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Klingenfieber: Roman (German Edition)

Klingenfieber: Roman (German Edition)

Titel: Klingenfieber: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
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er schon kannte, waren dabei, der Bote aus Kuntelt nicht mehr. Die übrigen sechs waren ebenfalls keine Kuntelter, sie sahen nach Bütteln aus, aber noch härter, höhergestellt, städtisch. Inspizienten . Aus einer der Niederstädte, vielleicht sogar aus der Hochstadt. Und an ihrer Spitze ritt ein totenbleicher, langhaariger Mann, der nochmals höherrangig aussah. Ein Kommandant? Offizier? Nein, nicht von der Armee. Eher von der Gerichtsbarkeit des Hochadels. Ein Richter womöglich. Llender Dinklepp hätte das alles gewusst und Stenrei die Ränge und Zugeordnetheiten erklären können. Doch Dinklepp starb in Bosel langsam und sinnlos vor sich hin.
    Die Reiter donnerten vorüber und bemerkten Stenrei gar nicht. Sie schienen so sehr auf ein vor ihnen liegendes Ziel konzentriert, dass kein einziger von ihnen nach links oder rechts Ausschau hielt.
    Aber auch, als sie nur noch Staubwolke und verebbendes Vibrieren waren, schlug Stenrei noch das Herz bis zum Hals. Jetzt nicht mehr nur seinetwegen. Neun gut gerüstete Mann waren hinter Erenis her und würden sie in diesem Tempo schon bald eingeholt haben!
    Hieß das, dass sie zu Ende war, seine Geschichte mit der Klingentänzerin, noch bevor Erenis auch nur hatte mitbekommen können, dass er nun ebenfalls ein Schwertträger war? Das durfte nicht sein!
    Er suchte sein Schwert, schob es wieder in den Gurt und begann zu rennen, den Reitern hinterher.
    Er war ein recht geübter Läufer, hatte sich das beigebracht, in den Wäldern und vor allem auf dem Weg dorthin und von den Wäldern nach Bosel zurück. Da sein Vater es nämlich nicht gerne gesehen hatte, dass sein einziger Sohn sich in den seiner Meinung nach viel zu gefährlichen Wäldern herumtrieb, hatte er die Stunden, die er ihm vom Arbeiten und Zuhauseseinmüssen freigab, immer so knapp bemessen, dass die Wälder eigentlich in dieser Zeit nicht erreichbar waren. Es sei denn, Stenrei konnte auf einem Karren mitfahren – was nur selten klappte, weil sehr selten Karren Richtung Wälder fuhren –, oder Stenrei rannte. Und so hatte sich Stenrei das Rennen beigebracht, erst nur das schnelle, dann, mit der Zeit, auch das ausdauernde.
    Jetzt aber behinderte ihn das Schwert.
    Es dengelte beim Rennen unvorteilhaft an seiner Seite herum. Er versuchte verschiedene Laufschrittweisen, bis er beinahe Seitenstechen bekam. Schließlich nahm er das Schwert in die rechte Hand und lief so wie ein richtiger Krieger, die Waffe kampfbereit in der Faust. Das fühlte sich vom Rennen her sehr eigenartig und falsch ausbalanciert an, aber in mehr als nur einer anderen Hinsicht hatte dieses Gefühl geradezu etwas Berauschendes.
    Er wünschte, die Boseler könnten ihn so sehen. Die gleichaltrigen Mädchen. Auch wenn keins von ihnen auch nur annähernd hübsch zu nennen war.
    Er wünschte, die Büttel würden ihn nicht so sehen.
    Er musste jetzt wirklich aufpassen.
    Nach anderthalb Stunden etwa – Stenrei hatte mehrmals unterdessen das Laufen mit einem raschen Gehen tauschen müssen, weil das Schwerttragen ihn deutlich mehr ermüdete, als er das vom Rennen gewohnt war – schälten sich vor ihm die Umrisse Lichelns aus dem mittäglichen Wärmedunst. Schon vorher hatte er ein Orts- oder Hinweisschild passiert: Heimat der Blumen stand da im Holz, umwölkt von geschnitzten Blütenornamenten.
    Er machte es wieder so wie in Hoster. Er umging den Ort ein Stück weit, um ihn nicht über die Hauptstraße, sondern von der Seite her zu betreten.
    Aufgrund dieser Vorgehensweise passierte er erst mehrere geradezu überfordernd bunte Blumenfelder und sah dann die neun Pferde der Büttel und Inspizienten wieder. Sie standen dicht beieinander, von einem Mann bewacht, außerhalb des Dorfes. In der Nähe einer abseits stehenden Hütte. Und um diese Hütte herum verteilt lauerten die Büttel und Inspizienten, kauerten hinter mannigfaltigen Deckungen, wie einen Beschuss erwartend, obwohl Erenis überhaupt keinen Bogen besaß.
    Der bleiche Langhaarige war der einzige, der aufrecht stand. Sein fast bodenlanger schwarzer Umhang umwehte ihn wie ein anschmiegsamer Tanz. Er sagte oder rief etwas. Stenrei war noch zu weit entfernt, um es verstehen zu können. Also pirschte er sich näher heran, geduckt im Sichtschutz einiger langstieliger Dahlien.
    Er überlegte, ob er das Schwert in einer Beetfurche verstecken sollte. Das Schwert war momentan sein größter Feind. Ohne es konnte er einfach nur ein neugieriger Stadtjunge sein, der sich nicht entgehen lassen wollte, was

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