Kleines Lexikon christlicher Irrtümer - von Abendmahl bis Zungenreden
angestrengtes Nachdenken kaum lohnt. Friedrich D. E. Schleiermacher jedenfalls hielt Gottes Trinität nicht für eine direkte Gotteserfahrung, und der Reformator Philipp
Melanchthon meinte: »Die Geheimnisse der Gottheit sind besser anzubeten als zu erforschen.«
Es gibt das GRABTUCH Jesu
Im Turiner Dom wird ein großes, mit Flicken, Brand- und Wasserflecken übersätes Leinentuch aufbewahrt, auf dem bei genauem Hinsehen das Bild der Vorder- und Rückseite eines menschlichen Körpers zu erkennen ist. Dieses zunächst unspektakulär scheinende Tuch ist seit Jahrhunderten immer wieder der Auslöser eines unendlich scheinenden Streits zwischen Theologen, Historikern und weiteren Wissenschaftlern, denn es wird von vielen Gläubigen als Grabtuch Jesu angesehen, in dem Jesus nach seinem Tod begraben wurde. Das Markusevangelium erzählt nämlich, Josef von Arimathäa habe sich den Leichnam Jesu von den Römern erbeten und er »kaufte ein Leinentuch und nahm ihn ab (vom Kreuz) und wickelte ihn in das Tuch und legte ihn in ein Grab, das war in einen Felsen gehauen« (Markus 15,46).
Das Turiner Tuch ist der am häufigsten untersuchte historische Gegenstand der Menschheitsgeschichte. Doch weder Herkunft und Entstehungszeit noch die Frage, wie das Bild überhaupt auf das Tuch gekommen ist, konnten bis heute zweifelsfrei geklärt werden. Ist das Grabtuch echt und zeigt es tatsächlich das Aussehen Jesu? Oder ist es nur ein raffiniertes Kunstwerk? Künstlerische Jesusdarstellungen hat es jedenfalls einschneidend beeinflusst. Seit dem Auftauchen des Tuches wurde Jesus fast ausschließlich in Anlehnung an die Abbildung auf dem Tuch dargestellt. Oder war es etwa andersherum und ein geschickter Fälscher hat es hergestellt, der sich an damals gängigen Jesusbildern orientierte?
Zurückverfolgen lässt sich die Geschichte des Turiner Tuches jedenfalls nur bis in das Jahr 1357. Bis es dann 1578 in Turin ankam, wechselte es mehrfach den Besitzer, machte viele Reisen mit und überstand Brände, denen es seine Flecken verdankt. Die Echtheit des Tuches wurde schon damals immer wieder in Frage gestellt und bis heute wird es von der katholischen Kirche vorsichtigerweise nur als Ikone, also als Ehrfurcht erweckendes Bildnis, bezeichnet und nicht als Reliquie.
Als der Fotograf Secondo Pia 1898 bemerkte, dass das Bild auf dem Grabtuch im Negativ viel deutlicher zu erkennen ist, rief er damit die ersten Wissenschaftler auf den Plan, die bis heute nicht müde werden, dem Tuch mit allen erdenklichen Methoden und komplizierten Untersuchungen zu Leibe zu rücken: Experimente mit Abdrücken, Fotografien, Malereien, um festzustellen, wie das Bild aufs Tuch gekommen ist – mal mit mehr, mal mit weniger Erfolg. Altersbestimmungen, die zu gegensätzlichen Ergebnissen kamen, Untersuchungen des Stoffs und der daran befindlichen Pollen und Pflanzenteile. Dabei fand man neben noch nicht vollständig entzifferten Schriftzeichen unter anderem heraus, dass es sich offensichtlich tatsächlich um den Abdruck eines Menschen handelt, der misshandelt und gekreuzigt wurde. Wie und wann der Abdruck allerdings auf das Tuch kam und wen der Abdruck zeigt, bleibt völlig ungeklärt.
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HALLELUJA wird nur in Kirchen gesungen
In unzähligen Kirchenliedern kommt dieses fremdartig klingende Wort vor. »Halleluja« sagt auch manch einer, der nach einem Schrecken erleichtert aufseufzt. Aber was sagt man eigentlich mit diesem Wort aus? Und wird es tatsächlich nur in Kirchen gesungen? Der Ausruf »Halleluja« kommt aus dem Hebräischen und bedeutet so viel wie »Lobet Gott« oder – da das »-ja« als Abkürzung für den Gottesnamen Jahwe steht, der allerdings wegen seiner besonderen Heiligkeit bei den Juden bis heute nicht ausgesprochen, sondern meist durch das Wort »Herr« ersetzt wird — »Lobet den Herrn«.
Obwohl dieser Ausruf im Neuen Testament nur im letzten Buch, der Offenbarung des Johannes, einige Male auftaucht, hat man sich ihn auch in der christlichen Liturgie zueigen gemacht und singt oder betet ihn in den Gottesdiensten. Am häufigsten jedoch findet er sich als einleitendes oder abschließendes Lob in den Psalmen des Alten Testaments. Spätestens mit dieser Erkenntnis wird klar: Nein, »Halleluja« wird nicht nur in Kirchen gesungen. Der Ausruf entstammt der jüdischen Tradition und ist nach Rabbi Josua ben Levi sogar das größte Lob Gottes, da Lob und Gottesname hier in einem Wort zusammengefasst werden. In der jüdischen Tradition antwortete die
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