Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Klingenfieber: Roman (German Edition)

Klingenfieber: Roman (German Edition)

Titel: Klingenfieber: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
Vom Netzwerk:
eingeliefert.«
    Stenrei fluchte innerlich. Was für eine Blamage! Yunia musste bereits auf der Verwundetentrage wieder zu sich gekommen sein und aus eigener Kraft das Oval verlassen haben. Stärker, zäher als er. Trotzig versuchte er sich jetzt doch aufzurichten. Sofort wurde ihm nicht nur schwindelig, sondern sogar so schlecht, dass er sich beinahe übergeben musste.
    Die Tempelschwester bettete ihn sanft nach hinten und redete beruhigend auf ihn ein. Betete auch für ihn. Betete wieder in jenem verklärten, hohen Singsang, mit dem sie schon die Kutschenpassagiere zur Weißglut geköchelt hatte. Stenrei wusste wirklich nicht, ob er das noch weitere zwei Tage aushalten würde. Aber sie meinte es ja gut.
    »Mein Schwert!«, fiel ihm plötzlich ein. »Mein Schwert ist noch im Eingangsbereich!«
    »Alle Waffen sind sicher im Lager untergebracht. Ihr dürft nur Euren Zettel mit der Fachnummer nicht verlieren.«
    Umständlich tastete er danach und atmete auf, als er den Zettel fand. Er fand auch das Schreiben des Grafen Ubert Debrevi, das seine Volljährigkeit bestätigte. Das hatte er nicht abgeben müssen. Immerhin ein kleiner Gewinn, den die Festspiele ihm eingebracht hatten.
    Also fügte er sich in sein Schicksal und wartete. Wartete auf Erenis.
    Doch Erenis erschien nicht. Zumindest nicht an diesem Tag und auch nicht in der Nacht. Wahrscheinlich nahm ihr Treffen mit Hektei ihre gesamte Aufmerksamkeit in Anspruch. Aber morgen, wenn er dann nicht am vereinbarten Treffpunkt auftauchte, würde sie doch wohl auf die Idee kommen, ihn im Verwundetenhaus der Festspiele zu suchen. Oder?
    In der Nacht hielt ihn das Stöhnen zweier Verwundeter wach. Der eine hatte ein Stabende in den Mund bekommen, und ihm waren dabei sechs Zähne herausgebrochen, der andere war übertrampelt worden, und seine Rippen stachen ihm in die Lunge. Erst im Nachhinein fiel Stenrei auf, dass die Runde des Volkes sich gar nicht so sehr von einem Blutspiel unterschied.
    Er erkundigte sich bei einem der herumhuschenden Offiziellen nach den Siegern, doch deren Namen sagten ihm nichts, und eigentlich machte das seine gesamte Teilnahme nur noch peinlicher.
    Gegen Morgen musste er eingeschlafen sein. Wirre Träume suchten ihn heim. Erenis und der Waldmann lächelten um die Wette, versuchten ihn als einen der ihren zu gewinnen und führten ihn dann zu einem Festplatz, an dem man Familien mit Holzstäben so lange im Mund herumrührte, bis sich ihnen sämtliche Zähne lösten.
    Als er erwachte und schon wieder dieses alles weicher machende Licht durch die Fenster flutete, lächelte die Tempelschwester ihn gütig an. »Ihr habt Besuch.«
    Endlich , dachte er. Erenis. Sie kann mich bestimmt hier rausholen.
    Aber es war nicht Erenis.
    Es war aber auch nicht Yunia.
    Es war Elirou. Das üppige Mädchen aus der Kutsche.
    Sofort fühlte er sich befangen. Elirous Käuflichkeit hatte in den letzten Tagen durchaus die eine oder andere Phantasie bei ihm ausgelöst. Allerdings hatte er meistens darüber nachgesonnen, wie reizvoll es wäre, wenn Erenis käuflich wäre.
    »Ich habe Euch gesehen im Oval«, sagte sie mit einem schüchtern wirkenden Lächeln. »Ihr habt Euch ganz schön gut geschlagen, Herr Stenrei.«
    Sie nannte ihn »Herr Stenrei« und redete ihn – wie die Tempelschwester auch – in der Höflichkeitsform an. Immerhin, für die Insassen der Kutsche war er so etwas wie ein Held. Ganz schön gut geschlagen . Man musste schon sehr wohlmeinend sein, um seinen kläglichen Untergang in einen Erfolg umzubiegen.
    Aber irgendwie machte ihr Besuch ihm gute Laune. Sie war jung und hübsch anzuschauen mit ihrem winzigen Kussmündchen, und sie war ganz allein seinetwegen ins Verwundetenlager gekommen. Auch die Tempelschwester sorgte sich bevorzugt um ihn. Er hatte durchaus Erfolg bei den Frauen. Nur Erenis trieb sich wieder irgendwo herum. Oder steckte in Schwierigkeiten.
    Er erkundigte sich, ob es in der Stadt einen Zwischenfall gegeben hätte.
    »O ja, stellt Euch vor: Dieser unangenehme Rittrichter, dem wir unterwegs begegnet sind, ist in einen Kampf mit einer Festspielteilnehmerin verwickelt worden! Es hat mehrere Tote gegeben: Sämtliche Männer des Rittrichters und die Festspielteilnehmerin haben sich gegenseitig erschlagen!«
    Stenrei ächzte. »War Erenis darin verwickelt?«
    »Nicht, dass ich wüsste. Die Tote war jedenfalls bestimmt nicht Frau Erenis, sondern eine glatzköpfige, eher vierschrötige Kriegerin.«
    Hektei. Das konnte nur Hektei gewesen sein.

Weitere Kostenlose Bücher