Klingenfieber: Roman (German Edition)
Ich weiß nicht einmal, warum du es machst. Was du dabei gewinnst. Aber eines weiß ich: Sie sind jetzt hinter dir her. Und selbst wenn du diese Gruppe aus Bütteln und Inspizienten restlos niedermachen würdest, sie alle töten mit deinem Klingentanz – sie würden weitere schicken. Und immer weitere. Und mehr. Bis sie dich haben. Und wenn du so weitermachst wie bisher, wird es gar nicht mehr lange dauern. Denn Inspizienten können Eilboten losschicken. Sie können sogar mit Brieftauben oder dressierten Falken arbeiten. Sie werden Garnisonen alarmieren, die vor dir liegen, nicht hinter dir. Und du wirst dich auf einen Marktplatz stellen und deine Herausforderung aussprechen und mitten hineingetappt sein in ihre todsichere Falle. Und du denkst jetzt, dass sie dich nicht schnappen können. Weil du sie alle niedertanzen kannst. Aber du irrst dich. Denn sie werden dich umstellen mit ihren Armbrusten auf einem freien Platz, auf dem du nirgendwo Deckung findest, und sie werden dich aus allen Richtungen gleichzeitig niederschießen wie etwas, das keine Ehre kennt und verdient.«
Er hatte diese letzten Worte mit Bedacht gewählt. Kurz wartete er ihre Reaktion ab, die aus einem Verhärten des Blickes bestand, dann fuhr er fort. »Du kannst nicht mehr einfach so in die Dörfer marschieren. Du brauchst jemanden, der sich vor dir dort umschaut und prüft, ob die Luft rein ist. Und vor allem brauchst du jemanden, der während deines Kampfes ein Auge darauf wirft, ob sich im Hintergrund des Geschehens irgendwo Schützen zusammenrotten. Du brauchst einen zuverlässigen Verbündeten, der für dich spähen und lauschen kann, weitreichender, als du das mit deinen eigenen Augen und Ohren könntest.«
»Nun, dann sollte ich mir vielleicht im nächsten Dorf ein Mädchen anheuern, das das für mich erledigen kann.«
»Nein, nein, nein. Du kannst niemandem vertrauen. Wenn die Inspizienten erst mal eine Belohnung auf dich ausgesetzt haben und überall deine Steckbriefe hängen, wird jeder, den du für Münzen anheuerst, dich eifrig verraten. Du brauchst jemanden, der sich geradezu darum reißt, sich mit dir zu verbünden. Und es gibt nur einen weit und breit, der so verrückt ist, schon einmal eine Belagerung mit dir geteilt zu haben.« Er hatte überlegt, ob er sagen sollte: »… der dir schon einmal aus der Patsche geholfen hat«, aber das würde sie nur wieder gegen ihn aufbringen, weil sie bestreiten würde, seine Hilfe jemals nötig gehabt zu haben. Lieber stellte er sich selbst als einen Narren dar, das stimmte sie versöhnlicher. Und brachte ihn dadurch seinem Ziel näher.
Als hätte sie seine Gedankengänge mitverfolgt, fragte sie ihn jetzt nach seinem Ziel. »Und warum machst du das? Warum schleichst du mir seit vielen Tagen hinterher, als hättest du noch niemals zuvor in deinem Leben eine Frau gesehen?«
Dieser Tiefschlag saß. Weil er sich selbst gegenüber nicht verhehlen konnte, wovon er träumte, wenn er an sie dachte. Aber er ließ sich jetzt nicht mehr aus der Bahn werfen. Es war ihm zu wichtig geworden. »Ich habe zwei verschiedene Gründe. Der erste ist, dass ich deine Geheimnisse erfahren möchte. Ich möchte wissen, warum du das tust, wie lange du es schon tust, was du dabei alles erlebt und erfahren hast, deine Herkunft, was dich ausmacht, eigentlich alles. Du bist nicht die einzige Frau, die ich jemals sah, aber bei Weitem die … außergewöhnlichste. Und der zweite Grund ist, dass ich von dir unterrichtet werden möchte. Ich will ein Klingentänzer werden.«
Ihre Augen wurden ganz schmal. »Woher kennst du eigentlich diesen Begriff? Du verwendest ihn jetzt dauernd.«
»In meinem Dorf gab es einen, der in der Welt herumgekommen ist. Der erkannte dein Schwert und erzählte mir das wenige, was er darüber wusste. Es war aber wirklich nicht viel.«
»Was wusste er denn?«
»Nur den Begriff Klingentänzerin . Und Blutstaben . Und dass ein Schwert wie deines sich in der Sammlung eines reichen Mannes befindet, in der Hochstadt.«
»Ach, wirklich? Kannte er den Namen dieses Mannes?«
»Wahrscheinlich. Aber ich habe ihn nicht danach gefragt.«
»Hm. Vielleicht wäre diese Information ein Grund, in dein Dorf zurückzukehren.«
»Was? Machst du Witze? Nach Bosel? Nie wieder!«
Jetzt musste sie lachen. Die Spannung zwischen ihnen beiden löste sich dadurch, wie wenn ein Schwarm am Boden herumgurrender Tauben plötzlich in die Lüfte aufsteigt. »Vielleicht wird es auch nicht nötig sein. Nach der Sammlung
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