Klex in der Landschaft
verpassen. Andererseits machte er sich Sorgen, weil er von Sir Giles Bestechungsgeld angenommen hatte. Er freute sich schon auf Lady Mauds Jammer, wenn sie erführe, daß Haus Handyman nun doch abgerissen würde, aber bei dem Gedanken an die Reaktion ihres Mannes war ihm gar nicht wohl. Seine Sorgen waren unbegründet. Sir Giles, der nicht im Weg stehen wollte, wenn das Ungewitter losbrach, hatte sich vorsichtshalber bereits vor Bekanntgabe der Entscheidung geschäftlich nach London verzogen. Jedenfalls sprach ihm Hoskins Mut zu. »Wegen Giles brauchen Sie sich keine grauen Haare wachsen zu lassen«, versicherte er Dundridge. »Lady Maud wird Ihnen an den Kragen wollen.« Dundridge wußte genau, was das bedeutete. »Wenn sie anruft, bin ich nicht im Haus«, schärfte er dem Mädchen in der Telefonzentrale ein. »Vergessen Sie das nicht. Für Lady Maud bin ich nie da.«
Während Hoskins sich um die Einzelheiten der neuen Streckenplanung kümmerte und dafür sorgte, daß Ankündigungen von Zwangsenteignungen angeschlagen wurden, verbrachte Dundridge einen Großteil seiner Zeit im Außendienst, was bedeutete, daß er in seinem Apartment saß und nicht ans Telefon ging. Um sich mit irgendwas zu beschäftigen und um seinem Titel »Autobahnkontrolleur für Mittelengland« wenigstens eine gewisse Glaubwürdigkeit zu verleihen, machte er sich an die Planung von Strategien, wie man der Bürgerinitiative gegen die Bauarbeiten, die Lady Maud seiner Meinung nach ganz sicher ins Leben rufen würde, den Wind aus den Segeln nehmen könnte.
»Das Überraschungsmoment ist von ausschlaggebender Bedeutung«, erklärte er Hoskins.
»Das hat sie auf ihrer Seite«, gab Hoskins zu bedenken. Er hatte im Lauf der Zeit die Zwangsräumung zu vieler widerspenstiger Wohnungsinhaber veranlaßt, um sich von Lady Maud einschüchtern zu lassen; außerdem rechnete er damit, daß Sir Giles ihre Anstrengungen unterminierte. »Sie macht uns keine Schwierigkeiten, das werden Sie schon sehen. Wenn es soweit ist, zieht sie aus. Das tun sie alle. Das Gesetz will es so.« Dundridge war nicht überzeugt. Aus persönlicher Erfahrung wußte er, wie wenig Lady Maud sich um Gesetze scherte. »Es kommt auf rasches Handeln an«, erklärte er. »Rasch handeln?« sagte Hoskins. »Beim Autobahnbau kann man nicht rasch handeln. Es ist nun mal ein langwieriger Prozeß.«
Dundridge fegte seine Einwände beiseite. »Wir müssen die Schlüsselstellungen angreifen, die Befehlspositionen einnehmen; wir dürfen die Initiative nicht aus der Hand geben«, schloß er wichtigtuerisch.
Hoskins sah ihn zweifelnd an. Seine militärische Ausdrucksweise war er nicht gewohnt. »Schauen Sie, alter Junge, ich kenne Ihre Gefühle und so weiter, aber ...«
»Das tun Sie nicht«, widersprach Dundridge heftig. »Aber eigentlich wollte ich sagen, daß es gar nicht nötig ist, irgendwas Kompliziertes anzuleiern. Lassen Sie den Dingen nur ihren natürlichen Lauf, und Sie werden merken, daß die Leute sich daran gewöhnen. Es ist verblüffend, wie anpassungsfähig die Menschen sind.«
»Genau das macht mir Sorgen«, sagte Dundridge. »Also, im wesentlichen beruht mein Plan auf willkürlichen Ausfällen.«
»Willkürliche Ausfälle?« sagte Hoskins. »Womit denn, um alles in der Welt?«
»Planierraupen«, antwortete Dundridge und breitete eine Karte des Bezirks aus.
»Planierraupen? Sie können doch nicht Planierraupen durch die Gegend gurken und willkürliche Ausfälle durchführen lassen«, sagte der inzwischen gründlich beunruhigte Hoskins. »Gegen was zum Teufel sollen sie denn willkürlich ausfallend werden?«
»Gegen strategisch wichtige Gebiete«, sagte Dundridge, »Fernmeldeeinrichtungen. Brückenköpfe.«
»Brückenköpfe? Aber –«
»Meiner Meinung nach«, fuhr Dundridge ungerührt fort, »müssen wir hier mit dem größten Widerstand rechnen.« Er deutete auf die Cleene-Schlucht. »Strategisch gesehen ist dies das entscheidende Gebiet. Wenn wir es einnehmen, haben wir gesiegt.«
»Es einnehmen? Sie können nicht einfach hinfahren und die Cleene-Schlucht einnehmen!« schrie Hoskins. »Der Autobahnbau muß in genau geplanten Phasen vor sich gehen. Bauunternehmer arbeiten nach einem Zeitplan, und an den haben wir uns zu halten.«
»Genau da liegt Ihr Denkfehler«, sagte Dundridge. »Unsere Taktik muß so aussehen, daß wir den Zeitplan gerade dann ändern, wenn der Feind am wenigsten damit rechnet.«
»Aber das ist unmöglich«, beteuerte Hoskins. »Sie können nicht
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