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Klingenfieber: Roman (German Edition)

Klingenfieber: Roman (German Edition)

Titel: Klingenfieber: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
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man ihr auf den Fersen war. Die Büttel und Inspizienten würden sich verzetteln, weil sie zu viel Zeit damit verloren hatten, ihre Pferde einzusammeln, ihre Verwundeten zu versorgen, ihre Toten zu bestatten, womöglich sogar noch einen Rapport zu verfassen, um dann nach Iberen anstatt nach Kanau zu reiten.
    Hinter Eszen führte die nun unsichtbare, nur noch anhand von Augenzeugen nachverfolgbare Spur nach Pandrent. Und schon dort hatte Erenis wieder gekämpft und gewonnen. Pandrent trauerte um einen kräftigen, schönen und heldenhaften Jüngling.
    Stenrei widerstand der Versuchung, sich den aufgebahrten Leichnam anzuschauen. Jemand sollte das tun, dachte er. Jemand sollte Buch führen über die Schneise, die Erenis durchs Land trieb. Aber nicht er. Das war eine Aufgabe für einen Rittrichter.
    Wie lange tat sie das schon? Wie vielen Dörfern hatte sie ihre Großmäuligsten oder auch Vielversprechendsten genommen?
    Stenrei reicherte Fragen in sich an wie eine Wüstenpflanze, die Feuchtigkeit speichert.
    Als er Pandrent verließ Richtung Zerken, wusste er, dass er nur noch etwa zwei Stunden hinter ihr war. »Ja, so eine ist gerade erst hier langgekommen«, sagte einer, der sorgfältig Kräuter sichelte.
    Also fing er wieder an zu laufen. Nicht richtig zu rennen, so schnell er konnte, sondern zu traben, wie in den Wäldern, ein lässiger, beinahe schlurfig aussehender Laufschritt. Das Schwert störte ihn jetzt nicht mehr, außerdem war es nun kein schneidendes Metall, sondern Leder, wie Erenis’ Beine. Das Schwert begann sich wie ein Teil von ihm oder ihr anzufühlen.
    Am Nachmittag sah er sie. Die unverkennbare Silhouette mit der Klinge quer am Rucksack.
    Er überlegte, ob er ihr folgen sollte, aber das war schon zweimal fehlgeschlagen. Er hatte keine Lust, ein drittes Mal von ihr überrumpelt und aufs Kreuz gelegt zu werden.
    Also lief er weiter an sie heran. Vierhundert Schritt. Dreihundert. Zweihundert.
    Sie wandte sich um. Blieb stehen. Schüttelte den Kopf. Wartete auf ihn.
    »Junge, du rennst wirklich außergewöhnlich hartnäckig deinem Ende entgegen«, sagte sie, als er, um etwas zu Atem zu kommen, die letzten vierzig Schritte langsam auf sie zumachte. Aber immerhin griff sie nicht zu ihrem Schwert. Das machte ihm Mut.
    »Du könntest dir ruhig langsam meinen Namen merken«, entgegnete er deshalb. »Ich heiße Stenrei.«
    »Das hast du mir schon mehrmals gesagt, es interessiert mich noch immer nicht, und es wird mich auch nie interessieren.«
    »Weil du nicht nachdenkst. Du willst mich immer einfach nur verscheuchen. Aber dir ist gar nicht klar, auf wie vielfältige Art und Weise ich dir nützlich sein könnte.«
    »So? Jagst du etwa Wild für mich, indem du es mit bloßen Händen niederringst?«
    »Nein.«
    »Du erschlägst es mit deinem Schwert.«
    »Nein.«
    »Warte, lass mich nachdenken. Du verdienst Münzen mit deinen Fähigkeiten im Hüttenzerstören und schenkst die mir dann.«
    »Nein.«
    »Auch nicht! Du kennst dich fabelhaft aus in dieser Gegend und kannst mir die Dörfer mit den vielversprechendsten Kämpfern zeigen?«
    »Nein.«
    »Nein? Also langsam gehen mir die Ideen aus. Was glaubst du für mich tun zu können?«
    Stenrei war noch immer etwas außer Atem. »Können wir uns hinsetzen? Hier, ins Feld? Ich will einfach nur kurz in aller Ruhe mit dir reden. Wenn du dann immer noch nicht meiner Meinung bist, ziehe ich meines Weges. Versprochen.«
    »Versprochen?«
    »Versprochen.«
    »Na gut. Ich wollte sowieso gerade eine kurze Rast einlegen.«
    Es war ein Maisfeld, in das sie sich bewegten. Die trockenen Blätter raschelten an ihnen wie Pergamente. Stenrei konnte wieder Erenis’ Duft wahrnehmen. Das wühlte ihn auf. Er war wie süchtig danach. Er hatte das Gefühl, dass er ihn stärker und mutiger machte.
    Erenis trat ein paar Stängel um, schuf eine kleine Lichtung. Sie benutzte nicht ihr Schwert dazu. Auch für den Stützpfeiler hatte sie es nicht verwendet. Blutbahnen . Damit das Blut in Ornamenten läuft . Diese Klinge diente nur dazu, das Fleisch lebender Wesen zu schneiden. Das Fleisch von Männern.
    Stenrei musste den rutschenden Kopf, der ihn wie ein Würgreflex ankam, in sich zurückdrängen.
    Nachdem sie sich hingesetzt hatten, begann er. Er hatte sich seine Rede schon während des Rennens zurechtgelegt, dennoch kam sie ihm jetzt viel zu verworren, langatmig und fadenscheinig vor. »Ich weiß nicht, wie lange du das schon machst. Durch die Dörfer gehen und die Stärksten besiegen.

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