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Klingenfieber: Roman (German Edition)

Klingenfieber: Roman (German Edition)

Titel: Klingenfieber: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
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die paar Kenner unter den Zuschauern ungemein dramatischen Stunden Tribut zollen. Erenis gelangte in seinen Rücken und traf ihn hart von halb hinten. Stenrei wollte schon »Halt doch ein!« rufen, da durchbohrte sie den Fallenden mit einem zweiten Schlag endgültig. Wiftin war tot und hatte in keinem Augenblick des Kampfes irgendeine unangenehme Eigenschaft offenbart.
    Stenrei war den ganzen restlichen Tag traurig, aber am nächsten Tag verging auch dies und er konnte sich kaum noch an das Gesicht des Zimmermanns erinnern. Der Mann mit dem abrutschenden Kopf stand ihm immer noch vor Augen, tags wie nachts, aber alle anderen, die Erenis wie Perlen auf eine Kette reihte, bekamen dadurch etwas Austausch- und Verwechselbares.
    In Koewes jedoch änderte sich Erenis’ Leben, und das hatte überhaupt nichts mit ihrem dortigen Kampf zu tun.

Der Kampf von Koewes fand statt gegen einen jungen Mann, der kaum älter aussah als Stenrei, aber schon ein Schwert tragen durfte und bereits Vater zweier kleiner Kinder war. Er focht sehr schnell und schrie dabei wie ein Besessener, aber er hatte gegen Erenis’ ausgefeilte Bewegungsmuster nicht den Hauch einer Chance. Seine beiden Kinder warfen sich auf seinen Leichnam und flennten, während seine kleine und pummelige Ehefrau sich auf Erenis stürzen wollte, um ihr mit bloßen Händen die Augen auszukratzen, aber sie wurde von Anverwandten mit Mühe davon abgehalten. Stattdessen riss sie sich büschelweise die Haare aus und wehklagte schaurig, bis man sie endlich außer Sicht geführt hatte.
    Stenrei bekam mehr und mehr das Gefühl, dass Erenis’ Vorgehen ein Irrweg war, dem auch Frauen und Kinder zum Opfer fielen, und er nahm sich vor, das bei Gelegenheit anzusprechen.
    Aber er kam gar nicht dazu.
    Denn Erenis erblickte, während sie zu ihrem Münzsäckchen zurückging, um es aufzuheben, in der Menge ein Gesicht, das sie längst tot wähnte, und erstarrte mitten in der Bewegung.
    »Uleandra?«, fragte sie ungläubig. Dann noch mal: »Uleandra?«
    Stenrei hatte den Namen »Uleandra« noch nie aus Erenis’ Mund gehört und wusste deshalb überhaupt nicht, was in der Klingentänzerin vorging. Aber es war eigenartig, denn zwei Dörfer vorher hatte es noch Gestalten gegeben, die auf so etwas spekuliert hatten, und diesmal vergaß Erenis ihr Münzensäckel tatsächlich! Anstatt es wieder an sich zu nehmen, folgte sie einer sich aus der Menge zurückziehenden Frau und lief ihr mehrmals rufend hinterher, sodass Stenrei sich genötigt sah, in Aktion zu treten. Immerhin war das endlich eine Gelegenheit, sich nützlich zu machen.
    Beim Betreten des Ortes hatten sie wie immer nicht den Eindruck erweckt zusammenzugehören. Stenrei war vorgegangen und hatte die Lage ausgekundschaftet, Erenis war ihm in einigem Abstand gefolgt. Auch während des Kampfes hatte er sich wie stets bedeckt gehalten und keine Zugehörigkeit zur Kämpferin erkennen lassen. Jetzt aber trat er vor und stellte sich breitbeinig und mit ausgestreckten Armen über das Säckchen. Ihm war klar, dass er, sollte er es einfach an sich nehmen, für einen Dieb gehalten würde.
    »Keiner rührt die Münzen an, sie gehören der Klingentänzerin!«, sagte er mit möglichst Ehrfurcht gebietender Stimme, die aber für seinen Geschmack viel zu deutlich flackerte.
    Die Menge knurrte. Ohnehin hätte es wohl niemand gewagt, die Münzen der gefährlichen Fremden einfach an sich zu nehmen, aber der ebenfalls fremde Jüngling, der sich nun aufspielte, kam den Koewesern noch unbefugter vor als sie.
    »Wer bist du denn?«, »Halt du dich doch da raus!« und »Geh von den Sachen runter!«, waren noch die harmlosesten der Äußerungen, die Stenrei aus dem Knurren heraushören konnte.
    Ihm brach Schweiß aus. In was für eine Situation hatte Erenis ihn da gebracht? Wo war sie denn nur hin? Warum ließ sie all ihre Sachen im Stich?
    Er versuchte sich zusammenzureißen. Er musste sich nun unbedingt bewähren. Hatte er nicht schließlich eine dementsprechende Situation in den letzten Tagen herbeigesehnt?
    Er überlegte, sein Schwert zu ziehen, um sich Raum zu verschaffen. Aber das konnte zu leicht nach hinten losgehen. Etliche der Dörfler trugen irgendwelche Gerätschaften mit sich herum, mit denen sie womöglich besser umgehen konnten als er mit diesem Schwert.
    Also versuchte er es noch einmal. Tiefe Stimme. Laut. Die Arme mit bloßen Händen friedlich ausgebreitet. »Ich habe sie schon mehrmals kämpfen sehen. Einmal vergriff sich einer an ihren

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