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Klingenfieber: Roman (German Edition)

Klingenfieber: Roman (German Edition)

Titel: Klingenfieber: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
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weil diese die Hüter der Kutscher waren, die bewaffneten Schalenwächter des geheimnisvollen Fruchtfleisches. Der Lächelnde hatte sich jedenfalls durch Stenreis Schwertgefuchtel nicht beeindrucken lassen. Dann hatte er wie spielerisch einen Kampf begonnen, mit beinahe so etwas wie einem Lachen im grün schattierten Gesicht. Bis Stenrei ihn schließlich erwischt hatte, voll getroffen. Und der Waldmann, der seine Waffe noch immer nur nachlässig und wie zum Spiel gehoben hatte, ihn erstaunt anschaute, verständnislos, um zu zittern und zu sterben wie ein überraschtes Kind.
    Es war furchtbar gewesen, furchtbar.
    Nun waren die Festspiele, jenes spielerische Messen und Drängen, Stenreis Ziel, weil sie eine erstklassige Möglichkeit boten, diese furchtbare Erinnerung neu zu übermalen. Er musste etwas tun, um das loszuwerden, so schnell wie möglich. Dass es in der Runde des Volkes nicht blutig, sondern vor allem unübersichtlich und turbulent zugehen würde, kam ihm wie gerufen. Deshalb riskierte er sogar eine Trennung von Erenis, der es sicherlich nicht die Welt bedeutete, ihn wiederzufinden. Es war wichtiger, dass er an diesen Festspielen teilnahm. Unaufschiebbar, wenn er jemals wieder ruhig schlafen wollte.
    Das Oval war im Grunde genommen von überall in Brendin Grya aus zu sehen. Um es herum war die Stadt errichtet worden. Dennoch fanden sich in der Zeltstadt verwirrende Anordnungen, gab es Rundführungen und Schiefkreuzungen, und einmal ging Stenrei deshalb – wie vor Kurzem auch in der Hochstadt – in die völlig falsche Richtung, und erst, als er sich umwandte, konnte er in all dem buntstoffigen Gewimmel das ruhige Grau des Ovals wieder ausmachen.
    Schließlich aber langte er dort an.
    Der ovale Bau war gar nicht besonders hoch, aber von schwindelerregender Weitläufigkeit. Das mächtige Doppelflügeltor stand offen, sodass man ins Innere hineinschauen konnte. Dort waren bereits Hunderte von Menschen – Männer und Frauen – mit Holzstangen, sodass die weite Sandfläche nahezu verwandelt schien in einen Hafen mit unzähligen schwankenden Masten. Und immer noch drängelten weitere Teilnehmer nach. Stenrei musste sich in einer Schlange anstellen und geduldig abwarten, bis er endlich an der Kontrollschranke stand.
    Ein fettleibiger Mann musterte ihn von oben bis unten. Stenrei legte das Schreiben des Grafen vor. Dann musste er eine Gebühr entrichten, die recht hoch war, denn sie entsprach etwa den Übernachtungskosten in einem luxuriösen Gasthaus. Stenrei bezahlte, ohne zu murren. Der Fette klärte ihn über die Regeln auf, was schnell vonstattenging: »Die letzten zehn, die noch stehen, qualifizieren sich für die Entscheidungsrunde am Tag danach. Wer liegt, scheidet aus, man kann sich also einfach fallen lassen, wenn einem alles zu viel wird. Wer einen anderen grob verletzt, wird von den Inspizienten aus dem Kampf genommen. Die Inspizienten tragen leuchtend gelbe Gewänder, wer einen von denen schlägt oder angreift, wird ebenfalls entfernt.«
    Stenrei sollte sein Schwert abgeben. Das tat er nur zögerlich, erhielt dafür aber einen Zettel mit einer Waffenlagernummer und einen Holzstab ausgehändigt. Anschließend wurde er noch von einem zweiten Kontrolleur auf verborgene Waffen abgetastet. Er sah, dass es weibliche Abtasterinnen gab, aber die waren nur für die weiblichen Teilnehmer zuständig. Er schätzte, dass auf jeweils drei Männer eine Frau kam bei dieser Runde des Volkes, was ziemlich beachtlich war. In Bosel und Umgebung hatte es nicht so viele kämpfende oder zumindest kampfeslustige Frauen gegeben wie hier in den Offenen Ländern. Die Teilnehmer jedoch schienen von überallher zu kommen. Er sah Menschen mit bizarren Haartrachten und in ausgefallenen Gewandungen. Er sah Menschen mit dunkler Haut, welche mit rituellen Vernarbungen, andere mit Mandelaugen, mit kupierten Ohren, mit Durchstechungen oder aufgeschminkten Teufelsfratzen. Waldmenschen oder die sagenumwobenen Quallenmenschen jedoch sah er nicht.
    Schließlich war er drinnen. Der weite offene Raum brodelte vor Erwartung. Es war ansteckend. Auch er fühlte sich auf angenehme Weise aufgeregt. Einzig Erenis’ Nähe erfüllte ihn mit einem ähnlichen Gefühl.
    Vielleicht würde sie ihm zuschauen.
    Aber wie sollte sie ihn unter diesen Hunderten bunter Leute überhaupt ausmachen können?
    Er fand es sehr schade, dass sie nicht teilnahm. In ihrer Nähe, in ihrem Windschatten sozusagen, hätte er sich eine gute Chance ausrechnen können,

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