Klickpfiff
erschienen andere Mörderwale und richteten unter den Delphinen ein Gemetzel an, bevor sie einen schützenden Ring um den größten von ihnen bildeten, der aus sich Kraftlinien wie eine Spinne Fäden herau s schickte. Die Linien liefen in die Luke hinein und verteilten sich dort, um sich an verschiedene Schaltstellen anzuheften. Die Rakete begann, sich in ihrem Schacht zu bewegen.
In diesem Augenblick sah er, wie die Delphine den Kö r per des toten Wals in das Luk schoben. Pearson spürte nichts von dem Blitz, der folgte. Er runzelte die Stirn, als er sich das zusammensetzte, was er gesehen hatte. Mörderwale hatten ein U-Boot angegriffen, und Delphine hatten sie d a von abgehalten. Aber warum? Er brauchte noch immer das Warum.
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Pearson spürte den rauhen Beton unter sich, sah das Be c ken neben sich, und dann verschwanden sie. Zuerst dachte er, er sei wieder im Wasser, wieder ein Delphin, aber das war er nicht. Er war … etwas anderes, woanders.
Voll Heiterkeit schwebte er in einer Flüssigkeit, die er nicht erkannte. Selbst für seine empfindliche Haut war ihre Viskosität etwas Besonderes. Sie war flüssiger als Wasser, und sie schmeckte gut, sie hatte einen besonderen Pfiff.
Die Flüssigkeit war zu gleicher Zeit farblos und farbig, mit tausend Farbschattierungen und doch klar. Er brauchte eine Zeitlang, bis ihm klar wurde, daß er Geräusche und G e schmack in Bilder übertrug. Die Flüssigkeit trug so viele Empfindungen in sich, daß sich seine Sinne zu überlastet vorkamen. Die Flüssigkeit war um so viel dicker als Wasser, wie Wasser dicker als Luft ist. Sie war das Element, in der sich seine Sinne ursprünglich entwickelt hatten. Er spürte, wie sein eigenes Bewußtsein sich losriß und angstgepeinigt vor der Erkenntnis weglief, daß er kein Delphin mehr war, daß er sich woanders als auf der Erde aufhielt und daß er eine Form hatte, die er sich nicht vorstellen konnte. Die Angst dauerte aber nur einen kurzen Augenblick, bis Klic k pfiff ihn wieder ganz im Griff hatte. Das Erlebnis intens i vierte sich, und Pearson erfaßte die Flüssigkeit mit allen se i nen Sinnen; sein gesamtes Wesen wurde ein vielfältiges Sinnesorgan, das in einem Meer von Empfindungen schwamm.
Mit seinen Ohren fing er Geräusche auf, die so fein w a ren, daß selbst sein Delphinsonar wie eine Art Taubheit e r schien. Durch die Flüssigkeit bewegte sich der Schall schneller als durch das Wasser, und er traf auf seine Ohren, als sei er in einer Echokammer, nur mit dem Unterschied, daß hier die Dinge vereinigt und nicht verzerrt wurden. Er fühlte jede Wellenbewegung der Flüssigkeit wie eine Bew e gung seiner eigenen Haut, die sich ins Endlose zu dehnen schien.
Er ließ sein Bewußtsein an ihr entlangwandern, und in e i ner Entfernung, die ihm wie tausend Meilen vorkam, spürte er winzige Vibrationen in ihr. Er spürte, wie sich andere se i ner Art ebenfalls darin bewegten wie zwei Menschen unter derselben Decke, nur daß es mehr den Anschein hatte, als teile er die gleiche Haut mit einer Gruppe von Identitäten.
Die leichteste Bewegung in riesiger Entfernung spürte er noch. Sie ließ seine Sensoren erzittern und machte ihn zu einem Teil der Bewegung. Alles berührte sich, alles war verbunden, und zwischen seinem Körper und dem Ozean schien es keine Trennungslinie zu geben. Seine äußere Haut war keine Grenze zwischen dem, was-er-war und dem, was-er-nicht-war.
Er war voll Staunen darüber, wie groß er wirklich war, wie riesig die Fläche seiner Haut war, und wie empfindlich sie noch aus so großer Ferne wirkte. Wie leicht war es, Fri e den zu finden, wenn es nur ein Selbst gab und nichts auße r halb. Wie leicht war es, sich nicht zu bewegen, und doch gab es keine Stagnation; eine einfache Drehung hier oder da brachte die Haut um die gesamte Einheit in Wellenbew e gung (konnte sie wirklich soviel größer als die Erde sein?). Er hatte eine Art amöbenähnliches Bewußtsein, daß das Selbst alles war, und alles das Selbst.
Er fühlte sich wie eine Schale, außerhalb derer es nichts von Bedeutung gab. Innerhalb der Schale – aber ‚Schale ’ war dafür ein zu fest gefügtes Wort – gab es sowohl Sens o ren als auch Sinneseindrücke. Er war eine vollständige Welt, sowohl Energieproduzent als auch Energieempfänger, s o wohl Stimulus als auch Gefühl, die Endentwicklung eines geschlossenen Systems, das sowohl die Empfindungen pr o duzierte als auch das Produzierte empfand, ein innerlicher Rückkoppelungskreis, ein
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