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Klex in der Landschaft

Klex in der Landschaft

Titel: Klex in der Landschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Sharpe
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Maud überlegte kurz. »Dann können wir immer noch sagen, es seien Einbrecher gewesen«, meinte sie schließlich.
    Klex dachte über Sinn und Folgen dieser Bemerkung nach und beschloß, daß sie ihm gefielen. »Ja, das könnten wir. Sehen wir uns das Ding mal an.«
    Sie gingen ins Haus, stellten sich in das Arbeitszimmer und musterten den Safe, der hinter einigen Büchern in die Wand eingelassen worden war.
    »Schwierig«, sagte Klex. Er ging ins benachbarte Eßzimmer und sah sich die Wand von der anderen Seite an. »Dabei wird allerhand beschädigt«, sagte er, als er zurückkam. »Beschädigen Sie ruhig, was Sie beschädigen müssen. Wenn wir nichts unternehmen, wird das Haus abgerissen. Was macht es schon aus, wenn wir es jetzt ein wenig demolieren? Das läßt sich alles reparieren.«
    »Aha«, sagte Klex, der langsam begriff. »Dann nehme ich einen Vorschlaghammer.« Er ging in den Werkstattschuppen im Garten und kam mit einem Vorschlaghammer, einem Stemmeisen und einer Brechstange wieder. »Sind Sie ganz sicher?« fragte er. Lady Maud nickte. Klex schwang den Vorschlaghammer gegen die Eßzimmerwand. Eine halbe Stunde später war der Safe aus der Wand gelöst. Sie trugen ihn gemeinsam ins Freie und legten ihn in der Auffahrt ab. Er war ziemlich klein. Klex drehte spielerisch am Knopf herum und dachte nach, was als nächstes zu tun sei. »Wir brauchen einen hochbrisanten Sprengstoff«, sagte er. »Dynamit würde genügen.«
    »Wir haben aber kein Dynamit«, gab Lady Maud zu bedenken, »und man kann nicht einfach in einen Laden gehen und welches kaufen. Könnten Sie kein Loch reinbohren und den Inhalt mit einem Draht rausangeln?«
    »Zu dick, und der Stahl ist zu hart«, sagte Klex. »Das ist wie die Panzerung an einem Panzer.« Er hielt inne. Wie ein Panzer.
    In dem Waffenlager, das er während des Krieges angelegt hatte, befand sich irgendwo ein Raketenwerfer. Er lag in einer länglichen Holzkiste mit der Aufschrift APIG, Anti-Panzer- Infanteriegeschoß. Wo hatte er die doch gleich vergraben?

Kapitel 17
    Als die Dämmerung über die Cleene-Schlucht hereinbrach, trat Klex mit einem Spaten in der Hand aus dem Pförtnerhaus. Er hatte zu Abend gegessen – Würstchen mit Kartoffelbrei – und war angenehm satt. Vor allem war er glücklich. Als er an der Parkmauer entlang nach Westen ging und genau die Stelle fand, wo er als Kriegsgefangener hinübergeklettert war, befiel ihn eine jungenhafte Aufregung. Das Stück Eisenzaun, das er an die Mauer gelehnt und als Kletterhilfe benutzt hatte, war immer noch da und rostete in einer mit Brennesseln bewachsenen Ecke vor sich hin. Klex zog es heraus, lehnte es an die Mauer und kletterte hoch. Zwar war der Stacheldraht verschwunden, doch als er rittlings auf der Mauer saß und dann auf die andere Seite sprang, verspürte er das gleiche Freiheitsgefühl wie Nacht für Nacht vor über dreißig Jahren. Nicht daß ihm das Lagerleben mißfallen hatte; er hatte sich freier gefühlt als je zuvor. Sich nachts davonzuschleichen und allein durch die Wälder zu streifen, bedeutete, dem Waisenhaus in Dresden und all den kleinlichen Beschränkungen seiner Kindheit zu entfliehen. Dadurch hatte er der Obrigkeit ein Schnippchen geschlagen und zu sich selbst gefunden.
    Als er sich nun durch das Farngestrüpp kämpfte und zwischen den Bäumen bergauf kletterte, war es genauso. Wieder tat er das Verbotene, und er genoß es. Nach einem knappen Kilometer immer den Hügel hinauf kam er an eine Lichtung. Hier mußte man sich links halten. Klex hielt sich links, folgte seinem alten Instinkt so sicher, als befände er sich auf einem Pfad, und kam im Licht der untergehenden Sonne hinter einem Steinhügel heraus, der früher einmal ein kleines Landhaus gewesen war. Dort ging er wieder den Hügel hinauf bis zu dem Baum, den er gesucht hatte. Es war eine große alte Eiche. Klex ging um den Stamm herum und fand die Kerbe, die er in die Rinde geritzt hatte. Dort ging er, seine Schritte zählend, vom Baum weg.
    Dann zog er sich die Jacke aus und fing an zu graben. Eine Stunde brauchte er, um auf das Waffenlager zu stoßen, aber sein Gedächtnis hatte ihn nicht im Stich gelassen. Er zog eine Kiste heraus, deren Deckel er mit einem Hammer aufbrach. Drinnen lag ein in Öltuch gewickelter, eingefetteter Granatwerfer. Er zerrte noch eine Kiste ans Licht – Granaten. Schließlich fand er, wonach er suchte: die lange Kiste und die Kartons mit den panzerbrechenden Raketen. Er setzte sich auf die Kiste und

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