Klippen
sah mich mal wie eine Wölfin, mal mit Rehaugen an, zwinkerte mir zu, machte obszöne Gesten. In meinem Zimmer zog sie sich aus, ohne mit dem Tanzen aufzuhören. Dann trat sie auf mich zu, berührte mein Gesicht mit den Fingerspitzen und sagte: »Du hast schöne Augen, du hast schöne Lippen.« Sie zog mein T-Shirt aus, und ihre Küsse waren sehr zärtlich, ein paar Mal biss sie mich auch. Sie nahm mein Glied in den Mund, und wir trieben es im Stehen, mein Bauch berührte ab und zu ihren Rücken, meine Hände umfassten ihre Brüste, ihre Hände waren flach gegen die Wand gedrückt. Danach schliefen wir, und ich glaube, sie ließ meinen Schwanz in all den Stunden nicht los, sie hielt ihn in den Händen wie einen Vogel, manchmal drückte sie ihn leicht, dann wachte ich auf Kaum berührte ich ihren Hintern, kriegte ich wieder einen Steifen, es begann ein feuchter Tanz, ihre Stimme war rau, ich hätte schwören können, dass sie beim Kommen immer sang. Es wurde hell, und ich hatte einen Termin in der Nähe von Les Halles, in einem Café wurde ein Kellner gesucht, ein Afrikaner aus dem Hotel hatte mir am Vorabend davon erzählt, er hatte sein Glück versucht, aber natürlich hatte es nicht geklappt. Der Wirt empfing mich, es war noch früh, wir tranken ein Glas Weißwein, dann noch eins »für unterwegs« und ein drittes, um meine Einstellung zu feiern. Ich kehrte in einem Gewitterregen bis auf die Knochen durchnässt zurück, die Luft war noch genauso drückend und schwül. Im Hotel war es merkwürdig ruhig. Alle Türen standen offen, die Zimmer waren leer oder verwüstet, aufgeschlitzte Matratzen, aus denen eine orangegelbe Masse auf den Boden quoll, auf einen Haufen geworfene Kleidung, zerbrochene Flaschen und Blutflecken. Auch mein Zimmer war auf den Kopf gestellt worden, der gesamte Inhalt meiner Tasche lag auf den Fliesen verstreut, das Bett war zerwühlt, die Matratze umgedreht. Ich spürte jemanden hinter mir und wandte mich um, es war der Typ von der Rezeption, ein schmächtiger, bleicher Bursche, dessen offenes Hemd den Blick auf eine unfassbare Narbensammlung freigab und der in seiner Schublade eine Knarre versteckte. Er hatte sie mir eines Abends gezeigt, es war ein schweres, glänzendes Ding, und lange Zeit hatte ich mir gesagt, dass sie da war, sollte ich sie eines Tages brauchen.
»Die Bullen waren hier. Sie haben alle einkassiert. Nicht einer von denen hatte seine Papiere in Ordnung. Man wird sie mit einem Charterflugzeug zurückschicken.«
»Das ist widerlich«, sagte ich. »Diese Schweine.«
»Das ist überhaupt nicht widerlich, mein Kleiner, so ist das Gesetz, und die Bullen tun nichts anderes, als es anzuwenden. Glauben Sie mir, die machen nur ihren Job und freuen sich auf ein ruhiges Wochenende zu Hause mit ihrer Frau und ihren Kindern. Wie Sie und ich. Diese Leute hatten sowieso kein Recht, hier zu sein.«
»Aber sie hatten das Recht, Ihnen ihre Kohle zu geben, was?«
»Was glauben Sie eigentlich? Wenn ich es nicht gewesen wäre, dann ein anderer. Außerdem war es höchste Zeit, dass sie verschwinden, ich habe nämlich seit zehn Tagen kein Geld mehr gesehen.«
Ich bat ihn, mich allein zu lassen, und er ging seufzend weg. Ich wollte nicht darüber nachdenken, wollte mir das Mädchen nicht in den Händen der Bullen, nicht die Abschiebehaft, die Chartermaschinen und Handschellen vorstellen, ich wollte nicht an die schreckliche Angst, an die Kinder, an die Schläge mit den Gummiknüppeln, an die verdrehten Arme, an das Weinen der Babys denken. Am nächsten Tag waren alle Zimmer wieder belegt, und zwar von Afrikanern, deren Papiere nicht mehr und nicht weniger in Ordnung waren als die ihrer Vorgänger, aber die meisten hatten zumindest genügend Geld, um ein paar Nächte zu bezahlen.
Danach bezog ich ein Mansardenzimmer in der Nähe des Quartier des Ternes. Die lächerliche Miete bezahlte ich bar einem hoch gewachsenen Mann mit Adelstitel, der drei Etagen tiefer wohnte und wie Valery Giscard d’Estaing aussah. Er schaute mich argwöhnisch an und erwartete mich jeden Monat in der Tür des Dienstboteneingangs. Dahinter stellte ich mir eine Flucht riesiger, in dunklen Farben tapezierter Salons vor, in denen mit flaschengrünem oder bordeauxrotem Samt bezogene große Sessel standen und die Wände mit Jagdszenen, Kopien flämischer Gemälde und Originalen weniger bekannter Maler vollgehängt waren. Zu meinem Zimmer gelangte man über eine schmale, schmutzige Stiege, die so gar
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