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Klostergeist

Titel: Klostergeist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silke Porath
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Rascheln. Scharren. Ein Seufzen.
    Pius schob den kleinen Holzladen zur Seite und starrte auf das mit unzähligen winzigen Löchern versehene Trennholz.
    »Im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes«, drang es, kaum hörbar, durch das Holzgitter. Die Stimme einer Frau.
    Pius zögerte einen Moment, ehe er die tausendmal gesprochene Formel aufsagte: »Gott, der unser Herz erleuchtet, schenke dir wahre Erkenntnis deiner Sünden und Seiner Barmherzigkeit.«
    »Amen.«
    Die Stimme war jetzt nur noch ein Hauchen. Pius beugte sich näher an die Trennwand. Er meinte, ein leises Schniefen zu hören. Dann sprach die Frau mit zitternder Stimme weiter.
    »Ich bereue, dass ich Böses getan und Gutes unterlassen habe. Erbarme Dich meiner, o Herr.«
    Während Pius die dem Geistlichen vorgeschriebenen Worte erwiderte, drehten seine Gedanken sich wie wild im Kreis. Wer war diese Frau? Die Stimme kam ihm bekannt vor … »Gott, der barmherzige Vater, hat durch den Tod und die Auferstehung seines Sohnes die Welt mit sich versöhnt und den Heiligen Geist gesandt zur Vergebung der Sünden. Durch den Dienst der Kirche schenke er dir Verzeihung und Frieden. So spreche ich dich los von deinen Sünden im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes.«
    Die Frau schnäuzte sich geräuschvoll. Pius wartete, dass die Beichtende ihr Herz erleichtern möge – doch nichts als Schweigen drang zu ihm, unterbrochen dann und wann von einem Schluchzen oder Schniefen. Heute schienen alle Beichtwilligen zur Fraktion der großen Schweiger zu gehören. Ob es am Wetter lag?
    »Mein Kind, was kann ich für dich tun?«, fragte Pius nach einigen Minuten, die sich für ihn wie einer jener Kaugummis gedehnt hatten, auf denen seine Religionsschüler während des Unterrichts herumkauten.
    Die Frau heulte auf. Dann drangen ein Poltern und ein Rascheln zu Pius. Er hörte, wie die Frau die Tür aufriss. Pius wartete darauf, sich eilig entfernende Schritte zu hören – doch stattdessen wurde er mit einem Mal vom hellen Licht des Gotteshauses geblendet. Die Frau hatte die Tür zu seiner Kabine aufgerissen. Erstaunt starrte Pius in das verheulte Gesicht von Bärbel.
    »So ein Blödsinn mit der Wand da«, kiekste sie.
    Verwundert starrte Pius die Wirtin an.
    »Das kann ich Ihnen auch so sagen, bald wissen es sowieso alle.« Bärbel schlug die Hände vor das Gesicht. Ein Weinkrampf schüttelte ihren ganzen Körper.
    Pius stand auf, legte Bärbel den Arm um die Schulter und führte sie zur nächstgelegenen Kirchenbank. Beinahe zärtlich, doch sehr bestimmt, drückte er sie nieder. Die hübsche Frau klammerte sich an ihm fest, lehnte den Kopf an seine Schulter und ließ den Tränen freien Lauf.
    Pius ließ sie gewähren. Während er spürte, wie Bärbels Tränen seine Kutte durchnässten, betrachtete er die Kuppel der Kapelle. Wie der Petersdom, nur zehnmal kleiner. Wie angenehm es jetzt in Rom wäre, bei Martinus …
    Allmählich hörte das Schluchzen auf. Pius kramte aus seiner Tasche ein Papiertaschentuch und hielt es Bärbel hin. Die schnäuzte sich, wischte sich über die Augen und seufzte. Endlich löste sie sich von ihm und ließ den Blick durch das leere Gotteshaus streifen.
    »Wenn ich die Maria da vorne am Altar sehe, diese glückliche Mutter …«, begann sie und schluckte trocken.
    »Ja, Maria war eine glückliche Mutter, aber auch eine, der Tränen sicher nicht fremd waren«, ermunterte Pius sein Beichtkind. »Sie hat bestimmt große Sorgen mit ihrem Sohn gehabt.«
    »Das hat sie wohl«, sagte Bärbel, deren Stimme nun beinahe tonlos war, als ginge sie das alles nichts mehr an. »Und vielleicht gehört das ja zum Muttersein, das Sich-Sorgen-Machen.«
    ›Aber du bist doch gar keine Mutter‹, wollte Pius rufen, als Bärbel sich mit beiden Händen an den Leib fasste. Der Pater verstand und konnte sich den Ausruf gerade noch verkneifen..
    »Sie brauchen nichts zu sagen«, platzte Bärbel heraus, als sie Pius’ Blick bemerkte. »Ledig, schwanger und dann noch eine Kneipe betreiben, pah!«
    Kopfschüttelnd sah Pius die Wirtin an. Blickte ihr lange und tief in die vom Heulen geschwollenen Augen. So lange, bis Bärbel den Blick senkte.
    »Das habe ich weder gedacht, noch wollte ich das sagen«, entgegnete Pius.
    »Und was dann?«
    »Dass es mutig ist, in unseren Zeiten ein Kind in die Welt zu setzen«, antwortete Pius. »Und dass jedes Kind, wirklich jedes, ein Geschenk Gottes ist.«
    »Ein Geschenk?« Hohn schwang in Bärbels Stimme

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