Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Klostergeist

Titel: Klostergeist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silke Porath
Vom Netzwerk:
führt.«
    »Er wird führen, Pìo, er wird!« Mit diesen Worten beendete Martinus das Telefonat.
     
    Hier ist Tom und Ihr hört Radio Donauwelle, den knackigen Sender für den Landkreis Tuttlingen. Um 20 nach erwarten wir Kommissar Thorben Fischer hier live auf dem Äther. Er hat die neuesten Nachrichten zum Todesfall Manfred Engel. Die Gerüchteküche schwappt bis in unser Studio – manche sprechen von einem Unfall, andere von Suizid und sogar das böse Wort ›Mord‹ war zu hören. Die Hörer von Radio Donauwelle werden wie immer als Erste informiert!
    Ein Hinweis an die Autofahrer: Zwischen Aldingen und Aixheim ist ein Rind entlaufen. Unsere Hörer bremsen auch für Kühe!
    Unser Werbepartner Optik Suttner lädt heute zum kostenlosen Sehtest ein. Dazu gibt’s ein Glas Sekt, ein Brillenetui für jeden Kunden und 40 Prozent Rabatt auf alle Gestelle.
    Wir machen weiter mit einem Musikwunsch von Reinhard aus Hausen. Er wünscht sich für seine Liebste ›Über den Wolken‹ vom guten alten Reinhard, aber nicht ihm, sondern dem Mey. Here we go!
     
    Verena Hälble sog die winterliche Luft tief in ihre Lungen. Sieben Atemzüge brauchte es, bis sie das Odeur von Thorben Fischers Aftershave aus ihrer Nase geblasen hatte.
    »Mann, Fischer, du riechst wie ein ganzer Puff«, schnauzte die Kommissarin ihn an, als sie nebeneinander auf Engels Haus zugingen. »Um ein Haar hätte sich das Autodach von selbst abgehoben.«
    Der Angesprochene grunzte nur. Wahrscheinlich war er in Gedanken noch immer beim Spaziergang mit Anja Sonnlein. Oder er dachte daran, wie demnächst ein Film über ihn, den schönsten Polizisten im Ländle, eine Reportage über SWR flimmern würde.
    »Jetzt komm mal wieder runter von deinem Startrip, hier gibt’s Arbeit«, brummte Verena und drückte auf den Klingelknopf.
    »Eifersüchtig?« Fischer konnte sich eine kleine, spitze Bemerkung nicht verkneifen. Immerhin war er mit der Top-Redakteurin unterwegs gewesen, während Kommissarin Hälble mal wieder das trockene Aktenstudium vorgezogen hatte. Ein wenig mehr Sonne, dachte Fischer, und sie würde sogar hübsch aussehen.
    Ehe Verena etwas entgegnen konnte, schwang die Haustür auf. Das Erste, was Verena sah, waren wallende blonde Dauerwellen, die sich wie ein wattebauschiger Helm um ein stark geschminktes Gesicht wanden.
    »Ja bitte?«, fragte die Blondine wenig freundlich und sichtlich genervt. »Wir geben keine Interviews.«
    »Uns schon«, entgegnete die Kommissarin, zog den Dienstausweis aus der Tasche und hielt ihn der mit einem mächtigen Dekolleté ausgestatteten Frau unter die gepuderte Nase.
    »Ach, Polizei.« Mit einer unwilligen Geste bat die Frau die offensichtlich störenden Gäste ins Haus. »Sie müssen entschuldigen, aber die Belagerung da draußen ist ja kaum zum Aushalten.«
    Thorben Fischer nickte besänftigend. »Aber die Kollegen sorgen schon dafür, dass die Journalisten vom Grundstück bleiben«, sagte er.
    Die Blondine brummte und wandte sich um.
    »Frau Engel?« Mit einem Schlag wusste Verena, wen sie vor sich hatte: Evelyne Engel, Gattin des obersten Bankers im Ländle. In Jeans und engem Shirt, noch dazu mit offenem Haar, hatte sie die Frau zunächst nicht erkannt. Evelyne Engel war, wann immer sie an der Seite ihres Gatten auftrat, stets in klassische Kostüme gehüllt und hatte das Haar zu einem strengen Knoten gebunden.
    »Ich helfe Marlies bei den Vorbereitungen für die Beerdigung«, beschied sie nun knapp und ging voraus ins Wohnzimmer. »Darf ich Ihnen etwas anbieten? Kaffee?«, leierte sie mechanisch.
    »Oh, ein Kaffee wäre wunderbar«, säuselte Fischer. Evelyne nickte und bog ab in die Küche. Die beiden Kommissare betraten das Wohnzimmer. Auf der Couch, eingehüllt in eine Wolldecke, saß Marlies Engel. Um sich herum hatte sie einen Berg vollgeschnäuzter und zerknüllter Papiertaschentücher angehäuft. Verena erschrak, als die Witwe den Kopf hob – die rot geweinten Augen lagen in dunklen Höhlen und Frau Engels Haut war so blass, dass sie sich kaum von der Raufasertapete abhob.
    »Wir wollten nicht stören«, entschuldigte sich Verena und schlug in die schlaffe, eiskalte Hand ein, die Marlies Engel ihr reichte.
    »Nein, Sie stören nicht«, flüsterte die Witwe. »Sie tun Ihre Pflicht.« Marlies wischte sich über die Augen und schlug die Decke zurück. »Bitte entschuldigen Sie meinen Aufzug«, murmelte sie.
    Betreten sah Verena zu Boden und bemerkte, dass sich unter ihren groben Schuhen eine Pfütze

Weitere Kostenlose Bücher