Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Klick mich: Bekenntnisse einer Internet-Exhibitionistin (German Edition)

Klick mich: Bekenntnisse einer Internet-Exhibitionistin (German Edition)

Titel: Klick mich: Bekenntnisse einer Internet-Exhibitionistin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Schramm
Vom Netzwerk:
kann nicht funktionieren, das wissen wir. Trotzdem tun wir es. Immer und immer wieder. Sesemi nervt mich, ich tippe:
    @justica1984 Es ist ein Unterschied, ob ich Menschen herabwürdige, indem ich mich über ihre Situation lustig mache oder Die 140 Zeichen der Kurznachrichtenplattform sind erreicht, also schicke ich die Nachricht ab und tippe die nächste: von ihnen verlange, ihre Situation lustig zu finden. Die Betroffenen entscheiden, ob sie darüber lachen können, nicht wir
    @laprintemps Ich bin betroffen, ich bin Frau und ich sage, dass das lustig ist. Satire darf das
    Jetzt schaltet sich obendrein noch Leonard ein, der unter @hofst4dt3r twittert:
    @laprintemps @justica1984 Humor darf keine Rück sicht nehmen auf Gefühle, er muss die Absurdität menschlichen Daseins darstellen
    Immer dieses Wikipedia-Wissen, denke ich und tippe:
    @justica1984 @hofst4dt3r Humor darf vielleicht alles, aber SOLLTE nicht alles. Bezweifle, dass die Macker, die bei Barth ich drücke die Enter-Taste und setze erneut an: im Publikum hocken, eine grobe Ahnung von der gesellschaftlichen Funktion von Humor haben und nach der Vorstellung und noch eine Nachricht hinterher: twittern sie ihren Frauenhass dann fröhlich in die Welt hinaus. Ekelhaft
    @laprintemps @justica1984 @hofst4dt3r Und wie dramatisch ist das alles auf einer Skala von 0 bis Hitler?
    Jetzt auch noch anx und »Godwins Law« (es besagt, dass sich in jeder Online-Diskussion die Wahrscheinlichkeit für einen Vergleich mit Hitler oder den Nazis dem Wert Eins annähert.)
    @christanx @justica1984 @hofst4dt3r noch mal, ihr Ignoranten: viel zu oft wird das Abwerten von Menschen hinter Humor oder einem Augenzwinkern versteckt
    @laprintemps @justica1984 @hofst4dt3r willst du uns jetzt sagen, dass man auch über Hitler keine Witze mehr machen darf?
    @laprintemps @christanx @hofst4dt3r mal ehrlich, das Internet besteht aus Pornographie, Katzenbabys und Adolf Hitler
    @laprintemps @justica1984 @christanx ich sag nur »cats that look like hitler« :3
    @laprintemps @justica1984 @hofst4dt3r hehe
    Ach, sollen sie diese alberne Diskussion doch ohne mich weiterführen. Ich logge mich aus, in meinem Kopf entspinnt sich ein Blogpost über den Nihilismus 2.0.
    Alles wird im Internet lächerlich gemacht. Sucht man beispielsweise auf YouTube nach Hitler, kommt alles, nur keine Dokumentation. Stattdessen tauchen Nazis in allen Genres auf: Nazis und Zombies, Nazis und Sex, Nazis und Roboter, Nazis und Raumschiffe, Nazis und Action. Filmparodien wie die, in der Hitler gegen Darth Vader kämpft, und Remixe von Parodien. Hitler ist Synonym für das reine Böse und zugleich ein garantierter Lacher für jeden, der ihn heute noch über die Bühne zerrt. Es gibt keinen Diktator, der sich solch einer Beliebtheit erfreut. Es gibt sogar »Black Hitler« – eine stämmige, schwarze Frau, die voller Inbrunst eine Nebenrolle in einem Sketch spielt. Bei Spiegel On line springt einem auch mal ein T-Shirt entgegen: Ronald McDonald mit Hitlerbärtchen. Es ist überall. Wir haben das selbst ernannte Dritte Reich in ein Museum gesteckt, erschaudern wohlig angesichts seiner Bosheit und machen es zu einem Witz. Wir haben vergessen, dass die relativ freie Gesellschaft, in der wir heute leben, diese Insel der Glückseligkeit in einer Welt, die reich an veritablen Höllen ist, ihren Anfang im Unaussprechlichen nahm. Wahrscheinlich wäre es niemals so vermeintlich witzig, wenn dahinter nicht eben dieser unaussprechliche, kaum ertragbare Horror stünde. Und diese Fixierung auf den Horror verbietet Visionen einer besseren Welt? Ist Humor das Placebo, mit dem wir unsere Utopien ersetzen?
    Ich glaube, dass sogenannte Herrenwitze Menschheitsbremsen sind. Wie sie in ihrer kleinen, beschränk ten Kneipenwelt über alles Witze machen, was sie nicht verstehen, Frauen und Schwarze diskriminieren. Sie wollen sich nicht mit derlei auseinandersetzen, also lachen sie es weg. Drei Stunden lang heiter KZ -Witze erzählen, obwohl die eigene Familie ein Haufen von Blockwarten war. Und selbst das wird zum Witz: »Wie könnt ihr nur über so was lachen? Mein Opa ist im KZ ums Leben gekommen …« Alle schweigen betroffen. »… ist besoffen vom Wachturm gekippt.«
    Natürlich darf es diese Witze geben, auch sie gehören zur Meinungsfreiheit. Doch Humor wird schon seit der frühen Neuzeit dazu genutzt, den Gegner lächerlich zu machen. Vor allem die Kirche versuchte deswegen Kontrolle darüber zu erlangen, was Humor ist und was nicht. Aber auch

Weitere Kostenlose Bücher