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Knapp am Herz vorbei

Knapp am Herz vorbei

Titel: Knapp am Herz vorbei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J.R. Moehringer
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die Schultern, schlägt die Haube zu. Er folgt den Cops zum Streifenwagen und steigt hinten ein.
    Wohin fahren wir?
    Seven Eight. Ist nicht weit von hier.
    Willie erklärt ihnen, dass er mit seiner Freundin zum Arzt muss.
    Sie sind in null komma nichts wieder bei Ihrem Auto, sagt Rechter Cop.
    Hatten Sie Ärger mit dem Motor?, fragt Linker Cop.
    Die Batterie ist leer, sagt Willie.
    Wir können Ihnen Starthilfe geben, wenn wir alles geklärt haben, sagt Linker Cop.
    Auf der Wache führen sie ihn durch eine Tür mit Kieselglasscheibe. Ein Verhörraum. Seine alten Narben kitzeln.
    Kaffee, Mr Loring?
    Ja, danke.
    Er setzt sich an den Tisch. Sie nehmen seine Fingerabdrücke. Ist Vorschrift, Mr Loring.
    Verstehe, Freunde. Sie machen nur Ihre Arbeit. Darf ich rauchen?
    Nur zu. Woher kommen Sie, Mr Loring?
    Brooklyn. Geboren und aufgewachsen.
    Sind Sie ein Dodgers-Fan, Mr Loring?
    Och – erinnern Sie mich bloß nicht daran.
    Sie unterhalten sich über Branca. In der Brusttasche seiner Anzugjacke hat Sutton eine . 22 er.
    In welchem Metier arbeiten Sie, Mr Loring.
    Ich bin Schriftsteller.
    Was Sie nicht sagen. Ist bestimmt ein harter Job.
    In der Tat, in der Tat.
    Was schreiben Sie denn so?
    Romane. Erzählungen. Ich verkauf nicht viel, aber meine Leute haben mir ein bisschen Geld hinterlassen, ich komm über die Runden.
    Noch einen Kaffee, Mr Loring?
    Ja. Sie machen ihn ganz schön stark. Ich mach ihn auch immer so.
    Linker Cop geht aus dem Raum, kommt zurück. Rechter Cop geht aus dem Raum, kommt mit einem Detective zurück. Sie erkundigen sich nach dem Auto, der Batterie, dann gehen sie alle. Dann kommen Rechter Cop und Linker Cop zurück und plaudern wieder eine Weile über die Dodgers. Von draußen, ganz am Ende des Flurs, dringt Beifall. Als hätte Thomson noch einen Homerun erzielt. Laute Stimmen, hastige Schritte, die Tür mit dem Kieselglas klirrt und wird aufgestoßen. Herein marschieren drei, fünf, zehn Cops und ein halbes Dutzend Detectives, alle grinsend. Niemand sagt ein Wort. Niemand weiß so recht, wer anfangen soll. Schließlich tritt ein Detective vor und sagt: Hallo.
    Hallo, erwidert Willie.
    Freut mich wirklich, Sie kennenzulernen, Willie the Actor.
    Gelächter.
    Jemand befiehlt Willie aufzustehen. Ein anderer filzt ihn. Als sie die . 22 er entdecken, verstummt das Lachen abrupt. Rechter Cop und Linker Cop wechseln einen Blick, dann schauen sie auf den Fußboden.
    So endet es.
    Und fängt wieder von vorne an.
    Sie verhaften Willie, fotografieren ihn, verhören ihn. Sie fragen ihn, mit wem er zusammenarbeitet, wer ihn versteckt gehalten hat, wo das viele Geld ist. Sie erkundigen sich nach seinen Freunden, Freundinnen und Partnern.
    Er starrt vor sich hin.
    Sie fragen noch einmal.
    Er starrt vor sich hin, raucht.
    Dann tun sie etwas Schockierendes. Sie setzen sich zurück und lächeln. Willies Weigerung zu reden ist Teil seiner Legende, und die Cops genießen es, dass er sich treu bleibt. Sie zollen ihm widerwillig Respekt und fragen, ob er noch einen Kaffee will, bieten ihm einen Donut an.
    Gegen Abend bitten sie ihn höflich aufzustehen, man will ihn nach Queens bringen.
    Warum Queens?, fragt er.
    Wir haben Zeugen, die Sie mit dem Bankraub bei Manufacturers Trust in Queens in Verbindung bringen.
    Kann ich mir nicht vorstellen, sagt er. Das war ich nicht.
    Er plant schon seine Verteidigung und überlegt, welchen guten Anwalt er sich wohl leisten kann. Wenn die Cops ihn so pfleglich behandeln, tut ein Richter es vielleicht auch. Vielleicht lassen sie ihm gegenüber Nachsicht walten. Oder er kann zumindest verhindern, dass man ihn wieder nach Holmesburg schickt.
    Im Flur wimmelt es von Reportern, Fotografen, Gaffern. Am Eingang fordern ihn zwei Cops auf stehen zu bleiben, und der Polizeikommissar packt ihn am Arm und hält eine Ansprache. Wahrscheinlich kandidiert der Kommissar für irgendein Amt. Er lobt die beiden Cops, lobt die gesamte Polizei. Dann, in einem Augenblick, der politisch und persönlich zugleich motiviert sein könnte, ruft er: Wir haben ihn! Wir haben den Babe Ruth der Bankräuber erwischt.
    Blitzlichter leuchten auf – ein Geräusch wie beim Öffnen von kohlensäurehaltigen Getränken. Willie verzieht das Gesicht, nicht wegen der Lichter, sondern wegen des Spitznamens, der morgen auf allen Titelseiten und dem Nachrichtenticker am Times Square prangen wird. Er mag Babe Ruth. Aber hätte ihn der Kommissar nicht mit einem Dodger vergleichen können? Was hätte es ihn gekostet,

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