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Knapp am Herz vorbei

Knapp am Herz vorbei

Titel: Knapp am Herz vorbei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J.R. Moehringer
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treiben diese Radikalen ihr Unwesen und legen Bomben vor Banken und Regierungsgebäuden. Angeblich aus Protest, dabei verletzen sie nur unschuldige Menschen.
    SUTTON:
    Ich stand früher immer um fünf Uhr morgens auf, füllte mir heißen Kaffee in eine Thermoskanne, marschierte zur Bank und fror mir den Arsch ab. Ich machte mir jede Menge Notizen und lernte sie auswendig. Ich plante jedes Ding haargenau, damit niemand verletzt wurde.
    BARKEEPER:
    Als ich 1919 mit einem Granatsplitter in der Hüfte aus Europa zurückkam, fand ich geschlagene zwei Jahre lang keine Arbeit. Ich war so wütend, dass ich schwer an mich halten musste, um nicht irgendwem an die Gurgel zu gehen. Immer wieder fragte ich mich: Was soll das Ganze? Ich hätte mich mit jemandem wie Ihnen einlassen können und hätte es, um ehrlich zu sein, auch fast getan. Aber mit Rabauken, wie sie heute rumlaufen, hätte ich mich nie eingelassen.
    SCHREIBER:
    Mr Sutton?
    SUTTON:
    Ja?
    SCHREIBER:
    Ich lese gerade in dieser Mappe, und da steht, dass Sie und Eddie bei Ihren Banküberfällen Maschinengewehre abgefeuert und Tränengas eingesetzt haben. Und sich dann mit der Polizei eine heiße Verfolgungsjagd durch Midtown geliefert haben. Das klingt gar nicht so gewaltlos.
    BARKEEPER:
    Was ist denn mit dem Kleinen los?
    SUTTON:
    Das wüsste ich auch gern.
    SCHREIBER:
    Aber ich hab doch nur – es steht hier in den Unterlagen.
    SUTTON:
    Hast du nie davon gehört, dass die Zeitungen auch mal Falschberichte bringen?
    BARKEEPER:
    Wo ist der nächste Halt Ihrer Rundreise, Willie?
    SUTTON:
    Ecke Broadway und Hundred Seventy-Eighth.
    KNIPSER:
    Schon wieder Uptown. Direkt beim Stadion. Da kommen wir doch gerade erst her.
    SUTTON:
    Unsere zwei Musterbilder von Geduld und Standhaftigkeit ärgern sich darüber, dass ich sie in chronologischer Reihenfolge durch meine Geschichte führe.
    BARKEEPER:
    Wie soll man eine Geschichte denn sonst erzählen? Was ist dort passiert, Willie?
    SUTTON:
    Dort haben sie den guten Eddie erschossen.
    Der Verkäufer vom Drugstore an der Ecke kommt an Willies Tür und sagt, da sei ein Anruf für Willie. Willie zieht sich warm an, geht zum Drugstore und schlüpft in die Kabine.
    Sutty, hier ist Eddie.
    Was macht die Kunst?
    Ich muss nach New York.
    Und wieso?
    Ich brauche neue Nummernschilder.
    Ein ziemlich weiter Weg für neue Schilder.
    Mir bleibt keine andere Wahl. Ich kann keinen Wohnsitz in Philly vorweisen.
    Mm. Gut. Ruf mich an, wenn du zurück bist, ja?
    Mach ich.
    Sei vorsichtig.
    Bis bald.
    Dezember 1933 . Ein Jahr ist seit Willies Flucht aus Sing Sing vergangen. Er verkriecht sich in seiner Wohnung, trinkt Brandy, spielt Weihnachtsplatten auf einem alten Victor. Willie ist wehmütig. Er denkt an Happy, Wingy, Daddo. Und an Mr Untermyer. Er wüsste gern, ob Cicero von den Heldentaten seines früheren Gärtners gelesen hat.
    Jetzt denkt er an Bess. Er schenkt sich noch einen Brandy ein. Was würde er dafür geben, wenn er Weihnachten mit ihr verbringen könnte. Ach Bess. Meine Herzallerliebste. Die Tür fliegt aus den Angeln. Zehn Cops platzen in die Wohnung. Als Willie von seinem Sessel aufspringt, erwischt ihn ein rechter Haken von einem Detective mit Bürstenhaarschnitt, dann ein Schwinger von einem anderen Detective mit einer Hackfleischfresse.
    In Handschellen kommt Willie auf dem Rücksitz eines Polizeiautos wieder zu sich. Detective Bürste fährt, Detective Hackfleisch sitzt daneben und führt das Gespräch.
    Ohne deinen Freund Plank hätten wir dich wahrscheinlich nie gefunden.
    Plank? Wer ist Plank?
    Eine ganz heiße Nummer. Und der größte Idiot in East New York. Er hat keine Arbeit, aber er fährt einen nagelneuen Cadillac und trägt Hundert-Dollar-Anzüge, so einer ist das. Seinen Nachbarn war das verdächtig, sie haben uns angerufen. Wir haben sein Telefon angezapft. Bingo bango, und jetzt sind wir da.
    Mit solchen Schwachköpfen hab ich in der Regel nichts zu tun.
    Dein Freund Eddie Buster Wilson hat die Weisheit auch nicht gerade mit Löffeln gefressen. Er hat heute früh mit dir und Plank telefoniert und gequatscht, ohne auch nur zu überlegen, ob die Leitung angezapft sein könnte. Dir hat er gesagt, dass er nach New York fährt. Plank hat er gesagt, dass er ihn bei Motor Vehicles treffen will. Zwei und zwei zusammen ergibt: vier. Wir haben ihm ein kleines Empfangskomitee geschickt. Er hätte aufgeben sollen, aber er wollte lieber eine spaßige Verfolgungsjagd mit uns. Wirklich schade um ihn.
    Was ist passiert?
    Halt

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