Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Klex in der Landschaft

Klex in der Landschaft

Titel: Klex in der Landschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Sharpe
Vom Netzwerk:
erklärte Dundridge. »Was ist damit? Ich setze die Untersuchung am Montag fort. Hat es nicht so lange Zeit?«
    »Leider nein«, sagte Dundridge. »Die Sache ist die, daß wir als Ergebnis einer gründlichen wissenschaftlichen Untersuchung der sozioökologischen und ergänzenden geognostischen Faktoren vor Ort ...«
    »Großer Gott«, sagte Lord Leakham, »wollten Sie nicht kurz mit mir sprechen ...«
    »Nach reiflicher Überlegung sind wir zu dem Schluß gekommen«, fuhr Dundridge, mannhaft um eine zum Anlaß passende Ausdrucksweise ringend, fort, »daß, ausgehend von –«
    »Wo soll’s lang gehen? Ottertown oder die Cleene-Schlucht? Spucken Sie’s schon aus, Mann!«
    »Ottertown«, gestand Dundridge.
    »Nur über meine Leiche«, sagte Lord Leakham. »Ich hoffe nicht«, sagte Dundridge, seine wahren Gefühle verbergend. »Da gibt’s allerdings noch etwas, worüber Sie meiner Meinung nach Bescheid wissen sollten. Wahrscheinlich ist Ihnen klar, daß die Regierung äußerst großen Wert darauf legt, neue negative Schlagzeilen über die Autobahn zu vermeiden ...«
    »Sie können nicht erwarten, daß fünfundsiebzig nagelneue gemeindeeigene Sozialbauten abgerissen werden, ohne daß es zu negativen Schlagzeilen kommt«, gab Lord Leakham zu bedenken.
    »Und der Schadensersatzprozeß«, fuhr Dundridge fort, »den Lady Lynchwood gegen Sie anzustrengen beabsichtigt, wird zwangsläufig –«
    »Gegen mich?« schrie der Richter. »Sie beabsichtigt –«
    »Wegen widerrechtlicher Festnahme«, sagte Dundridge. »Das ist Sache der Polizei. Wenn sie irgendwelche Beschwerden hat, soll sie gefälligst die Verantwortlichen verklagen. Wie auch immer, kein normaler Richter würde zu ihren Gunsten entscheiden.«
    »Soviel ich weiß, will sie einige recht prominente Bürger als Zeugen benennen«, sagte Dundridge. »Deren Aussage lauten wird, Sie seien betrunken gewesen.«
    Lord Leakham lief puterrot an.
    »Und gegen Anwesende ausfallend geworden«, ergänzte Dundridge und biß die Zähne zusammen. »Ungebührliches Benehmen nicht zu vergessen. Sie seien sogar nicht einmal mehr fähig gewesen ...«
    »WAS?« brüllte der Richter derart ungestüm, daß sich etliche ältere Patienten eilig in Sicherheit brachten und diverse Tauben vom Krankenhausdach flatterten.
    »Kurz gesagt«, fuhr Dundridge fort, als das Echo auf der anderen Seite des Kirchhofs verhallt war, »sie ist entschlossen, Ihren Ruf zu schädigen. Natürlich muß der Minister das alles mit in Betracht ziehen, das sehen Sie doch auch so?« Es war jedoch fraglich, ob Lord Leakham irgend etwas sah. Er hatte sich auf eine Bank fallen lassen und starrte mit aschfahlem Gesicht auf seine Pantoffeln. »Natürlich«, sagte Dundridge, seinen Vorteil nutzend, »ist auch der Eindruck recht weit verbreitet, daß Sie ihr gegenüber voreingenommen sind, was die Schlucht betrifft.«
    »Voreingenommen?« schniefte Lord Leakham. »Die Strecke durch die Schlucht bietet sich an.«
    »Nämlich wegen des Zivilprozesses, den sie einleiten will. Wenn Sie sich allerdings für Ottertown entschieden ...«Dundridge ließ die Folgerung offen. »Sie glauben, dann würde sie ihren Entschluß noch einmal überdenken?«
    »Da bin ich ziemlich sicher«, sagte Dundridge. »Genauer gesagt, ich bin davon überzeugt.«
    Als er zum Handyman-Wappen zurückging, war Dundridge ganz zufrieden mit seiner Leistung. Seine Verzweiflung hatte ihm eine völlig ungewohnte Redegewandtheit verliehen. Am Morgen würde er mit Sir Giles über die tausend Pfund sprechen. Er aß früh zu Abend, ging auf sein Zimmer, verriegelte die Tür und sah sich die Fotos noch einmal an. Dann knipste er das Licht aus und dachte über verschiedenes nach, was er mit Miss Boles nicht angestellt hatte, ein Versäumnis, das er im nachhinein bereute. Dieses Miststück zu erdrosseln, beispielsweise.
    *
    Im Haus Handyman speisten Sir Giles und Lady Maud allein. Ihre Tischgespräche sprühten nur selten vor Geist und beschränkten sich in der Regel auf einen erbittert geführten Meinungsaustausch, doch diesmal waren sie alle beide gut gelaunt. Dundridge hieß der Grund für ihre Hochstimmung. »Welch ein vernünftiger junger Mann«, sagte Lady Maud und nahm sich etwas Spargel. »Der Tunnel ist die richtige Lösung, da bin ich sicher.«
    Sir Giles hatte so seine Zweifel. »Ich tippe auf Ottertown«, meinte er. Lady Maud sagte, sie hoffe nicht. »Ich finde, es ist ein Jammer, diese armen Menschen aus ihren Häusern zu werfen. Sie wären bestimmt genauso

Weitere Kostenlose Bücher