Klex in der Landschaft
abgemacht«, sagte Miss Boles.
»Ist das Ihr Ernst?«
»Nenn mich doch Sally«, sagte Miss Boles und lehnte sich an ihn.
»O Sally ...«, setzte Dundridge an und fühlte sich plötzlich ausgesprochen müde, »... ich würde Sie wirklich gern viel öfter sehen.«
»Das wirst du, mein Schatz, das wirst du«, sagte Miss Boles und nahm die Autoschlüssel aus seinen reglosen Fingern. Dundridge hatte das Bewußtsein verloren. *
In London lag Sir Giles auf dem Rücken im Bett, während Mrs. Forthby die Riemen fester zog. Damit es echter wirkte, zappelte er gelegentlich kurz und gab ein heiseres Wimmern von sich, aber Mrs. Forthby war, wenigstens nach außen, unnachgiebig. Das Drehbuch in Sir Giles’ Phantasie legte Wert auf brutale Unnachgiebigkeit, und Mrs. Forthby gab sich alle Mühe. Besonders gut konnte sie es nicht; sie war eine Seele von einem Menschen, und eigentlich war es gar nicht ihre Art, Leute zu fesseln und auszupeitschen, ja, sie lehnte die Prügelstrafe sogar prinzipiell ab. Daß sie auf Sir Giles’ Wünsche überhaupt einging, lag in erster Linie an ihrer Progressivität. »Wenn es dem armen Mann Spaß macht, habe ich nicht das Recht, nein zu sagen«, lautete ihre Devise. Wenn Sir Giles mitten in seinem Ritual steckte, mußte sie allerdings regelmäßig nein sagen. Und obwohl Mrs. Forthby nicht von Natur aus brutal war, konnte man es sich bei gedämpftem Licht wenigstens gut vorstellen, und man mußte ihr lassen, daß sie recht kräftig war und ihr Kostüm – es gab mehrere – sehr überzeugend zur Schau trug. Heute abend war sie die Katzenfrau, Miss Dracula, die mit ihrem hilflosen Opfer experimentierende grausame Geliebte. »Nein, nein«, wimmerte Sir Giles.
»Doch, doch«, entgegnete Mrs. Forthby.
»Nein, nein.«
»Doch, doch.«
Mit Gewalt öffneten Mrs. Forthbys Finger Sir Giles den Mund und stopften einen Knebel hinein. »Nein ...« Es war zu spät. Mrs. Forthby pumpte den Knebel auf und lächelte tückisch auf ihn herab. Ihre schweren Brüste schwebten bedrohlich über ihm. Ihre behandschuhten Hände ...
Mrs. Forthby ging in die Küche und machte eine Kanne Tee. Während sie wartete, daß das Wasser im Kessel kochte, knabberte sie gedankenverloren an einem verdauungsfördernden Keks. Manchmal hatte sie die oberflächliche Bindung zu Sir Giles satt und sehnte sich nach einer festeren Beziehung. Sie mußte mal mit ihm darüber reden. Sie wärmte die Teekanne vor, tat zwei Teebeutel hinein, noch einen dritten für die Kanne, und goß das kochende Wasser hinein. Schließlich wurde sie allmählich alt und fand Gefallen an der Vorstellung, Lady Lynchwood zu sein. Sie schaute sich in der Küche um. Wo hatte sie bloß den Deckel der Teekanne hingelegt? Auf dem Bett kämpfte Sir Giles mit seinen Fesseln und blieb dann still liegen. Angenehm erschöpft legte er sich auf den Rücken und wartete auf seine grausame Geliebte. Er mußte lange warten. Zwischen einzelnen Erregungsschüben mußte er wieder an Dundridge denken. Hoffentlich hatte Hoskins nicht alles versaut. Das war nämlich das Ärgerliche bei Untergebenen, man konnte ihnen nicht trauen. Sir Giles zog es vor, sich persönlich um alles zu kümmern, aber es stand zu viel auf dem Spiel für ihn, da konnte er sich an der Ausführung dieser Operation nicht eigenhändig beteiligen. Erst der Stock und dann die Möhre. Er fragte sich, was die Möhre wohl kosten würde. Zwei-, drei-, viertausend Pfund? Teuer. Dann kamen noch Hoskins’ fünftausend hinzu. Aber die Sache war es wert. Ein Profit von 150000 Pfund, das war es wert. Gleiches galt für die Aussicht auf Mauds Wut, wenn ihr klar würde, daß man die Autobahn durch die Schlucht baute. Geschah dem Miststück recht. Aber wo blieb Mrs. Forthby? Warum kam sie nicht wieder?
Mrs. Forthby trank ihre Tasse Tee aus und goß nach. Ihr wurde ziemlich heiß in dem engen Kostüm. Vielleicht sollte sie ein Bad nehmen. Sie stand auf, ging ins Bad und drehte den Wasserhahn auf, ehe ihr einfiel, daß sie noch etwas erledigen mußte. »Altes Dummchen, sowas von vergeßlich«, murmelte sie und hob den dünnen Rohrstock auf. Die grausame Geliebte, Miss Dracula, begab sich ins Schlafzimmer und schloß die Tür. *
Klex saß in seiner Bücherei im Pförtnerhaus und las Sir Arthur Bryant. Doch seine Gedanken waren nicht beim Zeitalter der Anmut. Sie glitten immer wieder zu Maud, Mrs. Wynn, Dundridge und Sir Giles zurück. Außerdem konnte er den Prinzregenten nicht besonders leiden. Ein schlimmer Finger, wenn
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