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Klippen

Klippen

Titel: Klippen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Olivier Adam
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hat.
     
     
     
     
     
     
    Es war Sommer, als ich mit meiner Umhängetasche und ein paar Ersparnissen an der Gare du Nord landete. Ich weiß noch, dass ich aufs Geratewohl durch stickige, überfüllte Straßen ging, von Tausenden schwitzender Leiber angerempelt wurde und an Ständen vorbeikam, auf denen sich Fleischberge, tonnenweise Gemüse und exotische Früchte türmten, aus denen süßer Saft sickerte. Ich erinnere mich an schmuddelige Cafés, in denen Männer Dame spielten, an Boutiquen mit allerlei Krimskrams, an Telefonläden, in denen alle Sprachen dieser Welt gesprochen wurden und Asiaten und Afrikaner vor den Reihen offener Kabinen saßen und darauf warteten, dass sie drankamen und mit Sudan, Senegal, Thailand, Iran oder Marokko verbunden wurden. In den Parallelstraßen versteckten sich Hotels mit bröckelnden, geschwärzten Fassaden. Vor ihnen lungerten Männer herum, die meisten von ihnen Afrikaner, man fragte sich, worauf sie warteten, sie schrien in ihr Handy oder riefen sich quer über die Straße etwas zu und brüllten vor Lachen. Das war Paris, aber es sah nicht wie Paris aus, jedenfalls sagte ich mir das damals, bevor ich begriff, dass Paris keine Ähnlichkeit mit sich selbst hat und dass man es nur so lieben kann, und erst später ging mir auf dass Paris mit überhaupt nichts mehr Ähnlichkeit hat. Eine Museumsstadt, eine Bürostadt, eine Stadt der Luxusboutiquen und Einrichtungshäuser, der unerschwinglichen Restaurants, des fooding, Shopping und clubbing, der betuchten Pärchen, die investieren und sparen, Eigentum und ein Berufsleben haben. Ich nahm ein Zimmer in einem Hotel. Die Wände waren rissig, die Tapete hing in Fetzen oder war von Feuchtigkeit angefressen und löchrig. Die abplatzende Farbe legte fleckige Zementmauern frei. Ganze Familien wohnten dort, schliefen, sahen fern, aßen zu sechst in winzigen Zimmern. Alle Türen standen offen, man unterhielt sich von Zimmer zu Zimmer, überall lief Musik in voller Lautstärke, vermischte und überlagerte sich zu einer seltsamen Kakofonie, Kinder rannten auf den Fluren herum, stürmten, nur mit einer Hose oder Fußballshorts bekleidet, die Treppen hinauf und hinunter. Als ich meine Tasche abstellte, flüchteten die Kakerlaken unter das durchgelegene Bett. Die Zimmereinrichtung bestand darüberhinaus aus einer schlechten Matratze, einem Schrank sowie einem Spiegel über einem angeschlagenen Porzellanwaschbecken. Ein paar Tage später sollte ich als Rezeptionist eines in jeder Hinsicht vergleichbaren Hotels anfangen.
    Ich blieb rund zehn Tage dort, so lange, bis ich eine Arbeit gefunden, ein Konto eröffnet und ein Zimmer gemietet hatte. Ich ging nicht oft aus, die Hitze war erdrückend, und obwohl ich fast nackt schlief schwitzte ich meine Bettlaken durch. Ich döste bis zum Abend, der nur mäßige Abkühlung brachte, klapperte dann das Viertel und die Bars ab und kehrte spät zurück. Nachts herrschte im Hotel noch weniger Ruhe. Die Musik plärrte, und alle schrien, lachten und brüllten durcheinander. Alle paar Minuten klopfte jemand an meine Tür, um mich auf ein Glas einzuladen, ich konnte schwer nein sagen, und schon bald fand ich mich in einem winzigen Zimmer wieder, in dem dicke Mamis Fleischgerichte auf tragbaren Gaskochern köchelten. Mädchen in unglaublich eng anliegenden Jeans quasselten mit schrillen Stimmen ohne Punkt und Komma, ins Haar hatten sie bunte Zöpfe als Verlängerung geflochten. Es wurden Punsch, Whisky aus der Flasche, Bier mit Blick aus dem Fenster getrunken, die Kinder schliefen irgendwann in einer Ecke auf einer Matratze, einer zusammengerollten Jacke oder dem nackten Boden ein. Joints machten im Eiltempo die Runde, die Männer schnalzten mit der Zunge, und einige ließen sich von Zeit zu Zeit zu exaltierten Reden auf Englisch hinreißen, in denen von Liebe, Brüderlichkeit, dem Herrn, Afrika und Frankreich die Rede war. Die anderen nickten nach jedem Satz, klatschten in die Hände oder brüllten Amen. Am vierten Abend warf eins der Mädchen ein Auge auf mich, die junge Frau tanzte, und natürlich merkte ich, dass sie es für mich tat, sie schwang ihren knackigen Po unter meiner Nase und streckte die Hände nach mir aus, ich gab mein Bestes, viel musste ich nicht tun, sie war hoch gewachsen und parfümiert, ihre Haut dunkel und glänzend, sie rieb ihren Hintern an meinem Glied und lachte, als sie meine Erektion bemerkte. Wir verließen das Zimmer, im Flur mit den knisternden Glühbirnen drehte sie sich zu mir um,

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