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Klingenfieber: Roman (German Edition)

Klingenfieber: Roman (German Edition)

Titel: Klingenfieber: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
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seinen Mädchen geboten hatte, hatte sich für sie alle letzten Endes als Todesfalle entpuppt.
    Sie verließen Hagten also unverrichteter Dinge.
    Danach gab es abermals drei Dörfer, die etwa gleich weit entfernt waren: Scheurich, Entlengs und Koewes. Erenis setzte sich wieder in den Kopf, alle drei abzuklappern, als müsste sie das Versäumnis von Hagten irgendwem gegenüber gutmachen.
    Stenrei wollte sie fragen, welcher Ungeist sie eigentlich so hetzte, weshalb sie sich nicht einfach mal für eine einzige Woche zufriedengeben konnte mit dem von ihr erzielten Blutzoll, aber er traute sich nicht. Nach seinem vollständigen Versagen in der Nacht des Überfalls durch die Berittenen und die Hunde fühlte er sich so nutzlos, dass er das Gefühl hatte, sich Erenis’ Wertschätzung erst wieder von Grund auf neu verdienen zu müssen. Zusätzlich hatte er daran zu knabbern, dass ihm im Gegensatz zu ihr bewusst war, wie er sich ihre ursprüngliche Wertschätzung damals durch den Trick mit der vor ihr verheimlichten Büttelgarnison ergaunert hatte.
    Im Augenblick war er einfach nur froh, dass sie ihn nicht aus Überdruss davonjagte. Ihm war nicht entgangen, dass das mutige Mädchen in Hagten ihr mehr imponiert hatte als alles, was er bislang geleistet hatte. Also nahm er sich vor, sie zu beeindrucken. Er übte jeden Abend, jeden Morgen und auch auf jeder Rast mit seinem Schwert, aber ohne ihren diesbezüglichen Rat einzuholen. Meistens übte er sogar, indem er diskret aus ihrer Sichtweite ging, so, als würde er etwas Unappetitliches verrichten, und unappetitlich waren seine stümperhaften Versuche wahrscheinlich auch – in den Augen einer Klingentänzerin.
    Ihm war durchaus klar, dass er unter ihrer Anleitung viel schneller besser werden würde.
    Aber erst mal musste er ihr beweisen, dass er ihre Anleitung überhaupt verdiente. Dass er es ernst meinte. Dass er nicht einfach nur ein Junge war, der sich bei Gefahr versteckte, sondern einer, auf dessen Entschlossenheit sie zählen konnte.
    Mit jedem Schwertstreich, den er der Luft, den Gräsern und den Zweigen von Trauerweiden versetzte, schärfte er es auch sich selbst ein. Dass. Man. Auf. Ihn. Zäh. Len. Konn. Te.
    In Scheurich war ihr Kampf so kurz, dass Stenrei nicht nur keinerlei bezeichnenden Momente bemerkte, sondern auch den Kampf selbst beinahe verpasste, nur weil sich am Rand des Platzes drei zwielichtig aussehende Kerle zusammenrotteten, die es womöglich auf Erenis’ aufreizend ausgebreitetes Münzsäckchen abgesehen hatten. Die drei zerstoben allerdings, nachdem das Säckchen wieder von Erenis aufgenommen worden war. Vielleicht hatten sie darauf spekuliert, dass sie es in ihrer Siegesfreude einfach vergessen würde. Doch Erenis freute sich nie. Sie wirkte immer wieder nur wie eine, die eine Pflicht, eine Aufgabe zu erfüllen hatte.
    So einfach ihr Kampf in Scheurich gewesen war, so verbissen wurde ihr Duell in Entlengs. Man wusste einfach nie, was als Nächstes zu erwarten stand. Der Gegner von Entlengs war nämlich ein Meister des Parierens. Bewaffnet mit nichts weiter als einer Eisenstange, die wahrscheinlich normalerweise zum Aufstemmen von irgendetwas benutzt wurde, brachte er Erenis dadurch in Bedrängnis, dass er alle ihre Vorstöße geschickt abwehrte und sie sich ernsthaft Sorgen um ihr Schwert machen musste, denn allzu viele Kontakte mit einer Eisenstange waren für keine Klinge ratsam. Sie schien kein Mittel zu finden gegen diesen Mann. Und wenn sie sich einfach zurückzog, um ihn kommen zu lassen, bewies er Übersicht und verzichtete seinerseits auf einen Angriff.
    Die Schaulustigen buhten, murrten und spotteten, wenn die beiden Kontrahenten sich längere Zeit nur gegenüberstanden und aufmerksam musterten, aber Stenrei konnte nicht umhin, dem Gegner – der Ilehu Wiftin hieß und ein eher unauffällig wirkender Zimmermann war – Respekt zu zollen. Er bedauerte es, dass auch Wiftin über kurz oder lang tot in seinem Blut liegen würde, und wünschte sich, Erenis würde eine Ausnahme machen, wenn ein Mann sich einmal wirklich nicht als großspurig und aggressiv, sondern eher als taktisch klug und verteidigend entpuppte.
    Doch sie kannte keine Ausnahmen. Sie behandelte alle Männer gleich.
    Sie umtanzte Ilehu, bis dieser – das Kämpfen nicht so gewöhnt wie sie – langsamer wurde in seinen Bewegungen. Seine Eisenstange war deutlich schwerer als ihr Schwert, dieser Tatsache musste der Zimmermann nach anderthalb zähen, aber nichtsdestotrotz für

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