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Klex in der Landschaft

Klex in der Landschaft

Titel: Klex in der Landschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Sharpe
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Versuche, sie zum Tanzen etwas weniger komplizierter Dinge zu bewegen, wurden von ihr ignoriert.
    »Sie halten sich prächtig«, betonte sie und trat ihm auf die Zehen. »Ihnen fehlt lediglich ein wenig Übung.«
    »Wie wär’s mit etwas Modernem?« fragte Dundridge. »Moderne Tänze sind so unromantisch«, sagte Maud und legte eine neue Schallplatte für einen Quickstep auf. »Dabei geht jede Intimität verloren.«
    Aber Dundridge war nicht an Intimität interessiert. »Ich werde wohl mal ein Pauschen einlegen«, sagte er und humpelte zu einem Stuhl. Doch Lady Maud wollte nichts davon wissen. Sie wirbelte ihn aufs Parkett und setzte zu einer ganzen Serie von halben Drehungen an, wobei sie ihn mit einer Entschlossenheit, die keinen Widerspruch duldete, an ihren Busen preßte. Als die Platte zu Ende war, sprach Dundridge ein höfliches Machtwort. »Ich sollte mich jetzt wirklich auf die Socken machen«, sagte er.
    »Was? Jetzt schon? Nur noch ein klitzekleines Gläsilein Schampus«, sagte Lady Maud, womit sie etwas voreilig in die Kindersprache verfiel.
    »Meinetwegen«, sagte Dundridge und zog die Skylla Alkohol der Charybdis Tanzfläche vor. Sie begaben sich mit ihren Gläsern in den Wintergarten, wo sie eine Weile zwischen den Farnen herumstanden.
    »Was für eine herrliche Nacht. Kommen Sie, wir gehen auf die Terrasse«, sagte Lady Maud und packte ihn am Arm. Sie stützten sich auf die steinerne Brüstung und schauten in die Dunkelheit der Schonung hinaus.
    »Jetzt fehlt uns nur noch romantisches Mondlicht«, murmelte Lady Maud und wandte sich ihm zu. Dundridge schaute zum nächtlichen Himmel auf. Er hätte schon längst im Bett sein müssen, und außerdem konnte nicht einmal der Champagner die Tatsache verschleiern, daß er sich in einer problematischen Situation befand. In letzter Zeit war er einer Menge problematischen Situationen ausgesetzt gewesen, die für den Rest seines Lebens ausreichten, und von der Aussicht, daß Sir Giles unerwartet nach Hause zurückkehrte und ihn morgens um eins beim Champagnertrinken mit seiner Frau auf der Terrasse ertappte, war er nicht sehr angetan.
    »Sieht nach Regen aus«, meinte er, um das romantische Mondlicht vom Tapet zu bringen.
    »Dummerchen«, flötete Lady Maud. »Es ist eine wunderschöne sternenklare Nacht.«
    »Ja. Tja, ich sollte mich jetzt wohl wirklich auf den Heimweg machen«, beharrte Dundridge. »Es war ein phantastischer Abend.«
    »Nun ja, wenn es denn sein muß ...« Sie gingen wieder ins Haus zurück. »Noch ein letztes Gläschen ...?« fragte Lady Maud, aber Dundridge humpelte kopfschüttelnd den Korridor hinunter.
    »Sie müssen mich mal wieder besuchen«, sagte Lady Maud, als er in seinen Wagen stieg. »Je eher, desto besser. Seit Urzeiten hab’ ich mich nicht mehr so amüsiert.« Sie winkte zum Abschied, und Dundridge fuhr die Einfahrt hinunter. Er kam nicht sehr weit. Mit der Lenkung schien etwas nicht zu stimmen, denn das Auto driftete mächtig nach links ab, und er hörte ein pochendes Geräusch. Dundridge hielt, stieg aus und ging nach vorn.
    »Mist«, sagte Dundridge, als er den Platten fühlte. Er holte den Wagenheber aus dem Kofferraum. Nachdem er den Wagen hochgebockt und das linke Vorderrad abgeschraubt hatte, brannte im Herrenhaus kein Licht mehr. Aus dem Kofferraum holte er das Reserverad und schraubte es fest. Dann kurbelte er den Wagenheber runter und verstaute ihn. Anschließend stieg er wieder ins Auto, ließ den Motor an und fuhr los. Er hörte ein pochendes Geräusch, und der Wagen zog nach links. Dundridge fluchte und hielt.
    »Ich muß den Platten wieder aufgezogen haben«, murmelte er und kramte den Wagenheber raus.
    *
    Im Haus knipste Lady Maud traurig das Licht im Ballsaal aus. Sie hatte den Abend genossen und bedauerte nur, daß er so zahm geendet hatte. Zu Anfang hatte sie gedacht, Dundridge sei für ihre wenigen Reize durchaus empfänglich. »Männer«, sagte sie verächtlich beim Auskleiden und betrachtete sich nüchtern im Spiegel. Sie war die erste, die zugab, daß sie nach modernen Schönheitsidealen nicht allzu attraktiv war, doch andererseits hatte sie auf moderne Ideale gleich welcher Art nie viel gegeben. Die Welt, für die sie lebte, schätzte kräftige Dinge – große Frauen, schwere Möbel, gesunden Appetit und starke Gefühle. Für die Gegenwart mit ihrem Geschwätz über Sex, ihren weibischen Männern, knabenhaften Frauen und ihren Abmagerungskuren hatte sie nichts übrig. Sie sehnte sich danach, von einem

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