Kleines Herz in Not
mich geküsst, wenn du doch Nein sagst?" Er schüttelte den Kopf, als sie etwas erwidern wollte, und beantwortete sich die Frage selbst. „Du brauchst nichts zu sagen. Ich weiß es schon. Du liebst mich nicht."
„Falsch. Du liebst mich nicht. Du glaubst, dass du nicht lieben kannst. Aber das stimmt nicht, Thomas." Er wollte protestieren, aber sie ließ ihn nicht zu Wort kommen. „Ich bin noch nicht fertig. Wenn ich dich heirate, dann wirst du nicht herausfinden, dass du doch lieben kannst." Cheyenne lächelte ihn tapfer an, obwohl sie am liebsten geweint hätte. „Diese ganzen Hotelzimmer sind ja äußerst verlockend, aber ich muss dich abweisen. Es ist das Beste für dich."
Thomas schob sie von seinem Schoß. „Ich bin kein Kind mehr, das man mit ,es ist zu deinem Besten' abspeisen kann."
Das Wort „abspeisen" hätte Cheyennes Entschluss beinahe noch ins Wanken gebracht. Aber sie beherrschte sich gerade noch rechtzeitig. Sie wusste, dass sie Recht hatte. Wenn sie ihn jetzt heiratete, würde er sich nie in sie verlieben. Vielleicht würde er sich ja nie verlieben. Aber man konnte ja nicht wissen.
Vielleicht verliebte er sich eines Tages ja doch. In eine andere Frau.
„Was mich angeht, so hat unsere kleine Unterhaltung nie stattgefunden." Erschrocken zuckte Cheyenne zusammen, als Thomas' scharfe Worte sie unsanft aus ihren Gedanken rissen.
Er stand auf und sagte kühl: „Wir sollten Davy nichts davon erzählen. Das hier betrifft ihn nicht."
„O doch. Davy ist der alleinige Grund."
Thomas blickte über ihre Schulter. „Da kommt er. Du kannst dich weiter um ihn kümmern, bis wir abreisen."
„Ich werde dafür sorgen, dass ihm sein Aufenthalt hier unvergesslich bleibt."
„Das Wort ,unvergesslich` ist verdammt schlecht gewählt." Er ließ sie einfach stehen und ging davon, ohne sich noch einmal umzudrehen.
Er spricht nicht von Davy, dachte sie.
Cheyenne blickte Thomas hinterher, als er mit großen Schritten den Raum durchquerte und die Lobby betrat, wo Davy schon mit einem erwartungsvollen, freudigen Gesichtsausdruck auf ihn zulief.
Thomas irrte sich, und zwar gewaltig. Er konnte es leugnen, solange er wollte, aber Cheyenne wusste es besser. Es lag ihm doch etwas an den Menschen. Und von da aus war es nur ein kleiner Schritt bis zur Liebe. Ein kleiner, aber doch enorm schwieriger Schritt. Seine Verhandlungspartner kannten Thomas Steele als knallharten Geschäftsmann. Irgendwie komisch, dachte Cheyenne, dass tief in seinem Innern ein kleiner Junge steckt, der Angst hat zu lieben. Und Angst hat zu vertrauen. Seine so trotzig wiederholte Aussage, er sei nicht fähig zu lieben, ist nichts anderes als ein Schutzwall, den er um sich her errichtet hat. Die Frau, die diesen Schutzwall durchbrach, würde dafür reichlich belohnt werden.
Und Cheyenne hatte genau das vor.
Sie hätte seinen Heiratsantrag nur zu gern angenommen, da machte sie sich nichts vor. Aber nicht zu diesen Bedingungen. Eine solche Ehe hätte Thomas' Ängste und Zweifel noch geschürt. Nein, er musste ihr gestehen, dass er sie liebte.
Sie wusste, dass er es tat. Er musste es sich nur eingestehen..
Cheyenne konnte nicht mehr sagen, wann sie sich eigentlich in ihn verliebt hatte. Vielleicht an dem Tag, als er in den Fluss gefallen war, weil er Davy zu Hilfe hatte eilen wollen. Oder während des Aufenthalts in New York, als sie entdeckt hatte, dass sich hinter all dieser Ablehnung ein empfindsamer Mann verbarg.
Thomas gab Davy zum Abschied einen Klaps auf die Schulter, und der. Junge sagte noch etwas und rannte dann lachend zu Cheyenne.
„Können wir los?" fragte er atemlos. „Es ist schon tierisch spät."
Ja, dachte Cheyenne, es ist wirklich sehr spät. Die Zeit lief ihr davon.
Sie musste etwas tun, um alles wieder ins Lot zu bringen. Und das schnell.
„Warum hat deine Mutter eigentlich meine zum Mittagessen auf die Ranch eingeladen?" fragte Thomas mit gedämpfter Stimme und betrachtete stirnrunzelnd das Bild, das sich ihm bot. Seine Mutter hatte während des Essens die Unterhaltung an sich gerissen, und Mrs. Lassiter lauschte höflich und nickte ab und zu.
Cheyenne sah ihn gespielt unschuldig an. „Meine Mutter mag Davy und dich. Da ist es doch nur logisch, dass sie auch deine Mutter kennen lernen will." Man konnte Thomas einiges nachsagen, eins war er jedoch nicht: auf den Kopf gefallen. Er wusste ganz genau, wer all das hier eingefädelt hatte, und war darüber äußerst ungehalten.
Und auch Cheyenne war bitter
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