Klingenfieber: Roman (German Edition)
mag. Und dem ich mehr vertraue. Wir kennen uns ja nun schon durch die ganze lange Reise aus der Hochstadt. Sehr angenehm. Elirou.« Lächelnd streckte sie ihm die Hand hin. Sie trug lauter bunte Ringe.
Er wusste nicht, wohin mit sich. Seine Schulter tat weh, als er ihre Hand ergriff und sagte: »Es ist mir ein sofortiges Vergnügen und eine zeitlose Ehre. Stenrei«, und damit war die Sache beschlossen. Die Floskel mit dem sofortigen Vergnügen und der zeitlosen Ehre hatte er einmal in einer Begebenheit gehört, die Llender Dinklepp zum Besten gegeben hatte. Aber im Moment erschien ihm alles, was er von sich gab, anzüglich und zweideutig.
Elirou jedenfalls freute sich wie ein Kind, klatschte sogar in die Hände. »Dann ist es abgemacht?«
»Ich … denke … schon.«
»Dann hole ich Euch morgen früh hier ab. Eigentlich schlafe ich tagsüber, aber für Euch mache ich Ausnahmen.« Mit diesen Worten eilte sie hinaus. An der Tür wandte sie sich noch einmal zu ihm um, winkte vergnügt und war verschwunden.
Das konnte ja was werden, dachte er sich. Natürliche Betätigungen. Die ganze Nacht lang. Wie sollte er da in dieser Kammer mit der Trennwand ein Auge zutun können?
Aber er würde mit einem Mädchen wohnen. Eindeutiger als mit Erenis, die beinahe nie den Raum mit ihm geteilt hatte, außer in Unterkünften mit einem Vielbettzimmer, wo es auch noch andere Gäste gegeben hatte. Und Elirou war wirklich hübsch. Die Aussicht auf die vielen natürlichen Betätigungen war für ihn gleichzeitig einschüchternd und aufregend.
Da ihm Elirou heute nicht die Zeit vertrieb, wurde der Tag ihm unerträglich lang. Die Tempelschwester wechselte seine Verbände. Er sollte Übungen mit seinen Armen machen und machte sie, obwohl es schmerzte. Von Erenis weiterhin keine Spur. Stenrei schlief tagsüber, vielleicht, um sich schon auf die Gepflogenheiten bei Elirou einzustellen.
Elirou und Erenis. So ähnlich sich die Namen waren, so vollkommen unterschiedlich waren diese beiden Frauen.
In der Nacht fand er kaum Schlaf. Der Verwundete mit den Rippen in der Lunge stöhnte und röchelte. Die Tempelschwester sagte, es sei möglich, dass er stürbe, und diese Aussicht machte Stenrei Angst. Er wollte nicht im selben Raum mit einem Sterbenden sein. Was eigenartig war, weil er nicht nur selbst schon getötet, sondern auch Erenis schon so oft beim Töten zugeschaut hatte. Aber das war etwas anderes gewesen. Das waren Kämpfe. Kein klägliches Verrecken nach einer – je mehr Stenrei darüber nachgedacht hatte, desto klarer war ihm geworden, dass es keine andere angemessene Bezeichnung für die Runde des Volkes gab – Massenprügelei.
Er fragte sich, warum der Sterbende keine Angehörigen hatte, die ihn besuchten. Er musste wohl ebenfalls ein Ortsfremder sein, der gehofft hatte, bei den Festspielen sein Glück zu machen.
Es dämmerte zum Morgen, und Stenrei beobachtete das Wandern des Lichts im Raum so, wie man ein sehr langsames Tier betrachtet.
Endlich erschien Elirou. Die Tempelschwester und ein männlicher Offizieller halfen Stenrei auf und beobachteten mit strengen Blicken, ob er sich aufrecht halten konnte, ob ihm wieder schwindelig oder schlecht wurde. Er fühlte sich entkräftet, als hätte er nicht mehrere Tage gelegen, sondern wäre die ganze Zeit über gerannt, aber er konnte stehen und gehen. Die Tempelschwester und der Offizielle waren zufrieden mit ihm.
Stenrei ließ Elirou der Tempelschwester ihre Straße und Raumnummer mitteilen, damit die Tempelschwester Erenis weiterleiten konnte, falls diese sich nach Stenrei erkundigen kam. Die Tempelschwester versprach, das gewissenhaft zu tun. Dann verabschiedete sich Stenrei herzlich von ihr. Der Sterbende lebte noch. Stenrei ging auch zu ihm hin und wünschte ihm gute Genesung. Der Mann war schon älter und stöhnte etwas, das vielleicht ein »Danke schön«, vielleicht aber auch ein »Lass mich in Ruhe« war.
Dann ging Stenrei, ein wenig auf Elirou gestützt, sein Schwert auslösen. Elirou war ganz andächtig dabei, wollte die Klinge berühren und fand es ganz fabelhaft, dass Stenrei so etwas Wehrhaftes und Männliches überhaupt besaß.
»Und dabei seht Ihr noch so jung aus«, sagte sie augenzwinkernd.
»Ihr doch auch«, griff er ihre höfliche Anrede auf, und beide lachten. Seitdem er Erenis kannte, begriff Stenrei nicht mehr, was Schwerter mit Männlich keit zu tun haben sollten, und dennoch freute ihn das Kompliment. Er mochte es, nicht für einen Jungen gehalten zu
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