Kleines Lexikon der Reise-Irrtuemer
Fragen auf: Wann ist man hilfsbedürftig? Wann befindet man sich in einer Notlage? Und was beinhaltet die erforderliche Hilfe? Hier gehen die Vorstellungen weit auseinander, wovon so mancher Konsularbeamter ein Lied singen kann: von Touristen beispielsweise, die sich über ihr Hotelrestaurant beschweren (kein Wiener Schnitzel!, keine deutschsprachige Speisekarte!) und meinen, der Beamte solle Druck auf den Reiseveranstalter ausüben (ich will mein Geld zurück!, ich gehe zur Botschaft!). Wenn sie dann hören, dass dies nicht zum Aufgabenbereich des Konsularbeamten und schon gar nicht des Botschafters zählt, sind sie empört. Auch die Weigerung von Konsulatsmitarbeitern, bei der Suche nach verlorenen Handys zu helfen oder Ersatzführerscheine auszustellen, sorgt immer wieder für Verdruss. Nicht einmal einen Personalausweis können sie anfertigen. Ist denn das die Möglichkeit? Jawohl, das ist sie.
Ein Schnitzelmangel im Restaurant ist keine Notlage. Man müsste sich schon buchstäblich totärgern, damit das Konsulat zum Zuge käme: Bei Todesfällen kann es die Benachrichtigung der Hinterbliebenen in Deutschland veranlassen und ihnen bei der Organisation der Leichnamsüberführung helfen.
Die am häufigsten vorkommende objektive Notlage ist der Verlust von Zahlungsmitteln (Bargeld, Kreditkarte, EC-Karte, Schecks) und Ausweispapieren, sei es aus Schusseligkeit, sei es wegen eines Diebstahls (siehe hierzu auch »Vor TASCHENDIEBEN kann man sich schützen«). Zur großen Enttäuschung vieler unverhofft Mittelloser verschenkt das Konsulat aber kein Geld. Die Hilfe besteht stattdessen zunächst aus Informationen: Wie können Verwandte oder Bekannte ganz schnell Geld schicken? Anbieter wie Western Union versichern, in Deutschland eingezahlte Beträge innerhalb von Minuten in fast jedes Land der Welt zu transferieren. Der Empfänger kann das Geld dann mit Personalausweis oder Reisepass abholen (falls die Papiere ebenfalls weg sind, vereinbart man ein Passwort).
Mit Argumenten wie »mein Vater ist zu geizig« oder »meine Mutter kriegt einen Herzinfarkt, wenn sie erfährt, dass ich überfallen wurde« oder »ich kenne niemanden, den ich um Geld bitten könnte« kommt man nicht weiter. Nur in Ausnahmefällen gibt es ein Überbrückungsgeld von bis zu 24,99 Euro, das man später zuzüglich Gebühren erstatten muss. Höhere Darlehen sind in extremen Notsituationen möglich, aber meist findet sich ein Freund oder Angehöriger, der dem Reisenden finanziell unter die Arme greift. Die Konsularbeamten helfen dabei, jene Freunde und Angehörige zu kontaktieren und ihnen die Abwicklung zu erklären. Kommen dabei Telefon- oder Faxkosten von mehr als fünf Euro zusammen, muss auch diese Auslage später zurückgezahlt werden.
Komplizierter sind die Vorgänge, wenn Ausweispapiere auf Reisen abhandenkommen. Wer innerhalb Europas seinen Personalausweis verliert, kann immer noch auf den Reisepass zurückgreifen – und umgekehrt (beides sollte man mitnehmen, siehe auch »Vor Taschendieben kann man sich schützen«). Bei Fernreisen ist der Reisepass ein Muss, doch weder Botschaften noch Konsulate können Reisepässe herstellen, dazu ist ausschließlich die Bundesdruckerei in Berlin in der Lage. Produktion und Zustellung dauern aber oft länger als die geplante Reise: Expresspässe werden zwar innerhalb von 72 Stunden angefertigt und an das Auswärtige Amt in Berlin geliefert, von dort startet der diplomatische Kurier zu den Auslandsvertretungen aber nur im wöchentlichen bis 14-täglichen Rhythmus. Touristen, die einen früheren Rückflug nach Deutschland (oder Weiterflug in ein anderes Land) gebucht haben, müssen entweder umbuchen oder ein Passersatzpapier beantragen.
Für Nonstop-Flüge nach Hause reicht der »Reiseausweis als Passersatz zur Rückkehr in die Bundesrepublik Deutschland« – ein simples und preisgünstiges Dokument. Wer nicht direkt nach Deutschland fliegt, braucht einen aufwendigeren und teureren »vorläufigen Reisepass«. Zur Weiterreise in die USA oder zum Umsteigen auf einem US-Flughafen ist zusätzlich ein Visum erforderlich. Auch gibt es Länder, die Gäste nur mit Einreisestempel im Pass wieder ausreisen lassen. Gäste ohne Einreisestempel brauchen ein Ausreisevisum.
Um einen neuen Pass oder ein Passersatzpapier im Konsulat zu beantragen, muss man die Diebstahl- oder Verlustanzeige der Polizei im Gastland vorlegen, Passfotos abgeben und eine Gebühr bezahlen. Sehr hilfreich sind außerdem Fotokopien der
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