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Knast oder Kühlfach: Roman (German Edition)

Knast oder Kühlfach: Roman (German Edition)

Titel: Knast oder Kühlfach: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jutta Profijt
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ich?« Und ich könnte antworten: »Heute nicht so richtig in Form, aber immer noch besser als James Bond.«
    Ich seufzte. Gregor war auf dem Weg in die Hölle und er brauchte meine Hilfe. Deshalb drehte ich keine Runde durch die sommerliche Stadt. Ich ging nicht ins Kino, schaute nicht im Puff nach dem Rechten und düste noch nicht einmal zur Notaufnahme, um eventuell eine andere Seele im Augenblick des Todes zu erhaschen und zu einem kleinen Plausch zu überreden – nein, ich begab mich in den Schrank auf dem Speicher, in dem Martin meinen Laptop deponiert hat.
    Mein eigener Laptop war mein Zugang zur Welt. Mit Hilfe des Spracherkennungsprogramms, das Martin auch im Institut zum Diktieren seiner Obduktionsberichte nutzte,konnte ich den Computer steuern. Ich dachte einen Befehl und schon gehorchte der Rechner. Dazu benötigte ich nur ein kabelloses Headset. Die Schnittstelle, durch die das Headset mit dem Laptop verbunden war, war mein geheimes Türchen in das System.
    Natürlich sind lebende Computernerds voll peino. Die hocken zu Hause und chatten über das Wellenmachen, während sie unter dem Tisch Einhandsegeln üben. Bei mir war das anders. Ich hatte keine Schwellkörper mehr, konnte also nicht zipfeln. Ich hatte überhaupt keinen Körper mehr, konnte also auch nicht mehr griffeln, reiben, Zungentango tanzen oder auch nur einer Schnecke ins Öhrchen blasen. Ich hätte also alle Gründe der Welt, meine Nächte vor der Online-Glotze zu verbringen. Tat ich aber nicht.
    Okay, die ersten Monate als stolzer Besitzer eines eigenen Computers hatte ich wirklich viel Zeit in den virtuellen Welten verbracht, hatte den Müll konsumiert, der dort angeboten wird, also Formel-1-Rennen gesehen, blöde Filmchen auf YouTube geglotzt oder scharfen Häschen bei allen möglichen Spielereien zugeguckt. Aber selbst das ist auf Dauer total öde. Im Fratzenbuch hatte ich mich umgeschaut, aber auch da ging nix wirklich Interessantes ab. Es gab keine Gruppe, die den Diebstahl von vierrädrigen Luxusspielzeugen diskutierte. Da hätte ich einiges an Kenntnissen beitragen können, aber ich hatte Verständnis dafür, dass eine Facebook-Gruppe nicht der ideale Ort für diese Art von Expertendiskussionen war. Alles, was dort sonst so verbreitet wurde, war im Grunde ähnlicher Scheiß wie das Nachmittagsprogramm in der Glotze.
    Was mich also an meinem Computer reizte, war bisher hauptsächlich die Möglichkeit, meine Erlebnisse aufzuschreiben. Martin hatte eine Tussi aufgetrieben, die sichfreie Autorin nennt – gibt es denn auch unfreie? – und mittlerweile meine autobiographischen Berichte als ihre Romane ausgibt. Seitdem tourt sie als Promi durch die Welt und verdient die dicke Kohle, während ich in die Röhre gucke. Aber das ist okay, denn ich brauche kein Geld. Und wenn doch, dann habe ich meine eigenen Mittel und Wege, an die nötigen Finanzen zu kommen.
    Ich hatte zwar eigentlich keinen Bock, Gregors Geschichte schon aufzuschreiben, weil ich ja noch gar keinen Schimmer hatte, worauf die ganze Sache hinauslief, aber ich begann damit, mir Notizen zu machen. Schrieb die Ereignisse aus den Tagen vor dem Mord an Sahne auf und überlegte hin und her, welchen Grund der Mord an Gregors Ex haben könnte. Kannte man das Motiv, kannte man den Täter. Meist lief das so ab.
    Ich kam immer wieder darauf zurück, dass das Motiv entweder im privaten Umfeld zu suchen war oder mit einer Story zusammenhing, der Sahne auf der Spur gewesen war. Über ihr Privatleben wusste ich nur, dass die Soko mal einen Freund mit einem absolut unaussprechlichen Namen erwähnt hatte. Da würde ich mich schnellstens schlaumachen müssen.
    Und der Story, an der Susanne dran war, sollten wir ebenfalls folgen. Nur wie? Ihr Laptop war geklaut und das Handy hatte die Kripo Düsseldorf in den Griffeln. Das half mir nicht weiter. Wo ich aktuell nichts anderes zu tun hatte, wäre es aber vielleicht hilfreich, mir noch einmal die letzten Stunden vor Susannes Tod in Erinnerung zu rufen, denn ich hatte sie an dem Freitag, an dem sie ermordet wurde, zumindest kurz gesehen.
    25. Juni, 2 Tage vor Gregors Festnahme
    Im Altenheim beginnen die Tage früher als in einer durchschnittlichen Bäckerei. Keine Ahnung, wieso, denn die Schrumpfköpfe würden nichts verpassen, wenn sie bis elf in der Falle blieben. Aber nein, pünktlich um halb acht beginnt das Frühstück und dann ist der Speisesaal üblicherweise bereits voll. Manche sind so ungeduldig, dass sie wohl am liebsten mit den

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