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Klex in der Landschaft

Klex in der Landschaft

Titel: Klex in der Landschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Sharpe
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starken Mann, der wußte, wie wichtig Kinder, Küche und Kirche waren, erobert zu werden. In Dundridge würde sie ihn nicht finden. »Dummes kleines Eselchen weiß nicht, was ihm entgeht«, sagte sie und stieg ins Bett.
    *
    Draußen wußte das dumme kleine Eselchen nur zu gut, was ihm entging: die Heimfahrt. Er hatte das Rad noch einmal gewechselt, den Wagenheber heruntergekurbelt und festgestellt, daß sein Reserverad von Anfang an platt gewesen war. Er stieg wieder ins Auto und versuchte, sich etwas einfallen zu lassen. In der Nähe bewegte sich etwas schwer durchs Gras, und ein Nachtvogel rief. Dundridge machte die Wagentür zu. Er konnte nicht die ganze Nacht da sitzen bleiben. Er stieg aus dem Wagen, quälte sich die Auffahrt hoch bis zum Haus und klingelte.
    Oben stieg Lady Maud aus ihrem Bett und knipste das Licht an. Das dumme kleine Eselchen war also doch zurückgekommen. Damit hatte sie nicht gerechnet. Sie schnappte sich einen Lippenstift, beschmierte hastig ihre Lippen, puderte ihr Gesicht und tupfte hinter jedes Ohr eine Portion Chanel. Schließlich zog sie ihren Pyjama aus, schlüpfte in ein durchsichtiges Neglige, ging nach unten und öffnete die Haustür.
    »Verzeihen Sie mein Eindringen, aber ich habe leider eine Reifenpanne«, sagte Dundridge nervös. Lady Maud lächelte wissend.
    »Eine Reifenpanne?«
    »Ja, genaugenommen zwei.«
    »Zwei Pannen?«
    »Ja. Zwei«, bestätigte Dundridge, dem durchaus bewußt war, wie unwahrscheinlich die Behauptung klang, man habe gleichzeitig zwei platte Reifen.
    »Dann kommen Sie mal lieber rein«, forderte Lady Maud ihn eifrig auf. Dundridge zögerte.
    »Dürfte ich vielleicht eine Werkstatt anrufen ...?« Aber davon wollte Lady Maud nichts wissen. »Das dürfen Sie natürlich nicht«, sagte sie. »Es ist viel zu spät, da kommt keiner mehr bis hier raus.« Sie nahm ihn beim Arm, zog ihn ins Haus und schloß die Tür. »Tut mir schrecklich leid, daß ich Ihnen so zur Last falle«, sagte Dundridge, aber Lady Maud brachte ihn zum Schweigen.
    »Was sind Sie bloß für ein dummer Junge«, gurrte sie. »Kommen Sie erstmal nach oben, und dann werden wir sehen, ob wir ein Bettchen für Sie finden.«
    »Das ist aber ...«, begann Dundridge, doch es hatte keinen Zweck. Sie drehte sich um und ging die Marmortreppe voraus, ein parfümgeschwellter Spinnaker. Dundridge folgte ihr kläglich.
    »Sie bekommen dieses Zimmer«, sagte sie, als sie im ersten Stock angelangt waren und sie das Licht anmachte. »Sie gehen jetzt runter ins Bad und waschen sich, und ich bereite das Bett vor.«
    »Ins Bad?« sagte Dundridge und starrte sie verdutzt an. Im trüben Licht der Eingangshalle hatte er Lady Maud nur als körperlosen Umriß wahrgenommen, doch nun erkannte er das ganze Ausmaß ihrer üppig wuchernden Reize; auch ihr Gesicht war wirklich außergewöhnlich. Lady Maud lächelte, ein blutrot klaffender Schlund mit Zähnen. Und erst das Parfüm! »Den Gang entlang, dann links.«
    Dundridge stolperte den Gang entlang und probierte mehrere Türen, bis er das Bad fand. Er trat ein und verschloß die Tür. Als er wieder herauskam, war es dunkel im Gang. Er hangelte sich vor bis zum ersten Stock und versuchte krampfhaft, sich zu erinnern, welches Zimmer sie ihm gegeben hatte. Endlich fand er eins, dessen Tür offen stand. Drinnen war es dunkel. Dundridge tastete nach dem Lichtschalter, der jedoch nicht an der erwarteten Stelle war.
    »Ist da jemand?« flüsterte er, bekam aber keine Antwort. »Das muß das Zimmer sein«, murmelte er und schloß die Tür. Er schob sich durch das Zimmer bis zum Bettende vor. Vom Fenster kam ein schwacher Lichtschein. Beim Auskleiden fiel Dundridge auf, daß der Duft von Lady Mauds Parfüm immer noch schwer in der Luft hing. Er trat zum Fenster, öffnete es und bewegte sich dann vorsichtig, um sich nicht die Zehen anzustoßen, zum Bett zurück und stieg hinein. Dabei wurde ihm allmählich klar, daß irgend etwas absolut schieflief. Aus der Bettwäsche drang ein überwältigender Duftstoß Chanel Nr. 5. Gleiches galt für Lady Maud. Ihre Arme umfingen ihn, und mit einem heiseren »Oh, du schlimmer Junge« preßte ihr Mund sich auf den seinen. Im nächsten Augenblick war Dundridge total umschlungen. Um ihn schienen sich Dinge zu wickeln, riesige furchtbare Dinge, Beine, Arme, Brüste, Lippen, Nasen und Schenkel, die ihn hochhoben, sich um ihn schlangen und dann wieder in der Ekstase wildgewordenen Fleisches niederdrückten. Er zappelte verzweifelt, während Lady

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