Kleines Herz in Not
Bemerkung machte, würde er sie höchstpersönlich in den Roaring Fork River werfen, und zwar an der tiefsten Stelle.
„Ich habe noch alte Jeans von Worth im Auto. Ganz sauber und trocken. Ich hole sie." Wenige Minuten später kam sie zurück und reichte ihm die Hose.
Er nahm sie, und als Cheyenne anscheinend nicht vorhatte, sich umzudrehen, fragte er: „Wollen Sie mir beim Umziehen zu sehen?"
„Nein danke. Ich habe Ihre Knubbelknie bereits zur Genüge genossen. Komm, Davy, du kannst mir helfen, das Picknick vorzubereiten."
Mit größter Willensanstrengung unterdrückte Cheyenne ein lautes Lachen, als Thomas sich an den Tisch setzte. Die Jeans waren zu kurz, an einem Knie aufgerissen und am anderen schon richtig abgewetzt. Sie hatte Thomas eine Decke gegeben, die er sich um die Schultern gelegt hatte. Ja, der Fluss war wirklich eiskalt. Und nass. Sie biss sich auf die Lippe, um ein Kichern zu unterdrücken, und widmete sich wieder dem Picknickkorb.
Die ganze Zeit hatte Thomas Steele geschimpft und gezetert. Er hatte ihr bittere Vorwürfe gemacht, die darin gipfelten, dass sie seiner Meinung nach Davys Leben leichtfertig aufs Spiel gesetzt hatte.
Aber Cheyenne achtete nicht auf ihn, auch wenn es ihr schwer fiel. Sollte er sich aufregen, bis er schwarz wurde. Er war ein Meister im Unterdrücken von Gefühlen. Doch eben hatte er sich verraten, denn er hatte nicht gezögert, Davy zu Hilfe zu kommen. Es gab doch noch Hoffnung für Thomas Steele.
„Ich bin so hungrig, ich könnte einen ganzen Bären essen", sagte Davy.
„Tut mir Leid, es gibt nur Sandwich mit Erdnussbutter", erwiderte Cheyenne. „Bär war ausverkauft."
„Sandwich mit Erdnussbutter." Thomas Steele "verzog das Gesicht. „Ich dachte, Sie waren noch im Feinkostladen."
„Ich hatte eben Appetit auf Erdnussbutter. Also war ich im Supermarkt."
„Ich liebe Erdnussbutter." Davy strahlte übers ganze Gesicht. „Und ich hasse Sandwiches mit diesem Aufstrich." Thomas schüttelte sich.
„Dann bleibt für uns eben mehr übrig", entgegnete Cheyenne ungerührt. Sie reichte Davy eine Scheibe und nahm sich selbst eine.
„Ich habe schon verstanden", antwortete Thomas höhnisch. „Ich kann ruhig verhungern."
Cheyenne beachtete ihn jedoch nicht, sondern biss herzhaft ins Brot. Um nichts in der Welt hätte sie zugegeben, dass Erdnussbutter auch nicht gerade ihr Lieblingsessen war, aber sie hatte einige Erfahrung mit Kindern und wusste, was ihnen am besten schmeckte. Und Davys strahlendes Gesicht gab ihr Recht. Der Junge verdrückte sein Essen in Rekordzeit und lief dann einem kleinen grauen Eichhörnchen hinterher.
Thomas zog sich die Decke fester um die Schultern, lehnte sich zurück, schloss die Augen und genoss die Sommersonne. Sein Kopf sank nach vorn. Cheyenne trank etwas Apfelsaft und betrachtete Thomas. Seine gepflegten Hände waren so ganz anders als die ihres Bruders. Worth' Hände waren stark, und man konnte sehen, dass er körperlich hart arbeiten musste.
Auch sonst hatte Thomas keine Ähnlichkeit mit ihrem Bruder. Thomas' schwarzes Haar lag glatt an, und an den Schläfen konnte sie einen leichten Grauton ausmachen. Seine Lippen waren überraschend voll - eigentlich unüblich für einen Mann und besonders für jemanden, der behauptete, er würde nicht an die Liebe glauben. Cheyenne hätte diese Lippen gern berührt. Ob er wohl ein leidenschaftlicher Liebhaber war?
Ein Vogel flog mit einem schrillen Schrei vorbei. Thomas schreckte hoch und bemerkte, dass sie ihn beobachtete. Er lächelte anzüglich. Verdammt sollte er sein! War sie so leicht zu durchschauen?
„Haben Sie einen Freund?"
„Was geht Sie das an?"
„Sie maßen sich ja auch an, über mein Liebesleben zu richten. Es ist also nur fair, wenn wir jetzt von Ihnen sprechen. Ich wette, Sie haben keinen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass sich auch nur ein halbwegs normaler Mann mit Ihnen einlassen würde."
„Mache ich Ihnen Angst?"
„Mir kann nichts mehr Angst machen."
„Und früher? Wovor hatten Sie früher Angst?"
„Vor gar nichts. Wo ist Davy?"
„Er jagt ein Eichhörnchen. Machen Sie sich keine Sorgen. Ich habe ihn nicht aus den Augen gelassen, als Sie geschlafen haben."
„Ich habe nicht geschlafen."
„Sie lügen wohl andauernd, oder?"
„Haben Sie eigentlich eine größere Erbschaft gemacht?" fragte er unvermittelt.
,,Wie bitte?"
„Ich versuche nur herauszufinden, wovon Sie eigentlich leben. Mit diesen so genannten Touren kann man doch kein Geld
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