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Kloster Northanger

Kloster Northanger

Titel: Kloster Northanger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Austen
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Catherine«, rief sie, »Sie müssen sobald wie möglich von sich hören lassen. Solange ich nicht weiß, dass Sie sicher zu Hause sind, werde ich keine ruhige Minute haben. Um
einen
Brief muss ich Sie trotz aller Gefahren, trotz aller Schwierigkeiten bitten. Gönnen Sie mir die Freude zu erfahren, dass Sie wohlbehalten in Fullerton angekommen sind und Ihre Familie gesund vorgefunden haben, und ehe ich Ihnen nicht einen Briefwechsel vorschlagen kann, wie es sich gehört, darf ich nicht mehr erwarten. Richten Sie Ihren Brief an Lord Longtown und, darum muss ich Sie bitten, adressiert an Alice.«
    »Nein, Eleanor, wenn Sie einen Brief von mir nicht empfangen dürfen, dann sollte ich lieber gar nicht erst schreiben. Ich komme bestimmt wohlbehalten nach Hause.«
    Eleanor entgegnete nur: »Ich verstehe Ihre Empfindungen voll und ganz. Ich will nicht weiter in Sie dringen. Ich verlasse mich auf Ihre Güte, wenn wir voneinander getrennt sind.« Diese Worte und der betrübte Blick, der sie begleitete, genügten, Catherines Stolz dahinschmelzen zu lassen, und sie sagte sofort: »Doch, Eleanor, ich schreibe Ihnen.«
    Es gab noch einen weiteren Punkt, den Miss Tilney unbedingt klären wollte, obwohl es ihr peinlich war, davon zu sprechen. Es war ihr eingefallen, dass Catherine nach so langer Abwesenheit von zu Hause womöglich nicht mehr genügend Geld für die Reise hatte, und als sie das Thema berührte und ihr zartfühlend ihre Hilfe anbot, stellte sich heraus, dass sie recht hatte. Catherine hatte bis dahin keinen Gedanken daran verschwendet. Aber als sie in ihr Portemonnaie sah, musste sie feststellen, dass man sie, wenn ihre Freundin nicht gewesen wäre, sogar ohne die Mittel nach Hause zu kommen, aus dem Haus gewiesen hätte. Und da beide sich die dadurch heraufbeschworenen Unannehmlichkeiten lebhaft vorstellen konnten, wurde während der restlichen Zeit ihres Zusammenseins kaum mehr ein Wort gesprochen. Aber viel Zeit blieb ohnehin nicht. Bald wurde die Kutsche gemeldet. Catherine erhob sich sofort, und eine lange und liebevolle Umarmung ersetzte beim Abschied alle Worte. Als sie die Halle betraten, hielt sie, unfähig das Haus zu verlassen, ohne
den
zu erwähnen, dessen Name bisher nicht zwischen ihnen gefallen war, einen Moment inne und bestellte mit zitternden Lippen und kaum hörbar »freundliche Grüße an ihren abwesenden Freund«. Aber bei dieser Anspielung gelang es ihr nicht, sich noch länger zu beherrschen. Sie verbarg ihr Gesicht, so gut es ging, in ihrem Taschentuch, lief durch die Halle, sprang in die Kutsche, und im nächsten Augenblick fuhr sie ab.

Kapitel 29
    Catherine fühlte sich zu elend, um Angst zu haben. Vor der Reise selbst graute ihr nicht, und sie fuhr los, ohne ihre Dauer zu scheuen oder das Alleinsein zu empfinden. In eine Ecke der Kutsche gelehnt, ließ sie ihren Tränen freien Lauf, und die Mauern des Klosters lagen schon einige Meilen hinter ihr, bevor sie den Kopf hob. Die höchste Erhebung im Park war ihrem Blick schon beinahe entschwunden, ehe sie imstande war, sich danach umzusehen. Unglücklicherweise führte ihr Weg über dieselbe Landstraße, auf der sie vor erst zehn Tagen so glücklich nach Woodston und zurückgefahren war. Und vierzehn Meilen lang wurde all ihre Bitterkeit noch durch den Anblick von Dingen verstärkt, die sie zum ersten Mal mit so ganz anderen Eindrücken betrachtet hatte. Mit jeder Meile, die sie Woodston näher brachte, wuchs ihre Qual, und als sie in fünf Meilen Entfernung die Abzweigung passierte, die dorthin führte, und an Henry dachte, so nah und doch so ahnungslos, wurde sie von Schmerz und Erschütterung überwältigt.
    Der Tag, den sie in Woodston verbracht hatte, zählte zu den glücklichsten ihres Lebens. Dort, an eben jenem Tag, hatte der General in Bezug auf Henry und sie solch eindeutige Formulierungen benutzt, hatte sich so unmissverständlich ausgedrückt und verhalten, dass sie zutiefst davon überzeugt gewesen war, er wünschte ihre Heirat tatsächlich. Ja, erst vor zehn Tagen hatte er sie überglücklich gemacht mit seiner betonten Zuvorkommenheit, hatte sie sogar verwirrt durch seine vielsagenden Anspielungen! Und nun – was hatte sie getan oder was hatte sie zu tun versäumt, um einen solchen Umschwung zu verdienen?
    Das einzige Vergehen gegen ihn, das sie sich vorzuwerfen hatte, hatte ihm kaum zu Ohren kommen können. Nur Henry und ihr eigenes Herz kannten den empörenden Verdacht, den sie so grundlos gehegt hatte, und bei beiden glaubte

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