken begannen in
seinem Kopf zu kreisen und gingen in Träume über.
    Da legte auch Kalle Wirsch seinen
kleinen runden Wuschelkopf an die Felswand und fiel in einen Erdmännchenschlaf,
der ganz tief war, in dem er aber dennoch hellhörig blieb für alles, was um ihn
vorging.
     
    Er erwachte als erster, und während er
noch halb im Liegen zum Gewölbe der Höhle hinaufblinzelte, entdeckte er dort
oben ähnliche Geheimzeichen wie in der weißen Grotte. Er weckte Max und Jenny
und zeigte ihnen die Zeichen.
    »Diesmal lautet die Nachricht
günstig«, sagte er. »Da steht: Kohlen-Juke ist harmlos.«
    »Kohlen-Juke? — Wer ist denn das schon
wieder?«
    »Von dem brauche ich euch nicht viel
zu erzählen, wir werden bald durch sein

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