Klex in der Landschaft
und hämmerte auf seinen Tisch. Lady Maud schlurfte drohend auf ihn zu. »Wachtmeister, nehmen Sie diese Frau fest.«
»Euer Ehren», sagte Mr. Turnbull, »Ich bitte Sie inständig ...« Doch es war zu spät. Als Lady Maud ihren Vormarsch fortsetzte, wurde sie von zwei Polizisten an den Armen gepackt, die offenbar aufgrund der Annahme eingriffen, ein ehemaliger Richter am obersten Gerichtshof müsse seine Gesetze besser kennen als sie. Es war ein schrecklicher Fehler. Sogar Sir Giles fiel das auf. Neben ihm schrie Mr. Turnbull, dies sei ein gesetzwidriger Akt, und hinter ihm war die Hölle los, da ein Teil des Publikums aufsprang und nach vorn drängte. Als seine Frau, immer noch Beschimpfungen ausstoßend, aus dem Gerichtssaal geschleift wurde, als Lord Leakham immer noch vergeblich und lauthals die Räumung des Saals verlangte, als es zu Schlägereien kam und Fenster zu Bruch gingen, da hing Sir Giles schlaff auf seinem Sitz und dachte über das Scheitern seiner Pläne nach. Unten richteten die Fernsehleute, durch die Schreie und die aus den Saalfenstern auf ihre Köpfe regnenden Glasscherben alarmiert, ihre Kameras auf die Tür des Gerichtssaals, wo zwischen zwei Polizisten eine gerupfte und auf einmal überraschend friedliche Lady Maud auftauchte. Irgendwo zwischen Saal und Kameras war ihr Kostüm ziemlich obszön verrutscht, ein Schuh war abhanden gekommen, ihr Rock wies höchst anstößige Risse auf, und anscheinend hatte sie sogar zwei Vorderzähne verloren. Noch während sie tapfer zu lächeln versuchte, brach sie auf dem Gehsteig zusammen, dann zerrte man sie vor den laufenden Kameras quer über den Marktplatz zur Polizeiwache. »Hilfe«, schrie sie, während die Menge eine Gasse bildete. »Helft mir bitte.« Und Hilfe war unterwegs. Eine kleine, dunkle Gestalt kam aus dem Gerichtsgebäude gerast und stürzte sich auf den größeren der beiden Polizisten. Durch Klex’ Vorbild inspiriert, warfen sich etliche Markthändler in das Getümmel. Von der Menschenmenge vor den Kameras geschützt, machte Lady Maud ihre Autorität wieder geltend. »Klex«, sprach sie streng, »laß die Ohren des Wachtmeisters los. « Klex ließ sich zu Boden fallen, und die Händler wichen gehorsam zurück. »Wachtmeister, walten Sie Ihres Amtes«, sagte Lady Maud und ging voran in Richtung Polizeirevier. Die Menge hinter ihr wandte nun ihre Aufmerksamkeit dem Rolls-Royce Lord Leakhams zu. Äpfel und Tomaten prasselten gegen das alte Gerichtsgebäude. Unter zustimmendem Gebrüll der Zuschauer versuchte Klex im Alleingang, den Wagen umzukippen, und wurde sofort von einigen Dutzend Bauern unterstützt. Als Lord Leakham, von einem Polizeiaufgebot begleitet, das Gerichtsgebäude verließ, fand er seinen Rolls auf der Seite liegend vor. Etliche Schlagstockeinsätze waren nötig, um eine Gasse durch die Menge zu bahnen, und die ganze Zeit über zeichneten die Kameras die öffentliche Reaktion auf die geplante Autobahn durch die Cleene-Schlucht getreulich auf. In der Ferret Lane gingen Schaufenster zu Bruch. Vor dem Ziege und Becher angekommen, wurde Lord Leakham durch einen Eimer kaltes Wasser bis auf die Haut durchnäßt. Im Kirchhof brachte man ihm mittels eines abgebrochenen Grabsteins eine Gehirnerschütterung bei, und als er endlich das Vier Federn erreichte, mußte man die Feuerwehr rufen, damit sie durch Einsatz ihrer Spritzen, eine das Hotel belagernde Menschenmenge zerstreute. Inzwischen brannte der Rolls- Royce lichterloh, und Gruppen betrunkener Jugendlicher zogen durch die Straßen, um ihre Loyalität zur Familie Handyman zu demonstrieren, indem sie Straßenlaternen zerschlugen. In ihrer Zelle auf dem Polizeirevier holte Lady Maud ihr Gebiß aus der Tasche und lächelte über die lautstarke Festivität. Falls der Preis für Gerechtigkeit das ewige Licht der Öffentlichkeit war, stand ihr ganz sicher eine faire Verhandlung bevor. Sie hatte das erreicht, was sie sich vorgenommen hatte.
Kapitel 6
In London begrüßte das Kabinett, das zusammengetreten war, um mit einer erneuten Verschlechterung in der Zahlungsbilanz fertigzuwerden, die Nachrichten über die Unruhen in Worford weit weniger begeistert. Die Schlagzeilen der Abendzeitungen meldeten die Verhaftung der Frau eines Unterhausabgeordneten, doch es blieb den Fernsehnachrichten überlassen, Millionen von Haushalten die Vorstellung zu suggerieren, Lady Maud sei das Opfer brutaler und verabscheuungswürdiger Polizeiübergriffe geworden.
»O mein Gott«, kommentierte der
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