Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Knast oder Kühlfach: Roman (German Edition)

Knast oder Kühlfach: Roman (German Edition)

Titel: Knast oder Kühlfach: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jutta Profijt
Vom Netzwerk:
so aus, wie ich mich fühlte. Irgendwie getrieben, aber ohne Ziel. Sie knabberte eine Möhre, zupfte an diversen Mobiles im Kinderzimmer herum, machte ein paar gymnastische Übungen gegen die Rückenschmerzen, unter denen sie neuerdings häufig litt, und vermittelte mir eindeutig das Gefühl, dass sie sich selbst nicht ertragen konnte. Und sich langweilte.
    Und dann hatte ich eben doch einen Einfall. Und zwar einen absolut genialen.
    Ich düste in meinen Schrank, warf den Laptop an und erstellte einen kostenlosen E-Mail-Account auf den Namen Geist der Wahrheit . Dann buchte ich von der Kreditkarte eines Anlageberaters, der längst in den Knast gehört hätte, den ich aber nicht verpfiff, damit ich weiter seine Kreditkarte benutzen konnte, einen satten Betrag zu meinen Gunsten auf den Account.
    Das mit den Geldgeschäften ist ziemlich einfach, da ich jederzeit Leute beim Homebanking beobachten kann. Ich lese ihre Kontonummer und PIN vom Bildschirm ab und checke ihre TANs. Am besten sind diejenigen Transaktionscodes, die die Bank auf Papier verschickt. Manche Leute lassen diese Listen offen auf dem Schreibtisch herumliegen. Zum Thema Datensicherheit könnte ich inzwischen etliche Bücher schreiben, aber da wäre ich ja schön blöd. Mir war der lockere Umgang mit sensiblen Daten nur recht, denn auf diese Weise hatte ich Zugriff auf mehrere Konten.
    Trotz Krise gibt es immer noch Leute mit richtig viel Kohle. Die tätigen so häufig Überweisungen für den ganzen Schwachsinn, den sie im Internet bestellen, dass sie Beträge unter tausend Euro auf ihren Bankauszügen gar nicht mehr prüfen. Ich kannte etliche von ihnen und hatte mir inzwischen einen Pool von Idioten angelegt, derenKonten ich regelmäßig nutzte, um einzukaufen oder, wie gerade in diesem Fall, um Geld auf einen E-Mail-Account zu buchen, mit dem ich dann auch kostenpflichtige Dienste des Providers nutzen konnte. Zum Beispiel SMS.
    Ich schrieb also eine SMS an Birgit: Gregor braucht Hilfe. Machst du mit?
    Ich las die Nachricht noch einmal. Überlegte. Wenn ich Birgits Gemütszustand richtig einschätzte, dann hatte sie das Warten aufs Christkind langsam satt und kam um vor Langeweile. Vielleicht ließ sie sich ja von der Aussicht auf eine sinnvolle Beschäftigung locken. Und was wäre sinnvoller, als Gregor aus dem Knast zu holen?
    Martin würde toben. Aber das war mir egal. Ich sagte »senden« und düste in die Wohnung. Birgits Handy gab den Empfang einer SMS bekannt. Es hatte funktioniert!
    Birgit setzte die Kaffeetasse ab, starrte auf ihr Handy und verschluckte sich. Seit wann trank sie eigentlich wieder Kaffee? Offenbar war nicht nur ihre Hirntätigkeit zurückgekehrt, sondern auch der Ungehorsam gegenüber Martins Ernährungsregeln. Es lebe die Revolution!, schrie ich begeistert, aber leider konnte Birgit mich nicht hören. Während sie hustete, Milchkaffee ihr aus dem Mundwinkel und der Nase lief und sie ins Bad raste, um den Rest mit Hochdruck in die Badewanne zu spucken, gratulierte ich mir zu meiner genialen Idee.
    Birgit hatte mit ihrer Kaffeeexplosion die ganze Wand hinter der Wanne vollgesprüht und duschte die braune Brühe mit kaltem Wasser ab. Dann wusch sie sich die letzten Tropfen aus dem Gesicht und watschelte zurück in die Küche. Sie nahm das Handy und starrte ungläubig darauf. Dann antwortete sie.
    Wer bist du?
    Ich gebe die folgende Unterhaltung im Schnelldurchgangwieder, ohne Sie damit zu langweilen, dass ich mich zwischen meinem Schrank und der Küche hin und her schaltete, um hier zu schreiben und dort Birgits Gesichtsausdruck zu sehen:
    Gregors bester Freund.
    Dann müsste ich dich kennen.
    Wir kennen uns.
    Wie heißt du?
    Ich zögerte. Sollte ich ihr meinen echten Namen sagen? Was, wenn sie zu Martin lief und ihn fragte, wer dieser Pascha sei? Er würde nie wieder mit mir sprechen. Andererseits war es sowieso bescheuert, dass er Birgit seinen engsten Freund verheimlichte. Vielleicht hätte diese Sache also noch einen zusätzlichen Nutzen, wenn er ihr endlich reinen Wein über mich einschenken müsste. Also verriet ich ihr meinen Namen.
    Pascha.
    Ich will mit dir sprechen.
    Geht nicht. Nur SMS.
    GNGN
    Häh? Was war das denn? Ich grübelte kurz, kam aber nicht drauf. Natürlich weiß ich, dass es inzwischen Trillionen von blöden Abkürzungen gibt, die sich die Leute simsen, aber es gibt eben coole Kürzel und es gibt Tussenkürzel. Unter Autoknackern werden keine Tussenkürzel verwendet, daher war ich in dieser Sprache ungeübt.

Weitere Kostenlose Bücher