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Klingenfieber: Roman (German Edition)

Klingenfieber: Roman (German Edition)

Titel: Klingenfieber: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
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nachstellen. Meine einzige Glücklosigkeit besteht darin, dass ich gezwungen bin, mit ungenügend ausgebildeten Männern operieren zu müssen.«
    Die Stimme, die nun zu hören war, war eine der jüngsten im Adelsrat. »Höre ich da unziemlichen Stolz aus Euren Worten heraus, Rittrichter Vardrenken? Versetzt mit einer allzu eitlen Rachsucht womöglich?«
    Vardrenken ballte seine Fäuste in den Handschuhen, dass es knarzte. »Nichts von beidem, Eminenz. Doch es ist nun einmal nicht mehr zu bestreiten, dass die Klingentänzerin inzwischen auch Büttel und Inspizienten erschlagen hat, und beides in nicht geringer Zahl. Wenn wir sie einfach weiterhin nach Gutdünken willfahren lassen, wird der Pöbel bald jeglichen Respekt vor der Gerichtsbarkeit verlieren. Dann wird es nicht mehr als unerhört empfunden werden, die Hüter des Gesetzes anzugreifen und sogar umzubringen. Dann sind Plünderungen und Aufständen Tür und Tor geöffnet. Ihr wisst selbst am besten, wie unruhig das Volk ist in Zeiten, in denen die Wälder sich rühren.«
    »Aber diese Klingentänzerin  – sie ist doch ganz allein und schart niemanden um sich.«
    »Sie schart Tote um sich. Ich selbst war zweimal Zeuge davon. In jedem Ort, durch den sie kommt, tötet sie zwar nur einen einzigen Menschen. Aber in jedem dieser um einen Menschen beraubten Orte setzt sie dadurch einen Keim der Unruhe, der Unzufriedenheit, des Grolls auch über das Ungenügen des Schutzes durch Garnisonen und Gesetze. Täuscht Euch nicht, Eminenzen: Das Vorgehen dieser Frau ist kein persönliches und dadurch vernachlässigbares. Sie attackiert Schritt für Schritt die zugrunde liegende Ordnung unseres Landes. Sie hat uns den Krieg erklärt.«
    »Wohl gesprochen, Rittrichter.«
    Mehrere der Aristokraten bekundeten nun Zustimmung.
    In der Hohen Halle begann der schwebende Staub angesichts der Bewegungen zu zirkulieren.
    Und so wurde es beschlossen: Dem Rittrichter Wenzent Vardrenken wurde das Kommando über dreißig hochstädtische Verfechter übertragen. Die bestausgebildetste Garde, die dem Hochadel außerhalb der inzwischen in die Wälder vorrückenden Armeen zur Verfügung stand.
    »Wenn Ihr mit den Verfechtern nicht weiterkommt, werden wir Euch eine Armee von tausend Mann überstellen müssen«, sagte ein noch recht junges Ratsmitglied beim Hinausgehen zu Vardrenken. Er sagte es natürlich nur im Scherz, aber der Rittrichter konnte nicht im Mindesten darüber lachen.
    In der Nacht vor dem neuerlichen Aufbruch, um die Fährte der Klingentänzerin wieder aufzunehmen, wälzte sich Vardrenken verschwitzt in den kratzigen Laken. Er fand keine Ruhe. Immer wieder sah er sie vor sich. Sie! Wie sie schier aus ihrem engen Hemd platzte und sich bewegte wie ein lüsternes Tier und dabei nach Hochmut roch.
    Er wollte sie brechen. Eigenhändig. Sie lebendig fassen, dass sie sich wand vor Furcht und heimlichem Vergnügen, einen Bezwinger gefunden zu haben. Denn war es nicht das, was sie in allen Dörfern suchte? Einen, der sie endlich niederwarf? Warum sonst gab sie sich nicht die geringste Mühe, ihre Spuren zu verwischen, ließ kaum jemals ein Dorf auf ihrem Weg aus und stachelte ihre Verfolgung durch ihn immer wieder aufs Neue auf? Wenn sie ihn loswerden wollte, brauchte sie sich bloß in die unruhigen Wälder zurückzuziehen, dort würde er sie niemals aufspüren können. Aber sie hatte ihn als Einzigen am Leben gelassen, weil sie in ihm die Hartnäckigkeit und Entschlossenheit erkannte, der sie sich letztendlich unterwerfen wollte.
    Wenn nur seine Mitstreiter nicht immer so stümperhaft gewesen wären!
    Mit den Verfechtern würde das endlich anders werden.
    Er fand keine Ruhe. Sein Träumen war noch aufreibender als das Wachsein.
    Hastig schlüpfte er in Kleidung, Stiefel, Handschuhe und eine Robe, ging eine Weile lang in dem engen Gelass auf und ab und verließ dann eiligen Schrittes den Gastflügel der Adelsratsresidenz.
    Er tauchte in die Gassen der Spelunken und käuflichen Vergnügungen wie ein Stein in einen dunklen Tümpel. Suchte nach einer Frau. Suchte nach einer Frau, die ihr ähnlich sah.
    Er sah viele. Sie lungerten herum oder stolzierten auf und ab. Einige versuchten ihn hinter Gitterwände zu ziehen, andere redeten in einem wie beschwörenden Singsang auf ihn ein. Keine kam ihr gleich.
    Er suchte welche, die tanzen konnten. Sie bogen sich träge im Schein vieler Kerzen oder wackelten würdelos ihr nacktes Gesäß ins Gesicht lachender Gäste. Schweiß glänzte an den Rändern

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