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Klondike

Titel: Klondike Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James A. Michener
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quälende Steigung, einen kaum erkennbaren, von Steinen übersäten Trampelpfad entlang, ohne jähe seitliche Abgründe wie im Hochgebirge, aber für die beiden Kletterer mit ihrer geschwächten Körperkonstitution doch eine furchtbare Strapaze. Luton spürte, wie das schwere Gewicht der Fleischkonserven nach hinten zog, aber seltsamerweise spornte die zusätzliche Bürde ihn noch an, denn immer wenn er die vertraute Last fühlte, war er beruhigt: »Verhungern werden wir in den Bergen jedenfalls nicht.«
    Als dann jedoch der Weg steiler und steiler wurde, beobachtete Fogarty, mit seinem eigenen Gepäck hinter seinem Herrn hertrottend, wie Lutons Schritte anfingen zu taumeln und sich sein Tempo verlangsamte; manchmal sah es gar so aus, als ob er Gefahr liefe, vornüber auf die Knie zu fallen, so erdrückend war die Last. In solchen Momenten übernahm der Ire durch ein geschicktes Manöver die Führung und hielt nach einem Rastplatz Ausschau. Sobald er einen geeigneten gesichtet hatte, stöhnte er laut auf, als sei er derjenige, der am Ende seiner Kräfte angelangt sei - »Milord! Der da sieht einladend aus« -, und warf sein Gepäck ab, als könnte er unmöglich noch einen Schritt weitergehen.
    Das wiederum versetzte Luton in die Lage, so zu tun, als wollte er sich nach vorne drängen und weitermarschieren und ließe sich nur höchst ungern und nur, um seinem Kameraden einen Gefallen zu tun, breitschlagen, eine Pause zu machen. Nach einem kurzen Halt, den beide dringend nötig hatten, war Luton als erster wieder auf den Beinen, als könne er es kaum erwarten, den Aufstieg fortzusetzen, aber ohne es Luton kaum jemals merken zu lassen, schnallte sich Fogarty dessen schweren Rucksack auf den Rücken, und so nahmen die beiden ihren Gewaltmarsch wieder auf.
    Das Wunder der Arktis stand ihnen dabei hilfreich zur Seite, denn die letzten Frühlingstage zogen sich endlos in die Länge, über zwanzig Stunden, während deren sie klettern konnten. Immer höher drängten sie, unter Mühen und eingetaucht in das fahle, silbrige Dämmerlicht, unterbrachen kurz ihre Wanderung, um auszuruhen oder zu schlafen, und standen wieder auf, als kündige sich wie gewohnt ein neuer Tag an. Indes, am Ende senkte sich doch Nacht über sie, so unwirklich sie auch war, und wieder standen sie vor der Frage, was sie essen sollten.
    »Wir können nicht immer so weiterklettern, ohne irgendwann etwas zu beißen zu kriegen«, gab Fogarty am zweiten Abend zu bedenken, wobei er den Rucksack anstarrte, in dem Luton die übrigen Fleischkonserven aufbewahrte. »Das ist Ihr Metier«, entgegnete Luton, »Sie sind hier der Jäger. Also los, gehen Sie schon!« Verzweiflung schimmerte in seinen Augen. Und doch verweigerte er sich standhaft jeglicher Überlegung, ob es nicht vernünftiger sei, eine der Büchsen aufzumachen. »Nein! Nein! Wir müssen noch Fetzen von dem Dörrfleisch haben, das uns die Indianer überlassen haben«, worauf sie in ihren Taschen nach Essensresten kramten und glückselig auf ihnen herumkauten, wenn sie ein paar Bissen gefunden hatten.
    Als sie sich dem Gipfel ihres kräftezehrenden Aufstiegs näherten, gelang es Fogarty, eine von ihrer Herde abgekommene Ziege zu erlegen, ein wirkliches Meisterstück, bedenkt man die Scheu dieser herrlichen Tiere. Immer wenn sie anschließend aus den kleinen Zweigen, die sie trotz der Anstrengung im Laufe des Tages gesammelt hatten, ein Feuer machten und ihnen der Duft des geräucherten Fleisches in die Nase strömte, nutzte Luton die Gelegenheit und sagte großmütig: »Ausgezeichneter Schuß, Fogarty! Noch keinen besseren gesehen.«
    Die Kletterei am Hang war erbarmungslos, doch wie steil der rauhe, durch frühere Goldsucher ausgetretene Trampelpfad auch sein mochte, die beiden trösteten sich mit dem Gedanken, daß der Yukon nicht mehr weit sein konnte, und ließen den Mut nicht sinken. Am Ende eines außergewöhnlich schwierigen Aufstiegs, als Fogarty, der die schwerere Last auf sich genommen hatte, vor Erschöpfung niedersank, das Ziegenfleisch war längst verzehrt, stand er auf, ging unerschrocken zu Lord Lutons Rucksack, riß das Paket mit den Konserven auf, nahm eine heraus, schlug sie mittendurch und reichte Luton die eine Hälfte. Da das Fleisch vor dem Eindosen durch Dampf gut gar gekocht worden war, konnten sie es so essen, aber das Mahl verlief in grimmigem Schweigen, denn Luton fühlte sich schwer gekränkt. Zum Schluß, wohlwissend, daß er schon aus Anstand irgend etwas sagen mußte, damit

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