Klex in der Landschaft
Weißburgunder zu halten) zum Abschluß gebracht worden. Und danach eine Pêche Maud, mit der Lord Leakham den Versuch unternommen hatte, seine geschwürbedingten Magenkrämpfe zu lindern. Die Dosenpfirsiche gingen ja noch an, aber die Eiskrem war mit einer Mischung aus Gewürznelken und Muskat durchsetzt worden, und was den Kaffee betraf ...
Wie er nun die Stufen der Vier Federn hinunterhumpelte, in der vergeblichen Hoffnung, seinen Wagen zu erreichen ein Verkehrspolizist hatte ihn entfernen lassen –, wie er so die Ferret Lane entlanghinkte und den Kirchhof überquerte, begleitet von seinem ekelhaften Gastgeber, da läuteten Lord Leakhams innere Organe das Totenglöcklein für das kleine bißchen Beherrschung, das er vor dem Essen noch an den Tag gelegt hatte. Als er schließlich am alten Gerichtsgebäude ankam, um dort von einer großen Menschenmenge aus Bauern und deren Frauen ausgebuht zu werden, war er kaum noch ein pensionierter Richter, sondern eher ein aktivierter Brandsatz. »Sorgen Sie dafür, daß sich diese verfluchten Lümmel entfernen«, herrschte er Sir Giles an. »Ich werde mich hier keinem Rowdytum aussetzen.«
Sir Giles rief das Polizeirevier an und bat, man möge einige Männer zum Gerichtsgebäude schicken. Als er neben Lady Maud Platz nahm, stand fest, daß sich die Dinge nicht so entwickelten, wie er es erwartet hatte. Lord Leakhams Teint war von furchtbaren Flecken verunstaltet, und als er mit dem Hammer auf den Richtertisch klopfte, zitterte seine Hand. »Die Anhörung wird fortgesetzt«, sagte er mit heiserer Stimme. »Ruhe im Gerichtssaal.« Der Saal war überfüllt, und der Richter mußte ein zweites Mal hämmern, ehe es still wurde. »Der nächste Zeuge.«
Lady Maud erhob sich. »Ich will eine Stellungnahme abgeben«, sagte sie. Lord Leakham sah sie widerwillig an. Für entzündete Mägen war Lady Maud nicht der rechte Anblick. Sie war riesig groß, und ihr Benehmen ließ an etwas Unverdauliches denken.
»Wir sind nicht hier, um uns Meinungsäußerungen anzuhören«, stellte der Richter fest, »sondern um eine Beweisaufnahme abzuhalten.«
Mr. Turnbull stand auf. »Euer Ehren«, sagte er respektvoll, »im Rahmen dieser Untersuchung handelt es sich bei der Meinung meiner Klientin um Beweismaterial.«
»Meinungsäußerungen sind keine Beweise«, sagte Lord Leakham. »Ihre Klientin, wer auch immer sie sein mag ...«
»Lady Maud Lynchwood vom Herrenhaus Handyman, Euer Ehren«, teilte Mr. Turnbull ihm mit.
»... ist berechtigt, jede Meinung zu vertreten, nach der ihr der Sinn steht«, fuhr Lord Leakham fort, wobei er die Urheberin des Poule au Pot Eduard der Vierte mit unverhohlenem Abscheu anstarrte, »aber vor diesem Gericht darf sie eine solche nicht äußern und erwarten, daß das als Beweis anerkannt wird. Die Beweisverfahrensordnung müßten Sie doch kennen, mein Herr.« Trotzig rückte Mr. Turnbull seine Brille zurecht. »Die Regeln für das Beweisverfahren gelten, bei allem schuldigen Respekt vor der Auffassung Euer Ehren, nicht unter den gegebenen Umständen. Meine Klientin steht nicht unter Eid und ...«
»Ruhe im Gerichtssaal«, knurrte der Richter, an einen betrunkenen Farmer aus Guildstead Carboneil gewandt, der sich mit seinem Nachbarn über Schweinepest unterhielt. Mit einem kläglichen Blick zu Lady Maud nahm Mr. Turnbull Platz. »Nächster Zeuge«, sagte Lord Leakham.
Lady Maud gab nicht klein bei. »Ich erhebe Protest«, verkündete sie in einem derart gebieterischen Ton, daß es im Saal mucksmäuschenstill wurde. »Diese Untersuchung ist eine Farce ...«
»Ruhe im Gerichtssaal«, schrie der Richter. »Ich lasse mir nicht den Mund verbieten«, schrie Lady Maud zurück. »Das hier ist kein Gerichtssaal ...«
»Und ob das einer ist«, knurrte der Richter.
Lady Maud zögerte. Natürlich war der Gerichtssaal ein Gerichtssaal. Daran war nicht zu rütteln. »Was ich sagen wollte ...«, fing sie an. »Ruhe im Gerichtssaal«, brüllte Lord Leakham, dessen Magengeschwüre zielsicher auf die nächste Krise zusteuerten. Lady Maud sprach die geheimsten Gedanken des Richters aus. »Sie sind nicht in der Lage, diese Untersuchung durchzuführen«, rief sie, unterstützt von etlichen Stimmen aus dem Publikum. »Sie sind ein seniler alter Trottel. Ich habe ein Recht, angehört zu werden.«
Auf dem Richterstuhl hatte Lord Leakhams fleckiger Kopf die Farbe reifer Pflaumen angenommen, und seine Hand griff zum Hammer. »Ich verurteile Sie wegen Mißachtung des Gerichts«, schrie er
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