Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Klostergeist

Titel: Klostergeist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silke Porath
Vom Netzwerk:
ihr euch heute Abend in der Möhringer Angerhalle, wenn ›S Bäsle ond dr Onkel Hannes‹ Kabarett vom Feinsten bieten. Karten gibt es noch an der Abendkasse zum Preis von 11 Euro.
    Jetzt geht’s weiter mit einem Hit für alle Ladies, nehmt es als großes Sorry von eurem Tom: Robbie Williams singt für euch ganz allein ›Feel‹.
     
    … Wie viele Tage war es her? Fünf? Sechs? Pius hatte Beichtdienst gehabt, also musste es vergangenen Donnerstag gewesen sein.
    Weil sich an Wochentagen nicht so viele Sünder auf den Berg verirrten wie an Sonntagen, hatte Pius die vier Stunden, in denen er Beichtbereitschaft hatte, wie immer mit dem Gang in die Bibliothek des kleinen Konvents begonnen. Anderthalb oder zwei Stunden lang konnte er in einem Thriller von Stephen King schmökern und sich über die herrlichen Charakterstudien der monströsen Wesen freuen, ehe das Bereitschaftstelefon bimmelte. Mit der Hausanlage war das Telefon an den Klingelknopf gekoppelt, welcher vor dem Beichtstuhl angebracht war. ›Zur Beichte bitte läuten, es kommt sofort jemand‹, hatte Bruder Ortwin mit schwarzem Filzstift auf ein mittlerweile vergilbtes Papier geschrieben und an den Beichtstuhl geheftet.
    Pius seufzte leise – eben war ein Untoter in das Haus einer Familie eingebrochen und Blut und Verderben lagen in der Luft. Doch Stephen King würde warten müssen bis nach der Beichte.
    Mit eiligen Schritten durchmaß Pater Pius den Flur, trat auf den Hof hinaus und eilte zur Kirche, griff in der Sakristei nach seinem Habit und streifte ihn sich hastig über. Dann nahm er seine Bibel, die neben dem Rosenkranz in seinem Fächlein lag, und betrat durch die Seitentür das Kirchenschiff. Die barocke Malerei erfreute ihn auch dieses Mal und die prachtvoll gemalten Engel und die sich förmlich in den Himmel öffnende Kuppel mit den goldenen Verzierungen vertrieben auch den letzten Gedanken an einen mörderischen Thriller aus dem Kopf des Geistlichen. Beinahe lautlos ließ er sich in den Beichtstuhl gleiten, zog die Holztür hinter sich zu und nahm auf der gepolsterten Bank Platz. Als er schließlich den hölzernen Schieber vor ihm zur Seite schob, erkannte er durch die winzigen Löcher den Schemen eines Mannes.
    »Im Namen des Vaters, des Sohnes und des heiligen Geistes«, betete die Stimme auf der anderen Seite. Eine Stimme, die Pius bekannt vorkam, der er aber kein Gesicht zuordnen konnte.
    »Gott, der unser Herz erleuchtet, schenke dir wahre Erkenntnis deiner Sünden und Seiner Barmherzigkeit«, sprach Pius die altvertrauten Worte. Diese Stimme … er hatte sie schon einmal gehört. Aber wo?
    »Amen«, kam es durch das Holzgitter. Pius beugte sich vor, als könne er so durch die winzigen Löcher sehen.
    »Ich bereue, dass ich Böses getan und Gutes unterlassen habe. Erbarme Dich meiner, o Herr«, sprach der Mann. Die Stimme war dunkel, mit ganz schwachem schwäbischem Akzent. Für einen winzigen Augenblick meinte Pius, einen Faden greifen zu können, eine Spur. Wer war dieser Mann? Dann schalt er sich selbst – es ging ihn nichts an, welches Schäfchen seine Hilfe und die Vergebung des Herrn suchte!
    Pius räusperte sich. »Mein Sohn, erleichtere dein Herz.«
    Hinter der Holzverkleidung raschelte es. Der Beichtstuhl knarzte leise. Pius meinte, der Mann habe sich erhoben, um zu gehen. Doch dann sprach die Stimme: »Ich habe das sechste Gebot missachtet, Pater.«
    Pius sog scharf die Luft ein. Ein Ehebrecher!
    »Ich habe eine fremde Frau begehrt, jawohl, das habe ich.« Die Stimme klang nun fester, fast trotzig. »Und ich weiß nicht, Pater, ob es so falsch war …« Der Mann stockte.
    »Du bist also ein verheirateter Mann, mein Sohn«, sagte Pius und sein Kopf ratterte. Im Geiste ging er die Spaichinger Einwohner durch und siebte Junggesellen und Witwer aus.
    Schweigen auf der anderen Seite.
    »Die Gebote unseres Herrn sind unantastbar. Und wenn du Ehebruch begangen hast, so war dies eine Sünde«, begann Pius. Dann klatschte er mit der flachen Hand auf die Bibel, die er auf dem Schoß hielt. »Mensch, du darfst deine Frau nicht betrügen«, rutschte es dem Pater heraus.
    »Das weiß ich auch, aber es ist halt passiert.« Die Stimme war nun ganz leise geworden. »Ich bin doch auch bloß ein Mann.«
    Pius seufzte. »Und bereust du deine Sünde?«
    »Ich weiß nicht. Ja. Nein. Vielleicht.«
    »Du zögerst? Wenn du nicht bereust, kann ich dich nicht lossprechen.«
    »Ja, ja, ich bereue«, blaffte der Mann.
    »Gut, dann …«, Pius wollte

Weitere Kostenlose Bücher