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Klueger werden und Demenz vermeiden

Klueger werden und Demenz vermeiden

Titel: Klueger werden und Demenz vermeiden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Mersch
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eindeutig. Dieser Vergleich lässt die Vermutung zu, dass bereits eine leichte Störung des Blutzuckerstoffwechsels das Risiko für Demenz erhöht. Patienten mit schweren klinischen Verläufen eines Diabetes mellitus könnten dagegen bereits vor dem Auftreten einer kognitiven Störung an einer Komplikation der großen Gefäße versterben, zum Beispiel an einem Herzinfarkt oder Schlaganfall.
    Diese epidemiologischen Daten könnten als Kausalzusammenhang zwischen Diabetes und Demenz interpretiert werden. Eine alternative Erklärung ist, dass die beiden Erkrankungen eine gemeinsame Ursache teilen. Hierfür kommen sowohl Umwelt- oder Verhaltensfaktoren als auch genetische Risikofaktoren oder eine Kombination hieraus in Betracht.
    Unter der Überschrift „Energiestoffwechsel und Demenz“ weist Kopf auf die Existenz klarer Indikatoren für die Beteiligung von Energiestoffwechselstörungen bei der Entstehung beziehungsweise Begünstigung von Demenz hin. Insbesondere scheinen Insulin, Insulinrezeptoren und insulinabhängige Glukosetransporter, die vermutlich wesentliche Aufgaben bei der Aufrechterhaltung des Energiestoffwechsels der Neuronen wahrnehmen, in bestimmten Gehirnarealen eine wesentliche Rolle bei der Demenzentstehung zu spielen:
    Molekulare Befunde legen einen sehr engen Zusammenhang zwischen dem intrazellulären Glukose- und Fettstoffwechsel der Neuronen und einer Demenz nahe. Insulinrezeptoren und insulinabhängige Glukosetransporter finden sich in hoher Dichte insbesondere im Hippocampus. Diese Hirnregion ist einerseits für die Einspeicherung episodischer Gedächtnisinhalte verantwortlich, andererseits frühzeitig von der Atrophie bei Morbus Alzheimer betroffen. Durch die Verabreichung von Insulin über die Nasenschleimhaut, wodurch die BlutHirn-Schranke umgangen werden kann, lassen sich Lernvorgänge optimieren.
    Die Funktion dieser Insulinrezeptoren und Glukosetransporter ist noch nicht genau bekannt. Es liegt jedoch nahe, dass sie in engem Zusammenhang mit der Aufrechterhaltung des intrazellulären Energiestoffwechsels von Neuronen steht. Insulin stimuliert auch die Produktion von Amyloid-Precurser-Protein, dem Vorläuferprotein von Beta-Amyloid, dem wesentlichen Bestandteil der Alzheimer-Plaques. Andererseits kann Beta-Amyloid durch das gleiche Enzym abgebaut werden, das auch für den Abbau von Insulin verantwortlich ist.
    Schließlich weist Kopf auf eine Studie hin, der zufolge sich das Risiko für eine spätere Demenzerkrankung bei Übergewicht in den mittleren Lebensjahren signifikant erhöht:
    Übergewicht im mittleren Lebensalter ist ein klarer Risikofaktor für die Entstehung eines Morbus Alzheimer.
    Kopf folgert, dass sich aufgrund der bisherigen Datenlage durchaus die Hypothese aufdrängen könnte, Diabetiker sollten zur Vermeidung weiterer kognitiver Verschlechterungen stoffwechselseitig möglichst genau eingestellt werden. Die bislang einzige ausreichend große Studie dazu konnte die Hypothese jedoch nicht bestätigen. Kopf vermutet, dass das überraschende Ergebnis durch die in der Studiengruppe mit der strengeren Stoffwechseleinstellung häufiger auftretenden Unterzuckerungen (sogenannte iatrogene Hypoglykämien – durch die Behandlung verursachte Unterzuckerungen) zustande kam. Diesbezüglich führt er die gleichen Argumente an, die auch im vorliegenden Text tragend sind: Sympathikusaktivierung; energetische Mangelversorgung von Nervenzellen; hierdurch bedingte Schädigungen von Nervenzellen und in der Folge die weitere kognitive Verschlechterung der betroffenen Person:
    Diese Befunde zugrunde gelegt, ist die Hypothese naheliegend, dass bei Diabetikern eine strenge Stoffwechseleinstellung das Risiko einer kognitiven Verschlechterung reduziert. Bislang gibt es jedoch nur eine Studie, die diese Frage an einer ausreichenden Patientenzahl prospektiv untersucht hat: die ACCORDMIND-Studie. In dieser Studie hat die strengere Blutzuckereinstellung die Gedächtnisleistung nicht verbessert. Dieses überraschende Studienergebnis wurde vielfältig diskutiert. Am wahrscheinlichsten sind häufigere Hypoglykämien in der Studiengruppe mit der strengeren Intervention für diese überraschenden Ergebnisse verantwortlich. Hypoglykämien führen zu einer Sympathikusaktivierung, die bei Patienten mit einer hohen Last makrovaskulärer Komplikationen kardiovaskuläre Ereignisse und Todesfälle begünstigen. Zudem könnten Hypoglykämien direkt zu einer Schädigung von Nervenzellen und dadurch zu kognitiver

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