Klingenfieber: Roman (German Edition)
Gelächelt wie ein Wolf, wenn reißt ein Lamm.«
»Was habt ihr dann gemacht?«
»Wir weiter in Berge. Herr Fahus kannte Leute, die immer Eier und Milch brachten zur Schule. Von dort aus wir weiter zur Hochstadt, mit Kutsche. Herr Fahus mit Münzen gerettet aus Feuer. Er sehr ruhig immer, wie gar nicht überrascht über den Brand. Und auch nicht traurig wie wir anderen. Wir zu Herr Gerden, der wohnt in Hochstadt. Danroth Gerden.«
»Und weiter?«
»Ich weiß nicht alles. Ich nur noch blieb wenige Zeit. Ich alt, und ohne Schule ich nichts mehr zu tun. Herr Gerden hat eigene Diener. Herr Fahus mich schickt nach hier, wo ich lange habe gelebt mit meinen Eltern, nach deren Flucht vor Wandernden Feuern.«
Erenis nahm sich nun doch wieder den Becher und trank ihn in einem Zug leer. »Weißt du nicht, was aus den anderen geworden ist?«
»Herr Gerden hat Ladiglea und Hektei gekauft. Von Herr Fahus.«
»Gekauft?«
»Ja. Als Klingentänzerinnen. Herr Gerden gedacht, damit er kann machen viel Münzen. Herr Gerden auch wollte kaufen Neeva, aber Herr Fahus nicht wollte. Er Neeva hat behalten für sich.«
»Er lebt. Sie leben alle noch.« Erenis’ Stimme war beinahe unhörbar. Ihre Hände waren um den Becher gekrampft, weiß wie die einer Toten. Auch ihr Gesicht sah dem des Mannes ähnlich, den sie vor einer halben Stunde umgebracht hatte und der Stenrei und ihr nun vollkommen belanglos vorkam.
Es entstand eine längere Pause. Uleandra stand da wie darauf wartend, die Gefäße nachzufüllen.
Stenrei räusperte sich. »Haben die Mädchen ihre Klingentänzerinnenschwerter aus den Flammen retten können?«, fragte er.
»Sicher. Klingentänzerinnen nie ohne Schwert.«
Stenrei wandte sich an Erenis. »Der Weitgereiste aus meinem Dorf, erinnerst du dich noch? Er hat gesagt, in der Hochstadt gebe es einen Mann, der in seiner Sammlung ein solches Schwert habe. Das kann doch dann eigentlich nur eins von diesen Schwertern sein. Wenn dieser Danroth Gerden Ladiglea und Hektei gekauft hat, dann hat er mit ihnen auch ihre Schwerter gekauft. Also ist Gerden dieser Reiche mit der Sammlung. Aber warum führen die beiden ihre Schwerter nicht mehr wie du deins? Etwas muss ihnen widerfahren sein.«
»Und Gerden könnte wissen, was«, vollendete Erenis nickend. »Vielleicht weiß er auch, wo Ugon Fahus mit Neeva hin ist. Aber es ist Jahre her. Jahre.«
»Willst du denn nach ihnen suchen?«
In ihr arbeitete es. Ihre Stirn war in Bewegung. »Das muss ich«, sagte sie schließlich. »Ich kann meine Schwestern nicht in den Händen dieser … Ungeheuer lassen. Sie hatten nicht so viel Glück wie ich, sie hatten nie die Möglichkeit, sich eigene Gedanken zu machen. Seit damals sind sie ununterbrochen der Herrschaft und den falschen, kranken Lehren von Männern ausgesetzt. Deshalb halten sie ihnen weiterhin die Treue. Und deshalb muss ich ihnen helfen.«
Stenrei nickte. »Das scheint mir in der Tat ein lohnenderes Ziel zu sein, als willkürlich durch die Dörfer zu ziehen und Unschuldige auszumerzen. Bei dem Vorhaben, deinen Schwestern zu helfen, unterstütze ich dich wirklich gerne.«
»Ach, und bei meinen bisherigen Unternehmungen musste ich dich drum bitten?«
Das hatte gesessen. Stenrei, dem seine zwiespältige Haltung schmerzhaft bewusst war, schwieg betroffen. Bei jedem Kampf, bei jedem Tod, den er mitangesehen hatte, hatte er einen Ekel empfunden, der dann jedoch von Erleichterung überlagert wurde. Der Erleichterung, dass Erenis nichts passiert war. Und dass sie mit ihm weiterzog.
Erenis erhob sich. Sie gab sowohl die nicht leer gegessene Schale als auch den leeren Becher an Uleandra zurück. Stenrei stand ebenfalls auf und stellte beide Gefäße – bei ihm beide leer – einfach auf den Schemel. Er wusste gerade gar nicht mehr, ob Erenis ihm eben den Laufpass gegeben hatte oder nicht.
»Bist du gut versorgt hier?«, fragte Erenis die Alte.
»Ja. Ich habe Angehörige. Eine Schwester, ihre Kinder.«
»Ich gebe dir ein paar Münzen.«
»Behalte die Münzen, Mädchen, behalte sie. Du bist dort draußen. Du wirst brauchen alles, was dich wärmen kann.«
Dann gab es einen eigenartigen Moment. Die Alte hob eine Hand und berührte Erenis an der Schläfe, als wolle sie ihr einen Segen sprechen. Daraufhin schloss Erenis die Alte in die Arme und drückte sie fest an sich, und Uleandra erwiderte den Druck. Lange standen sie so da, während Stenrei sich fehl am Platze und überflüssig vorkam.
Beim Voneinanderlösen sagte Uleandra
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