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Klondike

Titel: Klondike Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James A. Michener
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die Taille geschnürt hatten, nahmen die Indianer gegen Abend ein paar Brocken Dörrfleisch, von dem sie immer einen ganzen Vorrat mitnahmen, wenn sie durch die Tundra marschierten. Sie deuteten an, eine Art Schmorgericht in dem kleinen Metalltopf bereiten zu wollen, den sie dabeitrugen, und führten die beiden Fremden zum Ufer des Sees, aus dem Luton sich noch kurz zuvor wegen der Moskitolarven geweigert hatte zu trinken, tauchten den Topf ein und schöpften reichlich. Fogarty sah, daß es im Wasser immer noch von Larven wimmelte, und machte Zeichen, ob ihre Köche die heftig rudernden Tierchen nicht abschöpfen wollten, doch die Frau schüttelte energisch den Kopf und ließ erkennen, daß die Larven, mit etwas frischen Wildfleischbrocken verkocht, nicht nur wohlschmeckend, sondern auch nahrhaft waren.
    Nach dem Mahl schichteten die Indianer ein stark qualmendes Feuerchen auf und benutzten dazu ein aromatisches Gras, das sie unterwegs gesammelt hatten und das Insekten auf höchst wirkungsvolle Weise fernhielt. Die Männer schliefen gut in jener Nacht, und bevor sie die Augen schlossen, raunte Luton seinem Diener zu: »Sie haben uns das Leben gerettet. Wir müssen sie gut entlohnen.«
    Was dann am nächsten Tag geschah, kam wie ein Schock für Lord Luton, ließ seine eher herablassende Art gegenüber den Han-Indianern wie Schnee an der Sonne schmelzen, von nun an brachte er ihnen seine Hochachtung entgegen. Denn nachdem sie die Männer zu dem Fußweg geführt und ihnen den Paß durch die Berge gezeigt hatten, bestanden sie darauf, daß die Fremden den Weg verließen, was Luton nur widerwillig tat, und sich eine Stelle neben einem klaren See ansahen. Sie fanden dort drei Erdhügel vor, jeder von der Größe eines Grabes, und da, wo sonst der Gedenkstein steht, waren drei kleine Steinhaufen aufgeschichtet.
    »Wer?« fragte Fogarty in Zeichensprache, und so deutlich, daß es nicht mißzuverstehen war. Sie erklärten, daß die Leichen von drei Weißen stammten, so weiß wie er selbst, daß sie sich ebenfalls verirrt hätten und an Moskitostichen, Wahnsinn und Hunger zugrunde gegangen wären. Wahnsinn veranschaulichten sie durch Wirbeln der Zeigefinger neben den Ohren und Schließen der Augen, dann taten sie so, als taumelten sie ihrem Tod entgegen.
    Luton war ungeheuer berührt von der Erzählung: »Verdammt, wir müssen den armen Seelen ein christliches Begräbnis geben.« Zu Fogartys Erstaunen stellte sich Luton barhäuptig vor den Gräbern auf, rezitierte lange Passagen aus dem kirchlichen Gesangbuch und endete mit der Zeile: »Himmlischer Vater, nimm verspätet die Seelen dieser guten Menschen auf, die in ihrer Wildnis Gibeons den Tod fanden.«
    Drei Tage benötigte das Indianerpaar, seine Gäste quer durch das einsame Plateau bis zu den ersten Erhebungen der zerklüfteten Bergkette zu führen. Gesund und heil angekommen, deuteten sie an, daß von hier aus zwei gut markierte Pfade nach Dawson führten, weiter wollten sie die beiden Männer nicht begleiten. Am Abend, als die vier Wanderer ihr letztes bescheidenes Mahl miteinander teilten, richtete Lord Luton in schwungvoller Rede dankbare Worte an seine Erretter, die sie nur leider nicht verstehen konnten: »Geliebte Freunde, Führer und Helfer. Als ich euer Volk das erstemal sah, überwältigt von der Fremdartigkeit Edmontons, da sah ich euch als Wilde. Als ihr uns halfet, die Peel-Mündung zu finden, machte ich mich lustig darüber, daß euch ein harmloses Teleskop verwirrte. Und sogar noch als ich euch als unsere Erretter auf uns zukommen sah, während ich am Ufer des stinkenden Moskitotümpels kniete, wollte ich auf euch schießen, weil ich euch für Tiere hielt. Ich war eitel und blind und überheblich, und ich bitte um eure Vergebung, denn ich verdanke euch mein Leben.«
    Natürlich konnten sie sich auf keins seiner Worte einen Reim machen, doch Fogarty behob dieses Unverständnis, indem er zu erkennen gab, daß er, Luton und die Indianer dasselbe Lager geteilt hätten, dasselbe Essen zu sich genommen hätten. Sie waren ein Stück des Weges gemeinsam marschiert, hatten gegen Moskitos angekämpft, hatten an den Gräbern ein Gebet zusammen gesprochen und hatten das Land des Todes durchquert. Durch diese Gemeinsamkeiten seien sie Brüder geworden, und als Angehörige der großen Menschheitsfamilie würden sie ihr letztes Nachtlager nebeneinander aufschlagen. Bevor sie sich schlafen legten, flüsterte Luton: »Ich habe den Gestank fast liebgewonnen. Erinnert mich an

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