Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kleines Lexikon der Reise-Irrtuemer

Kleines Lexikon der Reise-Irrtuemer

Titel: Kleines Lexikon der Reise-Irrtuemer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nele-Marie Bruedgam
Vom Netzwerk:
Nackenhaare potenzieller Kunden keine Erregung erkennen lassen. Das ist gut für beide Seiten. Für den Anbieter, da er so ein größeres Publikum anspricht. Für den Kunden, da er mit gutem Gefühl eine Studienreise mit privatem Guide von Turkmenistan über Usbekistan nach Kirgisistan unternehmen kann, die rechtlich eine Pauschalreise ist.
    Die Weltgeschichte der Pauschalreise begann am 5. Juli 1841. An jenem Tag fand eine organisierte Zugreise für 500 Teilnehmer statt, sie führte vom britischen Leicester zu einem Antialkoholikertreffen im etwa 12 Kilometer nördlich gelegenen Ort Loughborough. Organisator war der Laienprediger und Abstinenzler Thomas Cook, der im Anschluss an die erfolgreiche Tour immer mehr, längere und weitere Reisen organisierte. Damit legte er das Fundament für den heutigen internationalen Touristikkonzern Thomas Cook, zu dem unter anderem das deutsche Unternehmen Neckermann Reisen gehört. Dessen Gründer Josef Neckermann brachte 1963 die ersten Pauschalreisen auf den deutschen Markt. Er bot preisgünstige Flug- und Hotelpakete an und machte dadurch die Ferienflugreise für neue, große Kundengruppen zugänglich.
    Heute reicht das Spektrum der Pauschal- beziehungsweise Veranstalterreisen (die ich im Folgenden der Einfachheit halber nur Pauschalreise nenne) vom klassischen Bade-Urlaub (Flug plus Transfer plus Hotel plus Verpflegung) bis zur Studienrundreise in der Gruppe, vom Ski-Wochenende über die Tauchreise bis zur mehrmonatigen Weltumrundung, von der Karibik-Kreuzfahrt bis zur Autotour quer durch die USA. Alle Reisearten, bei denen ein professioneller Veranstalter dem Kunden mindestens zwei »touristische Hauptleistungen« (wie etwa Flug und Wohnmobil, Hotel und Mietwagen, Hotel und Golfkurs) verkauft, sind Pauschalreisen sowohl im juristischen Sinne als auch im allgemeinen Branchenverständnis. Die große Mehrheit der Pauschalreiseangebote wird in Katalogen präsentiert und über Agenturen vertrieben (beispielsweise stationäre Reisebüros, Internetshops oder freie Reiseagenten). Der Marktanteil der vorgefertigten Pauschalreisepakete geht seit einiger Zeit zurück. Demgegenüber steigt der Prozentsatz an Pauschalreisen, die aus dem Veranstaltersortiment individuell zusammengestellt werden. Also zum Beispiel: Hin- und Rückflug ab und zum Wunschort am Wunschtermin plus Hotel und Verpflegung nach Wahl. Oder auch: Hin- und Rückflug plus zwei Inlandsflüge plus vier Hotelunterkünfte nach Wahl.
    In der Regel sind sowohl fixe als auch individuell erstellte Pauschalreisen preisgünstiger als die Summe einzeln gebuchter Leistungen. Darüber hinaus bergen Pauschalreisen weniger Risiken als Selbstbucherreisen, denn der Veranstalter ist per Gesetz verpflichtet, alle gebuchten Reiseteile durchzuführen. Wer eine Kreuzfahrt pauschal mit Fluganreise gebucht hat, muss sich keine allzu großen Sorgen machen, wenn das Flugzeug verspätet ankommt. Das Schiff wird nicht auf einen von tausend Passagieren warten. Aber der Veranstalter muss seinen Kunden zum nächsten Hafen der Kreuzfahrt bringen und, falls nötig, für Hotelunterkunft und Verpflegung aufkommen, bis der Passagier an Bord gehen kann. Ein Tourist, der Kreuzfahrt und Flug separat gebucht hat, muss seine verspätete Ankunft selbst ausbaden.
    Seit einem klärenden Urteil des Bundesgerichtshofes gehört die kostenlose Reisepannenhilfe auch bei Rail & Fly-Tickets, die über Veranstalter gekauft wurden, zum Pauschalpaket: Erreicht ein Zug den Flughafen mit mehrstündiger Verspätung und ein Rail & Fly-Kunde verpasst dadurch seinen Abflug, muss der Veranstalter einen neuen Flugschein besorgen. Falls nötig muss er außerdem den Transfer zu einem anderen Flughafen finanzieren sowie gegebenenfalls für Hotel und Verpflegung bis zum tatsächlichen Abflug aufkommen. Selbstverständlich sind Veranstalter gegenüber Kunden auch dann in der Pflicht, wenn Flug oder Hotel überbucht sind, wenn die im Katalog erwähnte Klimaanlage fehlt oder wenn anstelle des bestellten (und im Voraus bezahlten) Deluxe-Zimmers nur ein Standard-Zimmer zur Verfügung steht. Wer ohne Veranstalter gebucht hat, muss in solchen Fällen auf sein Anrecht verzichten oder selbst zusehen, wie er es durchsetzt. Pauschalreisende können sich bei der Reiseleitung (oder anderen Repräsentanten des Veranstalters) beschweren und die Erbringung der gebuchten Leistungen einfordern. Falls dies nicht hilft, besteht die Möglichkeit, im Nachhinein einen Schadensersatz zu erhalten. Im Streitfall

Weitere Kostenlose Bücher