Kleines Lexikon christlicher Irrtümer - von Abendmahl bis Zungenreden
das sich bis heute erhalten hat. Auch im Neuen Testament finden sich Aussagen, die unsere Vorstellungen von der Hölle beeinflusst haben. »So wird es auch am Ende der Welt gehen: Die Engel werden ausgehen und die Bösen von den Gerechten scheiden und werden sie in den Feuerofen werfen; da wird Heulen und Zähneklappern sein« (Matthäus 13, 49f), heißt es zum Beispiel, oder: »Geht weg von mir, ihr Verfluchten, in das ewige Feuer, das bereitet ist dem Teufel und seinen Engeln!« (Matthäus 25,41). Schon die frühen Kirchenväter verfassten drastisch ausgemalte Höllenschilderungen. Augustinus steuerte die Vorstellung von einer ewigen Verdammnis in der Hölle bei, die von der katholischen Kirche heute noch vertreten wird. »Die schlimmste Qual der Hölle besteht im ewigen Getrenntsein von Gott«, heißt es im Katechismus der katholischen Kirche. Während Reformator Johannes Calvin davon ausging, Gott habe die Hölle für einige Menschen schon vor aller Zeit vorgesehen, meinte Luther, jemand, der seine Fehler erkenne, umkehre und im Glauben auf Gottes Barmherzigkeit hoffe, der müsse keine Höllenstrafen
fürchten. Allerdings gibt es auch seiner Ansicht nach eine ewige Hölle für die verdammten Menschen.
Die großen christlichen Konfessionen vertreten heute keine ausführlichen Lehren über die Hölle, da es die frohe Botschaft vom liebenden, versöhnenden Gott sei, die den christlichen Glauben ausmache. Man sollte daraus allerdings nicht einfach auf einen lieben Kuschelgott schließen – letztendlich hat sich jeder vor Gott zu verantworten. Sicher kann man sich eine Hölle heute kaum noch als realen Ort vorstellen. Sie ist eher ein Zustand, in den sich jemand selbst begeben würde, würde er Gottes Liebe bewusst und endgültig zurückweisen. Ein Zustand völliger, selbsthervorgerufener Verlassenheit.
Im Christentum gibt es keinen HOKUSPOKUS
Weihwasser, wundertätige Heilige, Rosenkränze, vom Papst persönlich gesegnet, auf katholischer Seite; Heilungsgottesdienste, in denen stundenlang der Heilige Geist herbeigefleht wird und Menschen verzückt aus ihren Rollstühlen auf- oder in der Gegend herumspringen auf evangelischer – Humbug, werden Außenstehende sofort sagen, abergläubischer Hokuspokus. Und auch die Christen selbst betonen immer wieder: Gott lässt sich nicht verfügbar machen, weder über geweihte Gegenstände noch durch Anrufungen des Heiligen Geistes lässt sich Gott von Menschen manipulieren. Die Reformatoren wandten sich besonders kritisch gegen die Aspekte des katholischen Glaubenslebens, die die Menschen dazu verleiten konnten anzunehmen, Gott lasse sich über irgendwelche Umwege vielleicht doch beeinflussen. Heilige und geweihte Gegenstände hielten sie für überflüssig, jeder Mensch solle sich allein auf seinen Glauben an die Liebe Gottes verlassen. Auch die Bibel spricht sich sowohl im Alten als
auch im Neuen Testament deutlich gegen jede Zaubereigläubigkeit aus. »Die Zauberinnen sollst du nicht am Leben lassen« (2. Mose 22,17), heißt es da und in der Apostelgeschichte wird von gerade bekehrten Christen berichtet: »Viele aber, die Zauberei getrieben hatten, brachten die Bücher zusammen und verbrannten sie öffentlich« (19,19). Jesus ist sich bewusst, dass seine Wundertätigkeit nur allzu leicht als Zauberei und Dämonenwerk missverstanden werden kann. Er lehnt es ab, sich zu beweisen, und stellt nach der Heilung von Menschen immer wieder fest: »Dein Glaube hat dir geholfen« (Lukas 7,50).
Zauberei und Aberglaube gehören also tatsächlich nicht zum christlichen Glauben. Und dennoch sind Menschen damals wie heute von solchen Wundern fasziniert. Sind nicht doch magische Mächte im Spiel, wenn Jesus zu der verstorbenen Tochter des Jairus sagt: »Talita kum! – das heißt übersetzt: Mädchen, ich sage dir, steh auf! Und sogleich stand das Mädchen auf und ging umher« (Markus 5,41). Und wie war das bei Mose, der auf Gottes Ratschlag hin vor den Augen des durstigen Volkes mit einem Stab gegen einen Felsen schlug, aus dem daraufhin Wasser hervorkam (2. Mose 17,6)? Zu gerne möchte manch einer glauben, dass es doch besondere Gestalten mit magischen Kräften gibt, die geheimnisvolle Mächte zum eigenen Nutzen beeinflussen können. Ähnlich könnte es den Menschen zu der Zeit gegangen sein, als die katholische Messe noch in lateinischer Sprache gehalten wurde. Hielt man die unverständlich rätselhaften Worte »hoc est enim corpus meum«, auf deutsch: »dies ist nämlich mein Leib«,
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