Knast oder Kühlfach: Roman (German Edition)
natürlich, und mir gefiel es ja auch sehr, aber trotzdem fragte ich mich: Für wen hatte sie sich so aufgestrapst?
Meine schlimmsten Befürchtungen wurden noch übertroffen, als Katrin den Weg nach Düsseldorf einschlug. Sie fuhr auf direktem Weg ins Polizeipräsidium und ließ sichvom Pförtner anmelden. Ich hätte nicht zuhören müssen, um zu wissen, wem ihr Besuch galt.
Es dauerte wenige Minuten, bis Stein auftauchte. Er streckte Katrin die Hand entgegen. Sie hielt ihm die Tüte mit Gregors Jacke hin.
»Oh, ich …«
Katrin wurde rot. »’tschuldigung.«
Sie schüttelte seine Hand. »Tja, ich will keine Ermittlung behindern.«
Stein legte den Kopf schief. »Auch wenn Sie Ihren Lebensgefährten damit unter Umständen …«
»Er ist nicht mein Lebensgefährte«, sagte Katrin mit Eiswürfeln in der Stimme.
»Katrin!«, brüllte ich entsetzt.
Stein hob die Augenbrauen.
»Wir hatten uns vor meinem Urlaub gestritten. Sehr gestritten. Ich war froh über den Abstand. Als ich zurückkam, wollte ich es eigentlich noch einmal mit ihm versuchen, aber …«
Mitfühlend legte Stein ihr seine freie Hand auf die Schulter. Sein Daumen lag auf ihrem Schlüsselbein. So ein Schleimfisch! Katrin erschauerte.
»Sie tun das Richtige. Wenn er es war, werde ich es beweisen. Und wenn er es nicht war, dann kann auch diese Jacke ihm nicht schaden.«
Ich hätte kotzen können. Wegen diesem schleimigen Arschloch, das an Katrin herumgriffelte, und wegen Katrin, der treulosen Schlampe. Sie warf sich dem Typen ja geradezu an den Hals. Jedenfalls zuckte sie unter seinem Griffel nicht zurück, sondern legte ihre Hand noch auf seine Tatze und schaute aus halb geschlossenen Augen zu ihm auf.
»Danke«, hauchte sie. »Und danke, dass Sie auf mich gewartet haben.«
Stein schluckte. Ich bin kein Perverser, ging also nicht nachschauen, was in seiner Hose passierte, aber es hätte mich gewundert, wenn sich dort nichts getan hätte.
»In einer aktuellen Ermittlung gilt kein Feierabend, das kennen Sie ja«, sagte Stein.
Katrin nickte.
»Aber irgendwann muss der Mensch auch mal etwas essen. Hätten Sie vielleicht Lust, mir bei einer Pizza Gesellschaft zu leisten?«
Katrin zögerte eine Sekunde, dann nickte sie.
»Bin gleich wieder da.«
Stein raste die Treppe hinauf, brachte Gregors Jeansjacke dem schnöseligen Kollegen, der sie zur kriminaltechnischen Untersuchung weiterleiten würde, schnappte sich seine Schlüssel und holte Katrin in der Eingangshalle ab.
Wenn ich gekonnt hätte, hätte ich ein Gewitter aus Taubenscheiße auf die beiden niedergehen lassen, aber diese hirnlosen Flugratten lagen ja leider auch außerhalb meines Kontrollbereichs. Ich war hilflos. Das Einzige, was ich für Gregor tun konnte, war, bei unserem neuen Traumpärchen zu bleiben und die Ohren offen zu halten.
Stein war Profi genug, das Gespräch nicht auf den aktuellen Fall zu bringen. Stattdessen erzählten die beiden sich Anekdoten aus ihrem ja so aberwitzig interessanten Berufsleben. Als sie sich um halb elf endlich mit Küsschen links, Küsschen rechts trennten, musste ich meine Wut irgendwie abreagieren. Ich flog mitten in ein Umspannwerk und knipste Düsseldorf die Lichter aus. Die sprühenden Funken prickelten und der Erfolg der Aktion befriedigte mich, aber selbst das konnte meine Laune nicht nachhaltig verbessern. Es musste etwas passieren, und zwar etwas, das Gregor half.
Ich düste zu Martin und traf ihn – bei seinen Stadtplänen. In den letzten Monaten hatte seine Lieblingsbeschäftigung angesichts der vielen Dinge, die man für ein Leben zu dritt vorbereiten musste, gelitten, aber nachdem er durch den überstürzten Aufbruch aus dem Hechelkurs einen halben Abend gewonnen hatte, widmete er sich endlich mal wieder seinem super spannenden, außerordentlich fesselnden und faszinierenden Hobby, dem Sammeln von Stadtplänen. Historischen und aktuellen. Sollten Sie Martin je begegnen und ihm eine Freude machen wollen, bringen Sie ihm einen Stadtplan mit. Den von Köln hat er natürlich schon. Genauer gesagt besitzt Martin siebzehn Pläne allein von Köln, angefangen mit einem lappigen Tuch, auf dem Köln noch nicht so heißt und auch nicht so aussieht, aber trotzdem schon Köln ist, zumindest mit einer Großbaustelle namens Dom. Außerdem besitzt er siebenundachtzig weitere aktuelle und ungefähr zweihundert alte Pläne. Martin jedenfalls katalogisierte gerade säuberlich die Straßennamen von irgendeinem Kaff am Niederrhein im siebzehnten
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