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Kleines Lexikon der Reise-Irrtuemer

Kleines Lexikon der Reise-Irrtuemer

Titel: Kleines Lexikon der Reise-Irrtuemer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nele-Marie Bruedgam
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privat nutzen werde. Andererseits: Vielleicht wird aus der Privatreise im Nachhinein ein Job. Es ist schon mehrfach passiert, dass ich nach einer Urlaubsreise einen Artikel über das Reiseziel veröffentlicht habe.
    Hotel- und Veranstaltervergünstigungen habe ich allerdings noch nie privat in Anspruch genommen. Beim Hotel fände ich es peinlich, bei Veranstalterreisen nutze ich fast immer den Preisvergleichs- und Beratungsservice im Reisebüro – es wäre schäbig, die Infos einzukassieren und dann zu Pressekonditionen beim Veranstalter zu buchen, sodass das Reisebüro nichts davon hat.
    Empfehle ich eine Airline, einen Autovermieter oder die Bahn in meinen Reiseartikeln öfter oder eindringlicher, als ich es täte, wenn ich keine Ermäßigung bekäme? Ich denke: nein. Auf vielen Strecken ist die Lufthansa, die keine Rabatte an Journalisten vergibt, der günstigste Dienstleister, und das erfahren selbstverständlich auch meine Leser. Bei Autovermietern bevorzuge und nenne ich am liebsten diejenigen, die alle Versicherungen und Gebühren im Pauschalpreis einrechnen – mit Presserabatten hat das nichts zu tun. Und ich bin überzeugt, dass die Bahn oft Vorteile gegenüber Auto und Flugzeug bietet (siehe auch »Die deutsche BAHN ist ein einziges Ärgernis«), ganz gleich, ob ich gerade im Besitz einer Journalisten-Bahncard bin oder nicht.
    Aber vielleicht hinterlassen Bevorzugungen im Unterbewusstsein doch Spuren, die sich auf das Handeln auswirken könnten? Psychologen behaupten das, und es klingt plausibel. Beeinflussbar wäre ich dann aber auch durch charismatische Redner auf Pressekonferenzen, überraschende Promotion-E-mails, ansprechend gestaltete Infomappen – all das, mit dem jeder Journalist, der über Produkte berichtet, tagtäglich konfrontiert ist. Wer sein Handwerk gelernt und Erfahrungen gesammelt hat, der sollte in der Lage sein, trotz Einflussnahme das Gute vom Schlechten und das Interessante vom Banalen zu unterscheiden.
    Rabatte für Privatreisen sind das eine, Einladungen zu Recherchereisen sind das andere: Jährlich bekomme ich etwa 50 bis 100 Gratisreisen zu Recherchezwecken angeboten – von Fremdenverkehrsämtern, Reedereien, Fluggesellschaften, Hotels und Veranstaltern. Aufgrund der verschenkten Reisen erhoffen sie sich positive Berichterstattung. Wie soll man damit umgehen? Es gibt Journalisten, die fast ununterbrochen auf Gratispressereisen sind und ausschließlich über solche Touren berichten. Andere (sehr wenige) akzeptieren niemals diese Art von Einladungen. Die meisten nehmen hin und wieder Reiseeinladungen an, ungefähr zwei bis vier im Jahr, das ist normal (und so mache ich es auch).
    Selbstverständlich ist es schöner, eigene Reiseideen zu entwickeln, ungewöhnliche Orte auf eigene Faust zu erkunden, spannende Unternehmungen auf eigene Initiative zu realisieren, alle Kosten selbst zu tragen und unabhängig von der Reiseindustrie zu bleiben. Nur: Bei Honoraren von bisweilen unter 100 und selten mehr als 1000 Euro pro Artikel ist das schier unmöglich. Es gibt nur sehr wenige Redaktionen, die angestellten oder freien Journalisten die Kosten erstatten. Wenn Reporter ihre Reisen selbst bezahlen, zahlen sie in der Regel drauf. Deshalb müssen sie Einladungen annehmen. Manchmal sind damit zum Glück nicht nur finanzielle Vorteile verbunden. Es kommt vor, dass Gastgeber richtig gute Reisevorschläge machen, auf die man von selbst nicht käme.
    Außerdem bleibt die Möglichkeit, initiativ um Unterstützung zu bitten. Entwerfe ich ein Reisethema – allein oder gemeinsam mit einer Redaktion – und beginne dann, die Recherchereise zu organisieren, frage ich schon mal beim zuständigen Tourismusbüro an, ob es mir ein vergünstigtes Hotel, einen Tourguide für eine Wanderung oder einen preiswerten Mietwagen vermitteln kann. Vielleicht bekomme ich ermäßigte Tickets für Rundfahrten und Besichtigungen? Solche Bettelei ist nicht angenehm, aber gang und gäbe. Oft stellen die Tourismusinstitutionen dann nicht nur vergünstigte Leistungen zur Verfügung, sondern kostenlose.
    Wenn unter einem Reiseartikel in der Welt steht, »Die Reise wurde unterstützt von xy«, kann der Leser davon ausgehen, dass »xy« die Reise teilweise oder komplett finanziert und oft auch initiiert hat. Auf diese Weise spielt die Welt mit nur halb verdeckten Karten, das ist löblich im Vergleich zum Großteil aller anderen Medien (darunter beispielsweise auch die FAZ, Spiegel Online, die Süddeutsche Zeitung) , die das

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